Flaute an den Zapfsäulen
Hohe Treibstoffpreise und deutsche Subvention sorgen für miese Geschäfte an den Tankstellen
Wasserbillig. Ein Werktag um 17 Uhr an der N1 zwischen Mertert und Wasserbillig. Normalerweise tuckert um diese Zeit ein Auto hinter dem anderen in Richtung deutsche Grenze und alle paar Sekunden schert eines aus der Schlange aus, um den Tank zu füllen. Normalerweise, denn in diesem Juni ist alles anders.
Mitten im Berufsverkehr ist es an den Tankstellen der Route de Wasserbillig auffallend ruhig. Von einem Dutzend Zapfsäulen sind mal eine oder zwei belegt, an anderen Tankstellen lässt sich fünf Minuten lang kein einziger Kunde blicken. Ein Blick auf die Preistafel verrät, warum.
Benzin und Diesel kosten in Luxemburg 1,97 und 1,98 Euro. Hinter der Grenze bieten viele Tankstellen Diesel für einen ähnlichen Preis an, Benzin ist teilweise einige Cent günstiger. Das Interesse der Autofahrer in der deutschen Grenzregion an einer Tankfüllung in Luxemburg ist entsprechend gering.
„Man spart fast nichts“
An einer der Zapfsäulen steht Ralf Seifert aus Trier. Er ist gerade mit seinem roten Cabrio mit aufgeklapptem Verdeck angefahren und befüllt es nun mit Benzin. „Ich hatte gerade in der Gegend zu tun und habe hier aus alter Gewohnheit angehalten. Man spart aber zurzeit fast nichts, wenn man in Luxemburg tankt“, meint er.
Während früher die Preisdifferenz zwischen Luxemburg und Deutschland relativ stabil war, hat der „Tankrabatt“, den Deutschland am 1. Juni eingeführt hat, die Verhältnisse durcheinander gebracht. Das hat auch Tankstellenbesitzerin Monique Hein in Mertert zu spüren bekommen. „Seit Anfang Juni ist deutlich weniger los“, sagt sie. Vor allem der Verkauf von Benzin sei rückläufig.
Weniger Verkehr
In der Tankstelle nebenan steht ein Kunde an der Kasse und plaudert mit den zwei Kassiererinnen. Er wohnt in Wasserbillig und hat berichtet, dass schon seit einigen Monaten weniger Verkehr auf der Durchgangsstraße zu bemerken ist. Dies gelte nicht nur für die deutschen Grenzgänger, sondern auch für Anwohner in Luxemburg. „Die Spritpreise sind so hoch, da steigen viele auf Bus oder Bahn um“, sagt er. „Viele Haushalte
müssen rechnen und verzichten so gut es geht auf Autofahrten.“
Kassiererin Edyta Zaremba erinnert sich noch an den Pfingstmontag vorige Woche. „Da war in den letzten Jahren immer die Hölle los, weil Tausende Deutsche zum Tanken kamen. Diesmal war tote Hose“, erzählt sie. Dass Luxemburger nun in großer Zahl nach Deutschland zum Tanken fahren, denkt sie hingegen nicht. „Ich würde wegen zwei Cent Preisunterschied nicht rüberfahren“, pflichtet ihr der Kunde aus Wasserbillig bei.
Plötzlich Luxemburger Kunden
Dass dies gleichwohl vorkommt, berichtet Christina Huck. Sie ist Geschäftsführerin einer Tankstelle an der Landstraße bei Welschbillig im deutschen Grenzgebiet zwischen Trier und Bitburg. „Wir haben seit einigen Wochen regelmäßig Luxemburger Kunden. Meist kommen sie aus der Gegend von Rosport und Echternach. Aus Luxemburg-Stadt habe ich noch keinen gehabt“, sagt Christina Huck. Dies ist ein Kuriosum, denn früher waren bei ihr fast nie Kunden von jenseits der Grenze zu sehen.
Aus seinem Büro in Bartringen beobachtet Romain Hoffmann den Mineralölmarkt sozusagen aus der Vogelperspektive. Er ist Administrateur délégué bei Aral Luxemburg und gleichzeitig Präsident des
Groupement pétrolier. Hoffmann berichtet von einem deutlichen Einbruch: „Der deutsche Tankrabatt hat einen großen Einfluss auf die Tankstellen, besonders die in Grenznähe. Viele berichten von einem Rückgang der verkauften Mengen um 30 bis 50 Prozent seit Anfang Juni“, sagt er.
Hohe Belastung
Zwar würden deutsche Berufspendler immer noch die Tankstellen anfahren, doch aus weiter entfernten Gegenden Deutschlands komme fast niemand mehr nach Luxemburg. Obwohl sein Arbeitgeber an den hohen Ölpreisen mitverdient, macht sich Romain Hoffmann Sorgen über die jüngste Entwicklung. Luxemburger Haushalte mit kleinerem Einkommen seien vor große Probleme gestellt. „Wer sein Auto für den Weg zur Arbeit braucht, kann bei den heutigen Preisen schon mal 200 Euro im
Monat für Diesel oder Benzin ausgeben. Das ist für viele eine große Belastung.“
Schließlich merken auch die Mineralölgesellschaften, dass viele Luxemburger auf den öffentlichen Transport umgestiegen sind oder das Fahrrad für den Weg zur Arbeit oder in der Freizeit nehmen.
Weitere Verwerfungen prophezeit Romain Hoffmann für die Sommerferien. Am 1. August fällt die luxemburgische Ermäßigung für Benzin und Diesel in Höhe von 7,5 Cent weg, während der deutsche Tankrabatt noch einen Monat bestehen bleibt. Spätestens dann kippt das Preisverhältnis zugunsten der deutschen Nachbarn – bis im September beiderseits der Grenze die gewöhnlichen Preise ohne Subventionen gelten. „Wie viel die Verbraucher dann für Benzin und Diesel bezahlen müssen, wissen wir jetzt noch nicht“, sagt Romain Hoffmann.
