Vogelparadies Schlammwiss
Jim Schmitz erklärt, was es während der Brutzeit alles zu entdecken gibt
Schüttringen. Es soll Leute geben, die besuchen ein Naturreservat und beschweren sich, wenn sie keine Tiere zu sehen bekommen. „Es gibt eben Menschen, die haben keine Geduld“, sagt Jim Schmitz, der Vizepräsident von natur&ëmwelt, bei einer Wanderung durch die Schlammwiss. Dabei gibt es im Moment draußen sehr viel zu entdecken. „Die Zugvögel sind zurück und befinden sich in der Brutzeit“, so der Ornithologe. Von den 130 Vogelarten, die in Luxemburg brüten, wurden bereits 60 Arten im 25 Hektar großen Naturreservat Schlammwiss nachgewiesen. Im Schilfgebiet leben Vogelarten, die sonst fast nirgends beobachtet werden können. „In Luxemburg leben 200 Paare des Teichrohrsängers, davon befinden sich 30 Prozent hier.“
Teichrohrsänger und Eisvogel
Der wohl bekannteste Vogel ist der Eisvogel. Er lockt viele Besucher an. Zwei bis drei Paare leben dauerhaft im Reservat. „Pro Jahr werden hier bis zu 60 Exemplare beringt“, betont Schmitz. Die Chancen, dem schillernden Vogel zu begegnen, stehen also nicht schlecht. In diesem Jahr gehe es dem Eisvogel auch ausgezeichnet. „Es hat bisher keine Überschwemmungen gegeben“, so Schmitz.
Im vergangenen Jahr war das anders. „Der Eisvogel baut seine Bruthöhlen an das Ufer“, erklärt der Naturbeobachter. Bei Überschwemmungen drohen diese, vollzulaufen. Neben den Dramen unter den gefiederten Bewohnern hinterließ die Juli-Flut des vergangenen Jahres auch einen Schaden in einer Höhe von 40.000 Euro. Denn die Schlammwiss ist nicht nur Lebensraum vieler Wildtiere, sie ist auch der Arbeitsplatz vieler Biologen.
Während Jim Schmitz über die Schäden der Juli-Flut spricht, huscht ein gefiederter Bewohner vorbei. „Ein Mauersegler befindet sich praktisch immer in der Luft, er hält sich nie am Boden auf“, weiß er. Seine Beine seien viel zu dünn und schwach, um von allein abheben zu können. „Wenn man einen Mauersegler am Boden findet, muss man ihn in die Höhe werfen“, sagt Schmitz. So rette man sein Leben.
Ein Student, der in der Schlammwiss an seiner Abschlussarbeit forscht, habe sich diese Tierart genauer angeschaut. „Interessant wird es, wenn sie trinken wollen“, so Schmitz. Ohne zu landen, sei dies keine einfache Übung. „Für jeden Schluck muss er die Wasseroberfläche anfliegen“, betont er. Wie ein Löschflugzeug nehme er bei jedem Vorbeiflug „einen Tropfen Wasser“auf.
Behutsamer Umgang
„Die Vogelberingungsstation Schlammwiss arbeitet dem Königlich belgischen Institut für Naturwissenschaften zu“, erklärt Schmitz. Hier wird den Vögeln auch die „ID-Karte“ans Beinchen gesetzt. Das Einfangen der Vögel geht sehr delikat vonstatten. „Das Erste, was wir den Studenten beibringen, ist, behutsam mit den Tieren umzugehen.“
In der Regel klappt das auch: Es soll einen Vogel gegeben haben, der insgesamt 58-mal eingefangen wurde. Ein weiteres Exemplar ging während neun Jahren immer wieder ins Netz. „Die Beringungsstation ist immer aktiv und kann von jedem besucht werden“, fügt Jim Schmitz bei.
„Man darf das Gebiet auch auf eigene Faust besuchen. Jim Schmitz, Vizepräsident von natur&ëmwelt
Geführte Touren mit natur&ëmwelt
Er erinnert sich an einen Fotografen, der unbedingt einen Mauersegler beim Trinken ablichten wollte. „Er schoss Tausende von Fotos, nur um das eine Bild zu bekommen.“Das Reservat ist die Gelegenheit, sich ein Piepmatz aus der Nähe anzusehen. „Zu Hause bleiben die Vögel ja nicht einfach sitzen“, meint eine Besucherin. Im Naturreservat kann man den Biologen bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Mit etwas Glück darf man einen der Einwohner für einen kurzen Moment in der Hand halten – um ihn dann wieder in die Freiheit zu entlassen. „Ein schönes Gefühl.“
Natur&ëmwelt bietet regelmäßig geführte Touren an. Am Dienstag hatte sich eine Seniorengruppe angemeldet. „Ich habe heute Sachen gelernt, die ich bisher nicht wusste“, sagt eine Teilnehmerin. In Zukunft werde sie „die Natur mit anderen Augen sehen“. Einer anderen Person werden die Greifvögel in Erinnerung bleiben. Er habe in seinem ganzen Leben noch nie so viele Milane gesehen.
„Während des Lockdowns gab es besonders viel Halligalli“, erinnert sich Jim Schmitz. Doch auch