Zinsen in den USA steigen kräftig
Fed entschließt sich zu einem drastischen Schritt
Washington. Mit dem größten Zinsschritt seit fast 30 Jahren will die US-Notenbank die steigende Inflation bekämpfen – und schürt die Angst vor einer Rezession. Die Federal Reserve (Fed) erhöht ihren Leitzins stark um 0,75 Prozentpunkte, wie sie am Mittwoch bekannt gab. Fed-Chef Jerome Powell betonte zwar, dass ein so hoher Zinsschritt „natürlich ungewöhnlich“und nicht üblich sei. Gleichzeitig stellte er für Ende Juli eine erneute Anhebung um 0,5 oder 0,75 Prozentpunkte in Aussicht. Für die Fed ist es nun ein Drahtseilakt, die steigende Inflation zu stoppen und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum nicht zu sehr auszubremsen. Auch in der Schweiz und Großbritannien strafften die Notenbanken gestern ihre Geldpolitik.
Erinnerung an den Volcker-Schock
Der aktuelle Zinsschritt ist die dritte Erhöhung des Leitzinses seit dem Beginn der Coronavirus-Pandemie – und der erste Anstieg um 0,75 Prozentpunkte seit 1994. Eigentlich hatten die Zentralbanker vor einigen Woche noch einen Anstieg um 0,5 Prozentpunkte signalisiert. Daten aus der vergangenen Woche zeigten jedoch, dass die Verbraucherpreise im Mai gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,6 Prozent gestiegen waren – dies setzte die US-Notenbank stark unter Druck. Sie überrascht eigentlich eher ungern die Märkte. Kurz vor der Fed-Sitzung wurde schließlich gar über eine Anhebung von einem Prozentpunkt spekuliert – und an den legendären Fed-Chef Paul Volcker erinnert. Volcker hob den Leitzins in den 1970er und 80er Jahren drastisch an – er stieg zeitweise auf mehr als 20 Prozent. Auch damals hatte die größte Volkswirtschaft der Welt mit enormer Inflation zu kämpfen. Volcker wird zugute gehalten, die Inflation als Zentralbankchef erfolgreich bekämpft zu haben. Kritiker machten seinen Kurs jedoch für den Anstieg der Arbeitslosigkeit und einen Einbruch des Wirtschaftswachstums verantwortlich.
Wenn Zinssätze steigen, leihen sich Verbraucher sowie die Unternehmen weniger Geld oder müssen für Kredite mehr ausgeben. Folglich nimmt das Wachstum ab. Wird das Wachstum aber zu schnell ausgebremst, könnten die USA in eine Rezession schlittern. Die Entscheider der Fed rechnen nun zum Jahresende im Mittel mit einem Leitzins von 3,4 Prozent und sogar 3,8 Prozent im kommenden Jahr – das ist noch sehr weit von den Volcker-Zeiten entfernt. Die Arbeitslosenquote lag im Mai bei niedrigen 3,6 Prozent – ein Erfolg, für den sich US-Präsident Joe Biden immer wieder rühmt. dpa