Luxemburger Wort

„Wir scheuen keine Arbeit“

Warum das Team um den „De Gudde Wëllen“-Chef Luka Heindrichs noch ein Festival stemmt

- Interview: Daniel Conrad

Er ist einer der Eventveran­stalter, der mit seinem Team für die Musik brennt: Luka Heindrichs und „De Gudde Wëllen“sind eine Institutio­n. Mit dem morgen startenden Open Air in Kirchberg läutet das Team nach dem Usina 22, an dem es beteiligt war, den Sommer ein. Und doch gibt es trotz betonter Lockerheit Sorgen.

Luka Heindrichs, da muss der normale Betrieb in der Musikbar laufen, dann noch Usina 22, das gerade zu Ende gegangen ist, und morgen schon das eigene viertägige Festival im Amphitheat­er Kirchberg. Ist das trotz aller guten Wünsche für den Erfolg nicht zu viel Druck für das Team? Oder spornt der Druck eher an?

Klar ist es viel, aber wir sind keine Stressjunk­ies. Wir stecken uns gerne hohe Ziele, scheuen dann keine Arbeit und machen das sorgfältig, was eben gemacht werden muss. Der Zeitplan aktuell ist sehr eng. Aber wir können so auch viele Dinge kombiniere­n. Und der Kirchberg ist lediglich ein kleiner Bruchteil im Vergleich zum Aufwand in Düdelingen.

Apropos Düdelingen: Mit Caribou scheint dem Gudde Wëllen als Teil des Veranstalt­erteams, die die Bühnen des Usina 22 bespielt haben, ein echter Coup gelungen zu sein. Wie ist Ihre persönlich­e Bilanz nach diesem Festival, das erstmals so einen Schultersc­hluss versucht hat?

Mein Fazit ist eigentlich super. Ich hatte zugegeben Befürchtun­gen. Also mein Anliegen am Usina 22 war, ein Festival zu erschaffen; einen Moment zu erschaffen, bei dem die Leute von Bühne zu Bühne gehen und in einer anderen Welt untertauch­en würden. Und ich hatte schon die Sorge, ob sich viele Leute von denen, die auch schon teilweise ziemlich früh Tickets vor allen Dingen wegen des Headliners Kings of Leon gekauft hatten, auch auf andere Künstlerin­nen und Künstler einlassen würden; und es tatsächlic­h ein breit interessie­rtes Festival-Publikum

Luka Heindrichs steckt unter anderem hinter dem Gudde Wëllen.

werden würde. Das hat aber super geklappt und das war für mich das Allerwicht­igste. Das heißt, die Leute sind von Bühne zu Bühne gegangen und generell gab es eine gewisse Dynamik für die großen und kleinen Acts. Es waren richtig viele Leute da und die Bands waren auch super froh. Caribou, besser gesagt ihre Produktion­sleitung, haben uns am Tag danach geschriebe­n, wie gut es für sie war. Also ja, es war schon ein großer Moment. 8 000 Zuschauer – das gab es so schon lange in Luxemburg nicht mehr.

Ein Auftrag quasi zu einer Neuauflage? Laufen schon Gespräche?

Ich kann es wirklich nicht sagen, ob es klappen wird. Also initial wurde das Konzept schon mit Blick auf eine mögliche Zukunft aufgestell­t. Und meiner Meinung nach tut es der Szene gut, sich regelmäßig so komplett zusammenzu­tun – auch wenn schon so Zusammenar­beiten zwischen Einzelnen laufen. So könnte es etwas recht Einmaliges sein und das Festival durchaus gut für alle passen. Es muss natürlich geschaut werden, wie weit man das finanziert bekommt, wenn es nicht im Rahmen einer Kulturhaup­tstadt läuft. Aber das Publikum ist da – das haben wir bewiesen, wir als Veranstalt­er haben Bock drauf; auch wenn wir sicher noch die interne Nachlese abwarten müssen.

Von Düdelingen geht es an diesem Wochenende – wenn auch im kleineren Maßstab ins Amphitheat­er in Kirchberg. Was macht das Festival dort aus und wie reiht es ich in die Szene ein?

Wir haben bestimmt auch dort mit dafür gesorgt, dass der Spot plötzlich auf die Landkarte der Veranstalt­er kam. Die Logistik ist dort super einfach und leicht abzuwickel­n. Für uns als „Gudde Wëllen“ist das auch so etwas wie der Abschied in den Sommer nach der harten Saison, bevor dann ab September die neue wieder losgeht. Inhaltlich sind viele Acts dabei, wie wir sie auch in der Altstadt zeigen. Junge, aufstreben­de Acts, die wir uns gerade noch leisten können – und sicher schon bald sehr gefragt sind. Die vier Tage haben eine sehr lockere, entspannte und stressfrei­e Atmosphäre – dass es gratis ist, liegt dann an einem privaten Sponsoren, dem Fonds Kirchberg und der Hauptstadt, die finanziere­n. Aber auch da müssen wir schauen, wie es im nächsten Jahr sein wird. Natürlich ist der Druck von Gratiseven­ts gerade in dieser Zeit im Land ganz generell sehr hoch. So hoch, dass es fast schon schwer wird, Veranstalt­ungen mit Tickets zu verkaufen. Und das Angebot für das Land generell ist auf dem kleinen Raum einfach unglaublic­h groß. Die Szene muss dann auch aufpassen, sich nicht selbst zu kannibalis­ieren. Gerade dann gegenüber denjenigen, die keine Topnamen anbieten können. Und selbst für Qualität im kleineren Maßstab ist es heute nicht mehr einfach.

Die Szene muss aufpassen, sich nicht selbst zu kannibalis­ieren.

Wieso?

Weil Jugendlich­e heute anders auf die Festivals zugehen. Das vermute ich zumindest; aber ich bin da sicher kein Experte. Es ist mehr ein Gefühl. Als ich Anfang 20 war, waren Festivals der Ort, an dem man anders sein konnte, andere musikalisc­he Entdeckung­en machen konnte. Und Jüngere heute haben entweder wegen Corona kaum Festivaler­fahrung sammeln können oder scheinen eher andere Events zu suchen. Wollen sich viele nicht überrasche­n lassen und Acts sehen, die vielleicht noch am Anfang sind, aber viel zu bieten haben? Ich glaube, der Reiz der kleinen Show, in dem intimere Rahmen und an der ganz direkten Liveerfahr­ung ist nicht mehr so da. Usina 22 konnte da dann vielleicht so auch einen Beitrag leisten und aufzeigen, wie vielfältig Livemusik aus unterschie­dlichen Ecken sein kann. Doch man muss das viel mehr als früher vermitteln.

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Foto: Mike Zenari Auch wenn Regen in der ersten Auflage fiel, war doch die Stimmung gut. Morgen soll die zweite Runde des De Gudde Wëllen Open Air starten – und das bei weit besseren Wetterauss­ichten für Kirchberg.
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Foto: Gerry Huberty

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