Wenn Differdingen auf den Weltraum trifft
Schülerinnen, Schüler und Studierende sprachen in einer Liveschaltung mit ISS-Astronautin Samantha Cristofetti
Nicht nur Astronomie-, sondern auch Musikfans dürfte der Name Samantha Cristoforetti mittlerweile ein Begriff sein. Vor wenigen Wochen wurde die aus Mailand stammende ESA-Astronautin live aus der internationalen Raumstation ISS zum „Eurovision Song Contest“hinzugeschaltet, der in Italien stattfand. Ihre Begeisterung für die Musik scheint fast so groß wie die Leidenschaft für den Weltraum zu sein, der seit April und bis voraussichtlich Ende September ihre Wahlheimat sein wird – als Teil der SpaceX „Crew-4“.
In dieser Woche erwies die 45Jährige erneut einem großen Publikum die Ehre, ein Gespräch zwischen Schwerkraft und Schwerelosigkeit zu führen. Schüler, Schülerinnen und Studierende aus Luxemburg, Portugal und Italien hatten die Möglichkeit, Fragen von der Erde aus an die Wissenschaftlerin zu richten:
Bevor es an diesem Dienstag zur Live-Schaltung kommt, können alle Anwesenden im Differdinger Luxembourg Science Center auf der Leinwand beobachten, wo sich die ISS gerade befindet. Zuletzt schwebt sie über dem Südpazifik, bevor die Zuschauer des Lycee Michel Lucius, der Ecole Privée Fieldgen, des Lycée des Arts et Métiers sowie der Universität Luxemburg ihre Ehrengästin mit einer La-OlaWelle in Empfang nehmen.
Versuch mit Olivenöl
Als die Verbindung hergestellt werden kann und auch der Ton sowohl auf der ISS als auch in Differdingen, Mailand und Lissabon zu vernehmen ist, steht den von den Teilnehmenden ausgeklügelten Fragen und Experimenten nichts mehr im Wege. Für eines opfert die Astronautin sogar einen Teil ihrer persönlichen Vorräte.
Ein Schüler aus Portugal will nämlich wissen, was passiert, wenn man versucht, Wasser und Öl im Weltraum zu vermischen. Eine Frage, die sich Samantha Cristoforetti, wie sie zugibt, noch nie gestellt hat. Also kramt sie einen
Beutel Wasser hervor, gibt mithilfe einer Spritze Öl hinzu, schüttelt den Beutel ... und tatsächlich bleiben beide Substanzen vermischt. Das Öl schwimmt demnach nicht über dem Wasser, sondern bleibt in Form von kleinen Kügelchen im Wasserbeutel verteilt.
Astronomie-Begeisterte aus Italien interessieren sich indes dafür, ob die Astronautin im All mit einem Jo-Jo spielen kann. Voller Vorfreude lässt die aktuelle „Stimme des Weltalls“– wie Ex-ISS-Mitbewohner Matthias Maurer sie in einem Einspieler nennt – das Jo-Jo in Richtung Kamera fliegen. Und auch dieses Mal gelingt der Test sogar ohne Mühe, denn das Spielzeug rollt sich wieder ein, ohne dass Cristoforetti dafür auch nur die Hand bewegen muss.
Die Idee für ein Experiment, das den Raum zum Staunen bringt, stammt schließlich von einer Studentin der Universität Luxemburg: „Können Sie vorführen, was passiert, wenn man im Weltraum ein nasses Tuch auswringt?“Kurze Zeit später ertönen „Ahhh“- und „Ohhh“-Ausrufe im Science Center. Aufgrund der fehlenden Schwerkraft tropft das Wasser nicht zu Boden, sondern sammelt sich rundum das Tuch und wirbelt um die Hände der Astronautin herum.
Hunger statt Übelkeit
Und was passiert bei Schwerelosigkeit mit dem menschlichen Magen, fragen sich Schüler und Schülerinnen aus Portugal? „Fühlt sich das ähnlich an, als würde man Achterbahn fahren?“„Ehrlicherweise fühlt sich mein Magen gerade einfach leer an“, erklärt Samantha Cristoforetti mit einem Lachen beim Blick in die Kamera. „Es ist Mittagszeit und ich habe Hunger.“
Anschließend erklärt sie, dass sie diesbezüglich kaum einen Unterschied bemerke, denn der Körper gewöhne sich schnell an die neuen Bedingungen. „Es gibt jedoch Astronauten, die in den ersten Tagen an Übelkeit leiden.“Das fühle sich so an, als sei man seekrank, lege sich aber nach einiger Zeit wieder. Womöglich helfe dem ein oder anderen dabei eine Tasse Kaffee. Es habe auf der Raumstation sogar schon einmal eine Espressomaschine gegeben, aktuell greife die Crew aber wieder auf Instant-Kaffee zurück, der in den gleichen Beutelchen aufgelöst wird, in denen auch das Wasser gelagert wird.
Wenn auch aus Zeitgründen nicht alle Fragen von der Astronautin persönlich beantwortet werden können, dämmt das nicht die Begeisterung der Anwesenden im Science Center. „Das Gespräch mit der Astronautin war natürlich der Höhepunkt des heutigen Tages. Wer bekommt schon die Möglichkeit, live mit jemandem von der ISS zu sprechen?“, sagt etwa der 16-jährige Adilson Fortes, der mit seiner Klasse (4e GSN, „sciences naturelles“) aus der Ecole Privée Fieldgen anwesend ist.
Wachsende Perspektiven
Klassenlehrer Marco Strasser freut sich darüber, den Horizont seiner Schüler und Schülerinnen erweitern zu können. Er habe selbst großes Interesse an Astronomie und habe daher die Gelegenheit beim Schopf gepackt, um seinen Schützlingen etwas anderes als das Klassenzimmer zu zeigen.
„Es handelt sich hierbei um einen Bereich, in dem die Perspektiven, Arbeit zu finden, stetig wachsen“, berichtet er im Hinblick auf die Entwicklung der Weltraumforschung im Großherzogtum und nennt dabei auch den neuen Studiengang der Universität Luxemburg – den „Space Master“– als Beispiel. „Außerdem ist es wichtig, den Schülern zu zeigen, dass es neben den klassischen Berufen, die jeder kennt, auch noch andere Optionen gibt.“
Eine Aussage, der sich am Ende der Live-Schaltung auch Ehrengast Samantha Cristoforetti anschließen kann. Sie hofft darauf, in absehbarer Zeit schon neue Gesichter als Kollegen oder Kolleginnen willkommen zu heißen.
Wer bekommt schon die Möglichkeit, live mit jemandem von der ISS zu sprechen? Adilson Fortes, Schüler