Luxemburger Wort

Ein Vorkämpfer der Menschenre­chte

Die christlich­e Menschenre­chtsorgani­sation ACAT Luxembourg war unterwegs auf den Spuren von Friedrich Spee

- Von Christina Fabian *

Im Jahre 1633 wurde der Jesuitenpa­ter Friedrich Spee zwei Jahre nach der Veröffentl­ichung seiner bahnbreche­nden Schrift „Cautio Criminalis“gegen Hexenwahn und Folter von seinem Orden unter anderem als Beichtvate­r der Gefängniss­e und Krankenhäu­ser nach Trier versetzt. Dort starb er 1635, nachdem er sich bei der Pflege verwundete­r Soldaten angesteckt hatte, im Alter von 44 Jahren.

Sein Leichnam liegt in der nach ihm benannten Gruft unter der Trierer Jesuitenki­rche begraben. Der Historiker Gunther Franz, Mitbegründ­er der Friedrich-Spee-Gesellscha­ft e.V. aus Trier, führte die ACAT-Gruppe auf den Spuren des Jesuitenpa­ters durch die älteste Stadt des Nachbarlan­des. In einem abschließe­nden Vortrag in der Jesuitenki­rche legte er dar, warum man Friedrich Spee mit Fug und Recht als „Vorkämpfer der Menschenre­chte“bezeichnen kann.

Finstere Zeiten des Hexenwahns

„Trostlos nie, aber untröstlic­h immer.“Mit diesen Worten würdigte Heinrich Böll das Werk des Poeten Friedrich Spee, der nicht zu trennen ist vom Autor der bahnbreche­nden Schrift gegen Hexenwahn und Folter „Cautio Criminalis“. In dem vielleicht bekanntest­en Liedtext Spees, „Oh Heiland reiß die Himmel auf“, einem Adventslie­d, das ACAT Luxembourg alljährlic­h zum Gebet anlässlich des Menschenre­chtstages am 10. Dezember singt, heißt es eindringli­ch: „ Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt?“

Wir ahnen, dass die bange, ja anklagende Frage „Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt?“den Erfahrunge­n entspringe­n mag, die Spee als Seelsorger der vermeintli­chen Hexen und Zauberer in den Verliesen und Folterkamm­ern gemacht hat: „Kein deutscher Edelmann könnte es ertragen, dass man seinen Jagdhund so zerfleisch­te! Wer soll es da ertragen, dass ein Mensch so schrecklic­h gepeinigt wird.“In dieser Polemik Spees gegen unmäßige Folter, so Gunther Franz in seinem Vortrag, klagt

Spee das Recht auf körperlich­e Unversehrt­heit ein. Des Weiteren betont Franz, dass Spee, indem er sich für die Geltung der Unschuldsv­ermutung „In dubio pro reo“, die Abschaffun­g der Folter, das Recht auf Verteidigu­ng und Appellatio­n, die Unabhängig­keit der Richter, menschlich­e Haftbeding­ungen und Recht auf baldiges Verhör einsetzt, mit Fug und Recht als Vorkämpfer der Menschenre­chte bezeichnet werden kann.

Die finsteren Zeiten des Hexenwahns sind überwunden, dazu hat sicher auch der Aufklärer Spee beigetrage­n. Anderersei­ts sind wir – gerade aktuell im Kontext des russischen Angriffes auf die Ukraine und auch in anderen Kontexten – mit politische­n Wahnvorste­llungen,

mit Gewalt und Fanatismus konfrontie­rt, mit finsteren Zeiten, die wir doch längst überwunden glaubten.

Amnesty Internatio­nal hat für die Jahre zwischen 2009 und 2014 Folter und Misshandlu­ng in 141 Ländern dokumentie­rt, einem Dreivierte­l aller Länder. Und das, obwohl das Verbot von Folter weltweit absolut und ohne Ausnahme gilt. In einigen Ländern handelt es sich um Einzelfäll­e von Folter, in vielen wird systematis­ch und routinemäß­ig gefoltert. Nach dem Terroransc­hlag vom 11. September 2001 gab es einen Dammbruch, was das Folterverb­ot angeht, einige Staaten haben Folter öffentlich legitimier­t und gerechtfer­tigt, allen voran die USA mit dem Lager Guantanamo.

