Steuerkredit statt Index
Parlament stimmt heute über den Gesetzentwurf zur Umsetzung des Solidaritéitspak ab
Heute stimmt das Parlament über den Gesetzentwurf ab, der einen Teil des Tripartite-Abkommens (Solidaritéitspak) vom 31. März umsetzt. Der Entwurf 8000 umfasst Maßnahmen zur Entlastung der Haushalte, die unter der hohen Preissteigerung leiden. Das Gesetz muss vor Ende Juni in Kraft treten, weil voraussichtlich im Juli eine Index-Tranche fällig wird.
Diese wird gemäß dem Abkommen zwischen der Regierung und den Gewerkschaften CGFP, LCGB und dem Unternehmerverband UEL auf April 2023 verschoben, um die Unternehmen zu entlasten. Um den Kaufkraftverlust der Verbraucher auszugleichen, erhalten diese einen Steuerkredit. Die Kompensierung wird nach der Einkommenshöhe gestaffelt. Kompensiert wird bis zu einem Bruttojahresgehalt von 100 000 Euro. Der Ausgleich für die verschobene Juli-Indextranche belastet die Staatskasse mit 530 Millionen Euro.
Ungerechte Solidarität
Der Steuerkredit wird pro Arbeitnehmer berechnet, berücksichtigt aber nicht die Haushaltszusammensetzung, was die Staatsbeamtenkammer (CHFEP) Mitte Mai als ungerecht bezeichnet hatte. Auch die CSV hatte kritisiert, dass ein identischer Kaufkraftverlust je nach Haushaltszusammensetzung unterschiedlich kompensiert wird. So würde ein Haushalt mit einem Einkommen in Höhe von 6 000 Euro 66 Euro Kompensierung erhalten, ein Haushalt mit zwei Einkommen
von jeweils 3 000 Euro hingegen 168 Euro. Der Forderung, beim Steuerkredit zugunsten von Alleinerziehenden und Haushalten mit nur einem Einkommen nachzubessern, ist die Regierung allerdings nicht nachgekommen.
Für Kopfzerbrechen hatte die Frage gesorgt, was zu tun sei, wenn wegen der hohen Inflation mehr Index-Tranchen fällig werden als ursprünglich angenommen – also mehr als eine pro Jahr. Zunächst hieß es, alle zusätzlichen IndexTranchen sollten am 1. April 2024 ausbezahlt werden. Doch dagegen regte sich Widerstand. Die Unternehmensvertreter wiesen darauf hin, dass das Auszahlen mehrerer Index-Tranchen gleichzeitig vielen Betrieben das Genick brechen würde. Und die CSV hatte der Regierung vorgeworfen, den Schwarzen Peter der nächsten Regierung zuschieben zu wollen und von politischem Opportunismus gesprochen. Daraufhin hat die Regierung den Text überarbeitet. Das Gesetz sieht – wie im Abkommen vereinbart – eine Verschiebung der JuliIndex-Tranche auf den 1. April 2023 vor. „Sollten vor dem 1. Dezember 2023 weitere Index-Tranchen fällig werden, wird die Regierung die Sozialpartner zu einer neuen Tripartite zusammenrufen, um über die Modalitäten der Verschiebung und Kompensierung neu zu verhandeln“, sagte Berichterstatter und DP-Fraktionschef Gilles Baum auf Nachfrage. Jetzt ein Gesetz mit einer Laufzeit bis 2024 zu beschließen, sei angesichts der Unvorhersehbarkeit der Ereignisse nicht angebracht.
Der Gesetzestext sieht des Weiteren eine Erhöhung der Studienbeihilfen für 2022/23 um zehn Millionen Euro sowie ein Einfrieren der Mieten bis Ende 2022 vor.