Viele berichten von einem Rückgang der verkauften Mengen um 30 bis 50 Prozent seit Anfang Juni. Romain Hoffmann, Präsident des Groupement pétrolier
Luxemburg. Der tägliche Gang zur Arbeit zählt für die meisten Menschen zum Alltag. Das gilt auch für die Insassen in der Haftanstalt in Schrassig. Wer rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, muss im Prinzip einer Beschäftigung nachgehen, es sei denn, ein triftiger Grund spricht dagegen.
Dafür stehen rund 300 Arbeitsstellen in Schrassig zur Verfügung – von der Wäscherei über Werkstätten wie eine Schlosserei, ein Maleratelier oder eine Buchbinderei, diverse Ateliers bis hin zum Schichtdienst im Gefängnisblock. Für bis zu 600 Insassen reichen die Stellen nicht aus. Beschäftigungslosigkeit ist demnach auch in Schrassig ein Thema.
Doch auch wer arbeiten kann, wird mit der harten Realität konfrontiert. Denn die Insassen bekommen nur einen geringen Lohn und verfügen über keinen legalen Arbeitsstatus. Beides wäre den Verantwortlichen der Vereinigung „eran, eraus … an elo?“, die den Insassen ein offenes Ohr bietet und sich für sie einsetzt, zufolge jedoch wichtig, um die Gefangenen bestmöglich auf ein Leben nach der Haft vorzubereiten.
45 Jahre Stillstand
Deshalb fordert die Vereinigung Verbesserungen. Kurzfristig sollen dies eine Anpassung der Gehälter, bezahlter Urlaub, Einzahlungen in die Rentenkasse, sowie der Abschluss einer Unfallversicherung, die es derzeit nicht gibt, sein.
Mittelfristig erhofft man sich einen legalen Statut für die arbeitenden Insassen. „Der Arbeitsvertrag muss Einzug ins Gefängnis erhalten“, betont Gregory Fonseca von „eran, eraus … an elo?“. Das gehe mit Rechten und Pflichten für beide Seiten einher. In Skandinavien ist dies bereits Realität in den Haftanstalten.
„Seit den 1970er-Jahren hat sich bei den Arbeitsbedingungen der Insassen kaum etwas getan“, bemängeln die Verantwortlichen der Vereinigung und legen Dokumente vor, denen zufolge eine Person, die nach der niedrigsten von sieben Stufen bezahlt wird, rund 390 Euro im Monat verdient, dies bei einem Arbeitspensum von 35 Stunden in der Woche. „Damit ist man schlecht dran“, sagt Nadia Meyers von „eran, eraus … an elo?“.
In der höchsten Stufe sind es rund 790 Euro für einen Job in der Wäscherei. Allerdings sei diese Gehaltsklasse eher die Ausnahme als die Regel. Fehlstunden – ob aus gesundheitlichen Gründen, wegen Anwaltsterminen oder aus privaten Gründen – werden nicht berechnet. Und auch ein Recht auf bezahlten Urlaub haben die Insassen nicht.
Einnahmen von rund 800 Euro im Monat würden für viele Insassen bereits große Besserungen mit sich bringen. Denn auch wenn sie für Kost und Logis nicht aufkommen müssen, so haben sie dennoch Ausgaben. Diese gehen weit über die persönlichen Bedürfnisse, wie Kaffee, Zigaretten, Rasierklingen oder ein Stückchen Schokolade, für die sie aufkommen müssen, hinaus. Viele Insassen müssen ein Opfer entschädigen, Justiz- oder Anwaltskosten tragen. Einige Personen hatten bereits vor ihrer Inhaftierung Schulden oder haben eine Familie, die finanzielle Unterstützung benötigt.
Die Zeit danach
„Es geht um die Resozialisierung“, sagt Christian Richartz, Präsident von „eran, eraus … an elo?“. Der Vereinigung sei von vielen Personen zugetragen worden, dass sie aus der Haft entlassen worden seien und vor dem Nichts gestanden hätten. Um eine Unterkunft zu mieten oder sich mit dem Nötigsten zu versorgen, sei für diese Zeit aber ein Startkapital nötig.
Und auch die Sozialabsicherung, insbesondere die Einzahlungen in die Rentenkasse, sei für die Zeit nach der Haft von Bedeutung. Dies trifft speziell auf jene Personen zu, die lange Strafen absitzen mussten, und denen im Rentenalter dann zehn oder gar 15 Arbeitsjahre fehlen. „Das Gefängnis muss vermitteln, dass sich ehrliche Arbeit lohnt“, sagt Nadia Meyers.
In diese Richtung gehen auch die Richtlinien des Europarates, der festgehalten hat, dass die Arbeit im Gefängnis es dem Insassen erlauben soll, seine Kapazität zu erhalten oder zu verbessern, um nach seiner Entlassung für sein Leben sorgen zu können. In Frankreich und Deutschland wurden rezent Anpassungen vorgenommen oder vorgestellt. Geht es den Verantwortlichen von „eran, eraus … an elo?“nach, sollte dies auch schnellstmöglich in Luxemburg der Fall sein.
Kritik übt die Vereinigung darüber hinaus am System der Gefängniswäscherei, in der bis zu 80 Insassen Arbeit finden. Es sei eine sehr lobenswerte Initiative. Das Problem liege aber dabei, dass die Insassen nicht ausreichend verdienen – dies, obwohl in den Statuten der privaten Gesellschaft festgehalten ist, dass der Mindestlohn gezahlt werde.
Vereinigung „eran, eraus … an elo?“