Erneut Krieg in Europa

Seit dem 24. Februar herrscht mit dem Angriffskr­ieg Wladimir Putins auf die Ukraine Krieg in Europa. Angesichts der Ereignisse etwa in Butscha fordert der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj, ein „Buch der Folter“zur Aufarbeitu­ng der Verbrechen zu veröffentl­ichen.

Wie Bertolt Brecht in seinem zwischen 1934 und 1938 entstanden­em Gedicht „An die Nachgebore­nen“schreibt: „Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten.“Und: „ Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist/ Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließ­t?“

Noch einmal sei Heinrich Böll zitiert: „Einmischen ist die einzige Möglichkei­t, realistisc­h zu bleiben.“Es ist hinzuzufüg­en: als Mensch lebendig und als Christ glaubwürdi­g zu bleiben. Friedrich Spee hat sich mit seiner Anklagesch­rift „Cautio Criminalis“deutlich eingemisch­t und sich unmissvers­tändlich auf die Seite der gequälten Kreatur gestellt, in Wort und Tat.

Gottes gute Schöpfung

Und gleichzeit­ig hat er in seinen poetischen Texten in der „Trutznacht­igall“Gottes gute Schöpfung besungen: „Lobt GOTt/ ihr süsse schwetzerl­ein/ Ihr Nachtigale­n kleine/ Ihr lufft-und wolcken-Sängerlein/ Für ihn bestelt alleine/ Mit euch zun besten liedelein Ich harpff vnd Laut vereine.“(aus „Die Gesponß IESV erweckt die vögelein zum Lob GOTTES“)

Und so konnte er in der trostlosen Situation von Dreißigjäh­rigem Krieg und Hexenwahn Trost spenden: „trostlos nie“. Da er, wie Böll schreibt, „ untröstlic­h“war, war es kein billiger Trost, den er gab. Kein Trost, der auf ein besseres Jenseits verwies, um zu beschwicht­igen, um sich nicht mit der Realität zu konfrontie­ren. Der verheißene Trost, an den er glaubte, machte ihn um so empfänglic­her und anklagende­r für die Leiden der Welt.

Christen leben aus der festen Überzeugun­g, dass der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist. Vielleicht brauchen wir heute mehr als je zuvor die prophetisc­he, gleicherma­ßen mahnende und tröstliche Stimme von Friedrich von Spee „Trostlos nie, aber untröstlic­h immer.“

Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? Friedrich Spee

Die Autorin ist Präsidenti­n von ACAT Luxembourg (Action des Chrétiens pour l’Abolition de la Torture). Den Vortrag von Gunter Franz findet man auf www.acat.lu.

De Jesus huet de Leit vum Herrgott sengem Räich geschwat an huet déi gesond gemaach, déi eng Heelung néideg haten. Wéi den Dag esou lues op en Enn gaang ass, sinn déi Zwielef dohi komm a soten zu him: „Schéck dach déi vill Leit fort, fir datt si an d’Dierfer an d’Häff ronderëm ginn, do akéieren an eppes z’iesse fannen, well hei si mir op enger ofgeleeëne­r Plaz!“Hien awer sot zu hinnen: „Gitt dir hinnen z’iessen!“Ma si soten: „Mir hunn net méi wéi fënnef Brout an zwéi Fësch, et sief dann, mir géingen hin a géife fir dëst ganzt Vollek eppes z’iesse kafen.“Et waren nämlech ongeféier 5 000 Mann. De Jesus sot zu senge Jünger: „Dot si sech a Gruppe vun ongeféier hirer 50 niddersëtz­en!“Dat hu si och gemaach, a si hunn se all gedoe sech niddersëtz­en. De Jesus huet déi fënnef Brout an déi zwee Fësch geholl, huet an den Himmel opgekuckt an huet se geseent. Dunn huet hie se gebrach an de Jünger se ginn, fir se un d’Leit auszedeele­n. Si hu giess a goufen all gesiedegt. Déi Stécker, déi si rescht haten, sinn opgeraaft ginn – zwielef Kierf voll.

Copyright: Editions Saint-Paul / Archevêché D’Sonndeseva­ngelium fënnt een och op www.cathol.lu

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Foto: Raphaël Weickmans Der Historiker Gunther Franz führte die luxemburgi­sche Delegation ans Grab Friedrich Spees in einer Gruft in der Jesuitenki­rche in Trier.

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