„Wir scheuen keine Arbeit“
Warum das Team um den „De Gudde Wëllen“-Chef Luka Heindrichs noch ein Festival stemmt
Er ist einer der Eventveranstalter, der mit seinem Team für die Musik brennt: Luka Heindrichs und „De Gudde Wëllen“sind eine Institution. Mit dem morgen startenden Open Air in Kirchberg läutet das Team nach dem Usina 22, an dem es beteiligt war, den Sommer ein. Und doch gibt es trotz betonter Lockerheit Sorgen.
Luka Heindrichs, da muss der normale Betrieb in der Musikbar laufen, dann noch Usina 22, das gerade zu Ende gegangen ist, und morgen schon das eigene viertägige Festival im Amphitheater Kirchberg. Ist das trotz aller guten Wünsche für den Erfolg nicht zu viel Druck für das Team? Oder spornt der Druck eher an?
Klar ist es viel, aber wir sind keine Stressjunkies. Wir stecken uns gerne hohe Ziele, scheuen dann keine Arbeit und machen das sorgfältig, was eben gemacht werden muss. Der Zeitplan aktuell ist sehr eng. Aber wir können so auch viele Dinge kombinieren. Und der Kirchberg ist lediglich ein kleiner Bruchteil im Vergleich zum Aufwand in Düdelingen.
Apropos Düdelingen: Mit Caribou scheint dem Gudde Wëllen als Teil des Veranstalterteams, die die Bühnen des Usina 22 bespielt haben, ein echter Coup gelungen zu sein. Wie ist Ihre persönliche Bilanz nach diesem Festival, das erstmals so einen Schulterschluss versucht hat?
Mein Fazit ist eigentlich super. Ich hatte zugegeben Befürchtungen. Also mein Anliegen am Usina 22 war, ein Festival zu erschaffen; einen Moment zu erschaffen, bei dem die Leute von Bühne zu Bühne gehen und in einer anderen Welt untertauchen würden. Und ich hatte schon die Sorge, ob sich viele Leute von denen, die auch schon teilweise ziemlich früh Tickets vor allen Dingen wegen des Headliners Kings of Leon gekauft hatten, auch auf andere Künstlerinnen und Künstler einlassen würden; und es tatsächlich ein breit interessiertes Festival-Publikum
Luka Heindrichs steckt unter anderem hinter dem Gudde Wëllen.
werden würde. Das hat aber super geklappt und das war für mich das Allerwichtigste. Das heißt, die Leute sind von Bühne zu Bühne gegangen und generell gab es eine gewisse Dynamik für die großen und kleinen Acts. Es waren richtig viele Leute da und die Bands waren auch super froh. Caribou, besser gesagt ihre Produktionsleitung, haben uns am Tag danach geschrieben, wie gut es für sie war. Also ja, es war schon ein großer Moment. 8 000 Zuschauer – das gab es so schon lange in Luxemburg nicht mehr.
Ein Auftrag quasi zu einer Neuauflage? Laufen schon Gespräche?
Ich kann es wirklich nicht sagen, ob es klappen wird. Also initial wurde das Konzept schon mit Blick auf eine mögliche Zukunft aufgestellt. Und meiner Meinung nach tut es der Szene gut, sich regelmäßig so komplett zusammenzutun – auch wenn schon so Zusammenarbeiten zwischen Einzelnen laufen. So könnte es etwas recht Einmaliges sein und das Festival durchaus gut für alle passen. Es muss natürlich geschaut werden, wie weit man das finanziert bekommt, wenn es nicht im Rahmen einer Kulturhauptstadt läuft. Aber das Publikum ist da – das haben wir bewiesen, wir als Veranstalter haben Bock drauf; auch wenn wir sicher noch die interne Nachlese abwarten müssen.
Von Düdelingen geht es an diesem Wochenende – wenn auch im kleineren Maßstab ins Amphitheater in Kirchberg. Was macht das Festival dort aus und wie reiht es ich in die Szene ein?
Wir haben bestimmt auch dort mit dafür gesorgt, dass der Spot plötzlich auf die Landkarte der Veranstalter kam. Die Logistik ist dort super einfach und leicht abzuwickeln. Für uns als „Gudde Wëllen“ist das auch so etwas wie der Abschied in den Sommer nach der harten Saison, bevor dann ab September die neue wieder losgeht. Inhaltlich sind viele Acts dabei, wie wir sie auch in der Altstadt zeigen. Junge, aufstrebende Acts, die wir uns gerade noch leisten können – und sicher schon bald sehr gefragt sind. Die vier Tage haben eine sehr lockere, entspannte und stressfreie Atmosphäre – dass es gratis ist, liegt dann an einem privaten Sponsoren, dem Fonds Kirchberg und der Hauptstadt, die finanzieren. Aber auch da müssen wir schauen, wie es im nächsten Jahr sein wird. Natürlich ist der Druck von Gratisevents gerade in dieser Zeit im Land ganz generell sehr hoch. So hoch, dass es fast schon schwer wird, Veranstaltungen mit Tickets zu verkaufen. Und das Angebot für das Land generell ist auf dem kleinen Raum einfach unglaublich groß. Die Szene muss dann auch aufpassen, sich nicht selbst zu kannibalisieren. Gerade dann gegenüber denjenigen, die keine Topnamen anbieten können. Und selbst für Qualität im kleineren Maßstab ist es heute nicht mehr einfach.
Die Szene muss aufpassen, sich nicht selbst zu kannibalisieren.
Wieso?
Weil Jugendliche heute anders auf die Festivals zugehen. Das vermute ich zumindest; aber ich bin da sicher kein Experte. Es ist mehr ein Gefühl. Als ich Anfang 20 war, waren Festivals der Ort, an dem man anders sein konnte, andere musikalische Entdeckungen machen konnte. Und Jüngere heute haben entweder wegen Corona kaum Festivalerfahrung sammeln können oder scheinen eher andere Events zu suchen. Wollen sich viele nicht überraschen lassen und Acts sehen, die vielleicht noch am Anfang sind, aber viel zu bieten haben? Ich glaube, der Reiz der kleinen Show, in dem intimere Rahmen und an der ganz direkten Liveerfahrung ist nicht mehr so da. Usina 22 konnte da dann vielleicht so auch einen Beitrag leisten und aufzeigen, wie vielfältig Livemusik aus unterschiedlichen Ecken sein kann. Doch man muss das viel mehr als früher vermitteln.