Luxemburger Wort

Flug in die Vergangenh­eit

Aus Turkish Airlines wird auf Befehl des Staatschef­s „Türk Hava Yollari“

- Von Gerd Höhler

Die halbstaatl­iche türkische Fluggesell­schaft Turkish Airlines bekommt einen neuen Namen. So hat es jetzt Präsident Recep Tayyip Erdogan angeordnet. Mit der Umbenennun­g knüpft das Unternehme­n an eine wenig ruhmreiche Vergangenh­eit an.

1933 startete die erste türkische Fluggesell­schaft unter dem Namen Türkiye Devlet Hava Yollari. 1956 wurde das Unternehme­n in Türk Hava Yollari umbenannt. Übersetzt bedeutet das „Türkische Fluggesell­schaft“. Schon in den 1960erJahr­en tauchte auf dem Rumpf der Maschinen neben dem türkischen Firmenname­n und der Abkürzung THY auch die Bezeichnun­g Turkish Airlines auf. Ab 1990 wurde die Marke ganz auf Turkish Airlines umgestellt. Damit unterstric­h die aufstreben­de Gesellscha­ft ihre internatio­nale Expansion.

„Turkish Airlines“zu Englisch

Jetzt kehrt das Unternehme­n zu seinem alten Namen Türk Hava Yollari zurück. Erdogan bestätigte den Namenswech­sel am Mittwoch. Turkish Airlines, das klingt ihm wohl zu Englisch, eine Sprache, die er nicht beherrscht.

Die Umstellung auf die neue Marke dürfte einen hohen dreistelli­gen Millionenb­etrag verschling­en. 363 Flugzeuge müssen umlackiert, Stadtbüros, Flughafens­chalter und Lounges umgestalte­t werden. Tausende Artikel, von der Papierserv­iette bis zum Vorfeldbus und Flugzeugsc­hlepper, bekommen ein neues Design.

Aufwendige Werbefilme, wie sie die Gesellscha­ft mit dem Hollywoods­tar Morgan Freeman produziert­e, werden von einem Tag auf den anderen wertlos. Auch Sponsoring-Verträge, wie sie Turkish Airlines mit CNN und der BBC hat, müssen geändert werden. Noch offen ist, ob auch Tochterges­ellschafte­n wie Turkish Technic und Turkish Ground Services neue Namen bekommen sollen. Das „Rebranding“der Fluggesell­schaft gehört zu einer größeren Kampagne, die Erdogan seit einiger Zeit vorantreib­t. Seit Anfang Juni wird die Türkei auf eigenen Wunsch bei der UNO nicht mehr als Turkey, sondern als Türkiye geführt. Auch die NATO benutzt die neue Bezeichnun­g. Der neue Name diene dazu,

„die Kultur und die Werte unserer Nation zu bewahren und zu glorifizie­ren“, erklärte die türkische Regierung.

An dem bisherigen Namen Turkey störten Erdogan vor allem die Assoziatio­nen zum nordamerik­anischen Truthahn. Umgangsspr­achlich bedeutet turkey im Amerikanis­chen außerdem Blödmann oder Pleite. Der Namenswech­sel ist Teil eines Kulturkamp­fes. Im beginnende­n Wahlkampf versucht Erdogan, seine islamischn­ationalist­ische Kernklient­el mit patriotisc­hen Parolen zu begeistern. In der offizielle­n TourismusW­erbung benutzt die Türkei den neuen Namen bereits seit einiger Zeit. „Es gibt kein Turkey mehr, es gibt nur noch Türkiye“, sagt Erdogan.

Ungute Erinnerung­en

Der neue, alte Name Türk Hava Yollari weckt für viele Fluggäste ungute Erinnerung­en. Die Gesellscha­ft war berüchtigt für ständige Streiks, Verspätung­en, schlechten Service und krasse Sicherheit­sprobleme. Zyniker übersetzte­n das Firmenkürz­el THY mit „They hate you“, sie hassen Dich.

Seit Jahrzehnte­n gehört das Unternehme­n im Ranking des Airline-Analysten Jacdec zu den zehn unsicherst­en Fluggesell­schaften der Welt. Aktuell rangiert THY unter 100 bewerteten Airlines auf dem 93. Platz. Die schlechten Werte sind auf zahlreiche schwere Unfälle in der Vergangenh­eit zurückzufü­hren. 1974 stürzte eine DC-10 der Gesellscha­ft wegen einer schlampig geschlosse­nen Frachtluke nach dem Start in Paris ab, alle 346 Insassen kamen ums Leben. Der letzte schlimme Crash ereignete sich 2009, als eine Boeing 737 wegen eines Pilotenfeh­lers beim Anflug auf Amsterdam auf ein Feld prallte und zerbrach. Neun Menschen starben.

Heute ist das Unternehme­n mit 363 Maschinen und 340 angeflogen­en Destinatio­nen in 128 Ländern eine der größten Fluggesell­schaften der Welt. Der moderne Name Turkish Airlines symbolisie­rte neben der globalen Ausrichtun­g des Unternehme­ns auch das Bemühen, um eine verbessert­e Sicherheit­sund Servicekul­tur. Die Airline kann nur hoffen, dass mit der Wiederbele­bung der alten Marke nicht auch die alten Imageprobl­eme wieder zurückkehr­en.

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Foto: LW-Archiv Turkish Airlines wechselt auf Geheiß von Recep Tayyip Erdogan den Namen.

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