Zweifel bei der CGFP
Knapp einen Monat nach der Unterzeichnung des Abkommens kamen neue Prognosen des Statec zur wirtschaftlichen Entwicklung, die eine höhere Inflation voraussagten als noch im März. Nicht zuletzt die CGFP äußerte danach leichte Zweifel am Abkommen und befürchtete eine Aneinanderreihung mehrerer Index-Verschiebungen. Die Staatsbeamten machten klar, dass sie eine vollständige Streichung einer oder mehrerer Tranchen nicht dulden werden.
Der OGBL, der das Abkommen nicht unterzeichnet hat, bezeichnete das Verschieben von IndexTranchen als „inakzeptabel“. Die
Gewerkschaft sprach von IndexKlau gegenüber den Beschäftigten und großzügigen Geschenken an die Unternehmen, von denen einige, aber längst nicht alle auf diese Geschenke angewiesen seien. Der Unabhängige Gewerkschaftsbund hatte eine selektive Unterstützungspolitik für tatsächlich bedürftige Betriebe gefordert sowie steuerliche Maßnahmen, um die Kaufkraft der Beschäftigten zu stärken, darunter auch die Anpassung der Steuertabelle an die Inflation. Auch die Arbeitnehmerkammer (CSL) hatte sich im Mai mehrheitlich, aber ohne Unterstützung des LCGB, gegen das Gesetzprojekt ausgesprochen.
Unterstützung für den OGBL
Anfang Juni hat der OGBL die Regierung aufgefordert, den Gesetzestext zurückzuziehen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und mit den Sozialpartnern über alternative Maßnahmen zu verhandeln. Die Gewerkschaft hat sich mit den im Parlament vertretenen Fraktionen getroffen und zwei Parteien auf ihrer Seite: Déi Lénk und die Piraten. Beide Parteien lehnen jede Manipulation am Index ab und werden gegen den Text stimmen. „Wir sind der Meinung, dass der Index-Mechanismus normal beibehalten, also von den Unternehmen gezahlt werden sollte, und Betriebe, die unter der Krise leiden, vom Staat unterstützt werden sollten“, sagte Marc Goergen von den Piraten. Große Unternehmen wie Arcelor oder Amazon bräuchten keine Hilfe. Die mit dem OGBL blutsverwandten Linken werden im Parlament ebenfalls die Position der Gewerkschaft verteidigen.
Die CSV hatte sich während der Debatte im Parlament am 31. März prinzipiell für das Abkommen ausgesprochen. Allerdings hatte sie darauf hingewiesen, keine Katze im Sack kaufen zu wollen und die Schaffung einer Spezialkommission gefordert, die sich mit den Gesetzen zur Umsetzung des Solidaritéitspak befasst und ein Auge darauf hat. Dieser Ausschuss wurde daraufhin eingesetzt. Laut Co-Fraktionschef Gilles Roth wird die CSV für das Gesetz stimmen. Der ADR wäre lieber gewesen, wenn der Index-Mechanismus normal beibehalten worden wäre. Obwohl die Haushalte kompensiert werden, werde die ADR gegen das Gesetz stimmen, sagte Fernand Kartheiser (ADR) gestern auf Nachfrage.
OGBL protestiert vor der Chamber Das Abkommen belastet die Beziehung zwischen der LSAP und dem OGBL, die sich seit jeher sehr nahe stehen, schwer. Der Aufforderung der Gewerkschaft und der beiden langjährigen LSAP-Mitglieder Nando Pasqualoni und Nico Wennmacher, gegen das Abkommen zu stimmen, werden die Sozialisten nicht nachkommen. An ihrer Position wird auch die Resolution der Rentnersektion des Landesverbands (FNCTTFEL) vom 13. Juni mit der Aufforderung an alle Parlamentarier, das Gesetz abzulehnen, nichts ändern. Der OGBL hat seine Delegierten dazu aufgerufen, heute ab 13 Uhr vor dem Parlament gegen das Gesetz zu protestieren.
Sollten vor dem 1. Dezember 2023 weitere IndexTranchen fällig werden, wird die Regierung mit den Sozialpartnern zusammenkommen und neu verhandeln. Gilles Baum, DP-Fraktionschef