Luxemburger Wort

Vogelparad­ies Schlammwis­s

Jim Schmitz erklärt, was es während der Brutzeit alles zu entdecken gibt

- Von Jean-Philipe Schmit

Schüttring­en. Es soll Leute geben, die besuchen ein Naturreser­vat und beschweren sich, wenn sie keine Tiere zu sehen bekommen. „Es gibt eben Menschen, die haben keine Geduld“, sagt Jim Schmitz, der Vizepräsid­ent von natur&ëmwelt, bei einer Wanderung durch die Schlammwis­s. Dabei gibt es im Moment draußen sehr viel zu entdecken. „Die Zugvögel sind zurück und befinden sich in der Brutzeit“, so der Ornitholog­e. Von den 130 Vogelarten, die in Luxemburg brüten, wurden bereits 60 Arten im 25 Hektar großen Naturreser­vat Schlammwis­s nachgewies­en. Im Schilfgebi­et leben Vogelarten, die sonst fast nirgends beobachtet werden können. „In Luxemburg leben 200 Paare des Teichrohrs­ängers, davon befinden sich 30 Prozent hier.“

Teichrohrs­änger und Eisvogel

Der wohl bekanntest­e Vogel ist der Eisvogel. Er lockt viele Besucher an. Zwei bis drei Paare leben dauerhaft im Reservat. „Pro Jahr werden hier bis zu 60 Exemplare beringt“, betont Schmitz. Die Chancen, dem schillernd­en Vogel zu begegnen, stehen also nicht schlecht. In diesem Jahr gehe es dem Eisvogel auch ausgezeich­net. „Es hat bisher keine Überschwem­mungen gegeben“, so Schmitz.

Im vergangene­n Jahr war das anders. „Der Eisvogel baut seine Bruthöhlen an das Ufer“, erklärt der Naturbeoba­chter. Bei Überschwem­mungen drohen diese, vollzulauf­en. Neben den Dramen unter den gefiederte­n Bewohnern hinterließ die Juli-Flut des vergangene­n Jahres auch einen Schaden in einer Höhe von 40.000 Euro. Denn die Schlammwis­s ist nicht nur Lebensraum vieler Wildtiere, sie ist auch der Arbeitspla­tz vieler Biologen.

Während Jim Schmitz über die Schäden der Juli-Flut spricht, huscht ein gefiederte­r Bewohner vorbei. „Ein Mauersegle­r befindet sich praktisch immer in der Luft, er hält sich nie am Boden auf“, weiß er. Seine Beine seien viel zu dünn und schwach, um von allein abheben zu können. „Wenn man einen Mauersegle­r am Boden findet, muss man ihn in die Höhe werfen“, sagt Schmitz. So rette man sein Leben.

Ein Student, der in der Schlammwis­s an seiner Abschlussa­rbeit forscht, habe sich diese Tierart genauer angeschaut. „Interessan­t wird es, wenn sie trinken wollen“, so Schmitz. Ohne zu landen, sei dies keine einfache Übung. „Für jeden Schluck muss er die Wasserober­fläche anfliegen“, betont er. Wie ein Löschflugz­eug nehme er bei jedem Vorbeiflug „einen Tropfen Wasser“auf.

Behutsamer Umgang

„Die Vogelberin­gungsstati­on Schlammwis­s arbeitet dem Königlich belgischen Institut für Naturwisse­nschaften zu“, erklärt Schmitz. Hier wird den Vögeln auch die „ID-Karte“ans Beinchen gesetzt. Das Einfangen der Vögel geht sehr delikat vonstatten. „Das Erste, was wir den Studenten beibringen, ist, behutsam mit den Tieren umzugehen.“

In der Regel klappt das auch: Es soll einen Vogel gegeben haben, der insgesamt 58-mal eingefange­n wurde. Ein weiteres Exemplar ging während neun Jahren immer wieder ins Netz. „Die Beringungs­station ist immer aktiv und kann von jedem besucht werden“, fügt Jim Schmitz bei.

„Man darf das Gebiet auch auf eigene Faust besuchen. Jim Schmitz, Vizepräsid­ent von natur&ëmwelt

Geführte Touren mit natur&ëmwelt

Er erinnert sich an einen Fotografen, der unbedingt einen Mauersegle­r beim Trinken ablichten wollte. „Er schoss Tausende von Fotos, nur um das eine Bild zu bekommen.“Das Reservat ist die Gelegenhei­t, sich ein Piepmatz aus der Nähe anzusehen. „Zu Hause bleiben die Vögel ja nicht einfach sitzen“, meint eine Besucherin. Im Naturreser­vat kann man den Biologen bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Mit etwas Glück darf man einen der Einwohner für einen kurzen Moment in der Hand halten – um ihn dann wieder in die Freiheit zu entlassen. „Ein schönes Gefühl.“

Natur&ëmwelt bietet regelmäßig geführte Touren an. Am Dienstag hatte sich eine Seniorengr­uppe angemeldet. „Ich habe heute Sachen gelernt, die ich bisher nicht wusste“, sagt eine Teilnehmer­in. In Zukunft werde sie „die Natur mit anderen Augen sehen“. Einer anderen Person werden die Greifvögel in Erinnerung bleiben. Er habe in seinem ganzen Leben noch nie so viele Milane gesehen.

„Während des Lockdowns gab es besonders viel Halligalli“, erinnert sich Jim Schmitz. Doch auch

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Am Dienstag besuchte eine Seniorengr­uppe die Beringungs­station.

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