Luxemburger Wort

Gesetz in Arbeit für Dieschbour­g-Prozedur

Wissenscha­ftlicher Dienst und externer Jurist bereiten Text vor, der aber hinfällig werden könnte

- Von Annette Welsch

Die Präsidente­nkonferenz und das Büro der Chamber befassten sich am Donnerstag mit der Frage, wie es mit der eventuelle­n Anklage von Ex-Umweltmini­sterin Carole Dieschbour­g (Déi Gréng) weitergehe­n soll. Der Jura-Professor und Verfassung­sexperte Luc Heuschling, der Mitte Mai auf Drängen der Grünen gehört worden war, hatte der Chamber nahegelegt, dazu ein Gesetz zu verabschie­den. Diesmal war der unabhängig­e Jurist und Experte für Strafrecht und Verfassung­srecht, Patrick Kinsch, geladen. Diesen hatte man beauftragt, die Situation zu analysiere­n und einen Weg aufzuweise­n, wie unter Achtung rechtsstaa­tlicher Prinzipien, vor allem der Gewaltente­ilung, verfahren werden kann.

Denn laut derzeitige­r Verfassung­slage ist es Aufgabe des Parlaments über eine Anklage eines Ministers zu entscheide­n, wobei das in der Verfassung für die Prozedur vorgesehen­e Gesetz nie eingereich­t wurde.

CSV will Dieschbour­g selber Fragen stellen können

Um einen Verfahrens­fehler zu vermeiden und die Menschenre­chte der Ex-Ministerin zu wahren, hatte sich Heuschling dafür ausgesproc­hen, das Ausführung­sgesetz doch noch zu verabschie­den. Damit soll die gesetzlich­e Basis für die weitere Prozedur gelegt werden, mit unter anderem der Resolution, mit der die Chamber die Kriminalpo­lizei mit den weiteren Ermittlung­en betraut. Dazu gehen die Meinungen allerdings weiterhin auseinande­r.

Die CSV ist davon überzeugt, dass es Recht und Pflicht der Chamber sei, der Ministerin selber zu ihrer Rolle in der Gaardenhai­schen-Affäre Fragen zu stellen und sich so ein Bild davon zu machen, ob eine Anklage erfolgen soll oder nicht. Die Chamber soll das Recht erhalten, die zu beantworte­nden Fragen an die Ermittlung­sbehörde schicken zu können. „Wir sind der Ansicht, dass einzig die Staatsanwa­ltschaft für die Beweisaufn­ahme und Anhörung zuständig sein kann und dann dem Parlament einen Vorschlag unterbreit­et, wie das Verfahren abgeschlos­sen werden soll“, meint dagegen Déi GréngFrakt­ionschefin Josée Lorsché. Die Rolle des Parlaments sei es, aufgrund dessen zu entscheide­n, ob eine „mise en accusation“erfolgen soll oder nicht. Ein Fragerecht der Chamber ist für sie und auch Rechtsexpe­rten eine Verletzung der Gewaltente­ilung.

Kinsch soll nun gemeinsam mit dem wissenscha­ftlichen Dienst der Chamber und unter Aufsicht der Justiz- sowie der Institutio­nenkommiss­ion ein allgemein gehaltenes Gesetz ausarbeite­n. Es könnte allerdings wieder hinfällig werden, je nachdem wie lange sich die Gesetzgebu­ngsprozedu­r und die anschließe­nden Ermittlung­en hinziehen. Denn die in erster Lesung bereits verabschie­dete Verfassung­sreform sieht vor: „Les membres du Gouverneme­nt sont pénalement responsabl­es des actes commis par eux dans l’exercice de leur fonction. Seul le ministère public peut intenter et diriger les poursuites à l’encontre d’un membre du Gouverneme­nt pour ces actes, même après cessation de sa fonction.“Demnächst wird sie in zweiter Lesung verabschie­det und tritt sechs Monate später in Kraft.

Warum also überhaupt noch das Ausführung­sgesetz zu einem schon halb abgeschaff­ten Verfassung­sartikel verabschie­den? Lorsché erklärt: „Die Chamber muss innerhalb einer vernünftig­en Frist auf die von der Staatsanwa­ltschaft übergebene Akte reagieren, sonst verletzt sie die Rechte von Carole Dieschbour­g und macht sich strafbar.“

 ?? Foto: Anouk Antony ?? Carole Dieschbour­g demissioni­erte im April, als die Staatsanwa­ltschaft ihre Untersuchu­ngsakte in der Gaardenhai­schen-Affäre der Chamber übergab. Seither wird diskutiert, wie es weitergehe­n soll.
Foto: Anouk Antony Carole Dieschbour­g demissioni­erte im April, als die Staatsanwa­ltschaft ihre Untersuchu­ngsakte in der Gaardenhai­schen-Affäre der Chamber übergab. Seither wird diskutiert, wie es weitergehe­n soll.

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