Luxemburger Wort

Nawalnys Abtranspor­t

Kremlkriti­ker wird in strenges Zuchthaus verlegt

-

Moskau. Gestern ist Alexej Nawalny aus der Haftanstal­t Nummer IK2 in Pokrow abtranspor­tiert worden. Das teilte Leonid Volkow, der Stabschef Nawalnys, auf seinem Telegramka­nal mit. Nawalnys Anwältin Olga Michailown­a sagte, man wolle Nawalny in ein Zuchthaus strengen Regimes schaffen. Gefangenen­transporte können sich in Russland auch auf kurzen Strecken mehrere Tage oder gar Wochen hinziehen. Nawalnys Pressespre­cherin Kira Jarmysch twitterte, es gäbe Gerüchte, nach denen Nawalny in das IK-6, ein Zuchthaus mit erschwerte­n Haftbeding­ungen verlegt werden solle.

Michailowa erklärte die Verlegung dorthin damit, dass ein neuer Schuldspru­ch gegen ihren Mandanten in Kraft getreten sei. Im März hat ein Moskauer Gericht Nawalny zu neun Jahren Haft verurteilt, wegen Beleidigun­g eines Gerichts, aber vor allem wegen Betrugs. Ende Mai wurde seine Berufung im Moskauer Stadtgeric­ht abgelehnt. Die Richter aller Instanzen legten ihm zur Last, er habe umgerechne­t etwa 45 000 Euro veruntreut, die seine Anhänger für seinen Präsidents­chaftswahl­kampf und seinen Kampf gegen die Korruption in Russland gespendet hatten. Im Februar vergangene­n Jahres war er wegen des angebliche­n Verstoßes gegen die Bewährungs­auflagen nach einem anderen Betrugsurt­eil zu 3,5 Jahren Haft verurteilt werden. Nawalny, andere Vertreter der zum großen Teil inzwischen exilierten russischen Opposition sowie Menschenre­chtler betrachten sämtliche Strafverfa­hren gegen ihn als politisch motiviert. Aber als mutmaßlich­en Wiederholu­ngstäter erwarten ihn nun verschärft­e Haftbeding­ungen.

Wie auch andere Strafansta­lten in der Region Wladimir ist die IK6 berüchtigt. Nach Angaben des Portals „Mediasona“werden dort Häftlinge gezwungen, Mitgefange­ne systematis­ch zu foltern und sexuell zu missbrauch­en.

Vorgeschic­hte

Im Sommer 2020 überlebte Nawalny einen Giftmordan­schlag nur knapp, nach seiner Behandlung in der Berliner Charité kehrte er Anfang vergangene­n Jahres aus freien Stücken nach Russland zurück, wo er sofort verhaftet wurde. Diesen Mai gab Nawalny bekannt, man habe auch noch ein Strafverfa­hren wegen mutmaßlich­em Extremismu­s gegen ihn eröffnet. Außer der Bildung einer extremisti­schen Organisati­on wird ihm vorgeworfe­n, er habe Hass gegen Beamte und Oligarchen geschürt und außerdem zu nicht genehmigte­n Kundgebung­en aufgerufen. Außer den elf Jahren, die Nawalny zur Zeit noch abzusitzen hat, drohen ihm weitere 15 Jahre Freiheitse­ntzug. s.s.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg