Seelsorge im Ausnahmezustand
Ahrweiler-Pfarrer schreibt Buch über die Flut 2021 und das Jahr danach
Bad Neuenahr-Ahrweiler. Im deutschen Rheinland-Pfalz trafen die verheerenden Unwetter vom 14. Juli 2021 insbesondere das Ahrtal; 134 Menschen starben dort, etwa 42 000 Menschen im Tal sind direkt betroffen. Jörg Meyrer hat über die Flut und die Zeit danach ein Buch geschrieben. Seit etwa 20 Jahren ist er Pfarrer von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Entstanden ist ein sehr persönliches und emotionales Buch – gegen das Vergessen und das Vergessen-Werden. Ein Werk, das dicht dran ist an den Menschen im Tal, das mitnimmt, berührt, zumutet.
Meyrer startet mit dem Vorabend der Flut und berichtet im ersten Teil weitgehend chronologisch von der Flutnacht und den Tagen danach. Wie er am Abend half, das Feuerwehrhaus zu räumen, Sandsäcke zu füllen, überlegte, die Kirche zu sichern und Stunden später nur mit Glück unverletzt hüfthoch durch die Ahr zurück ins Pfarrhaus watete, dort ohne Strom ruhelos die Nacht ausharrte.
Vorangestellt ist dem Teil der „Ahrpsalm“von Priester Stephan Wahl. Wahl lebt in Jerusalem, wuchs aber an der Ahr auf und findet in seinem Text Worte für die Fassungslosigkeit, die viele NichtBetroffene angesichts der Bilder, der Flut, die den Band unter anderem ergänzen.
Im zweiten Teil beschreibt Meyrer „Schritte zurück ins Leben“. Thema sind beispielsweise Zukunftsvorstellungen und -träume. Es geht um die Frage, wie man angesichts der Katastrophe noch beten kann, um Gedanken zu Würde, Müdigkeit und Verletzbarkeit; außerdem spricht er konkrete Herausforderungen an, etwa zum Umgang mit beschädigten Kirchengebäuden oder der Zukunft der Kirche. Das Buch lebt von persönlichen Eindrücken und Geschichten. Meyrer gibt der Grausamkeit der Flutkatastrophe Gesichter Wer das Buch liest, erhält einen Eindruck von den Grenzerfahrungen und der Ohnmacht; die die Menschen an der Ahr erlebten. Vom Schock, der sich einbrannte, „weil die Zerstörung einfach zu viel und zu schwer zu verstehen ist – und kaum zu verarbeiten für die Seele“. Und eine Ahnung, dass es noch lange dauern wird, die Wunden zu heilen. KNA