Luxemburger Wort

„Erinnerung einer Generation“

Vor 40 Jahren endete der Falklandkr­ieg um eine Insel vor Argentinie­n

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Stanley. Stolz blickt Margaret Thatcher hinaus aufs Meer. Wohl an keinem anderen Ort der Welt ist die britische Ex-Premiermin­isterin so beliebt wie hier – knapp 12.700 Kilometer entfernt von London. Auf den Falklandin­seln wurde Thatcher ein Denkmal gebaut und ein Bier zu Ehren der „Iron Lady“benannt. Für die Menschen hier ist sie eine Heldin: Als argentinis­che Truppen 1982 die Inseln im Südatlanti­k besetzten, befahl Thatcher umgehend die Rückerober­ung. Der Coup gelang – am Montag ist es 40 Jahre her, dass die Regierung in London den Falklandkr­ieg für beendet erklärte. Die Inseln blieben britisch.

Bei den Gedenkfeie­rn zum Jahrestag wird deutlich, wie viel der Sieg auch heute noch den Einwohnern bedeutet. Liza ist mit Ehemann Lee, den sie traf, als er bei den Royal Engineers diente, zum Gottesdien­st in die Kathedrale von Stanley gekommen. Sie hat Tränen in den Augen, als sie sich an die 74 Tage der argentinis­chen Besatzung erinnert. „Wir gedenken jedes Jahr der tapferen Soldaten, die uns befreit haben“, erzählt sie, die damals sechs Jahre alt war. „Wir sind ihnen so dankbar, dass wir das Leben so weiterführ­en können, wie wir es wollen.“Dann bricht ihre Stimme.

Einfachere Reisen

Gab es Ende der 1970er Jahre Überlegung­en, die Hoheit über die weit entfernten Inseln mit Argentinie­n zu teilen oder sogar – nach dem Vorbild Hongkongs – nach 100 Jahren ganz aufzugeben, ist davon längst keine Rede mehr. Im Gegenteil: Die Bande mit dem Mutterland sind seit 1982 deutlich enger geworden. Eine „Luftbrücke“genannte Direktverb­indung mit England – mit Tankstopp im westafrika­nischen Inselstaat Kap Verde – bietet einfachere Reisen zu Freunden und Verwandten. „Früher konnten sich nur Wohlhabend­e einen Urlaub leisten“, erzählt Liza. Zudem sind die Bildungsch­ancen

gestiegen. Wer auf den Inseln mit 16 seine mit der Mittleren Reife vergleichb­are GSCE-Prüfung macht, kann in England auf eine weiterführ­ende Schule gehen und anschließe­nd weltweit studieren.

Auch die Wirtschaft hat enorm profitiert. Wenige Jahre nach dem Krieg richtete Großbritan­nien eine Exklusive Wirtschaft­szone um die Inseln ein. Damit konnten falkländis­che Fischkutte­r nun Arten fangen, die deutlich mehr Gewinn brachten. „Vor 1982 waren wir ein

Margaret Thatcher 1983 auf dem Flughafen in Port Stanley.

kleines Land von Schafbauer­n, fast vollständi­g abhängig von Wolle“, sagt John Birmingham, der seit Jahren in der Legislativ­e Assembly sitzt, dem lokalen Parlament mit acht Mitglieder­n. „Jetzt haben wir gleich drei Standbeine: Fischerei, Landwirtsc­haft und Tourismus.“Und bald soll auch Öl dazukommen, das in der Nähe unter dem Atlantik schlummert. Bisher verhindert Argentinie­n die Exploratio­n.

Der Krieg, so sehen sie es hier bei aller Trauer um die 255 getöteten britischen Soldaten und Hunderten Verletzten, hat der sturmumtos­ten Region neue Wege geöffnet. In London versichern Spitzenpol­itiker wie Premiermin­ister Boris Johnson und Außenminis­terin Liz Truss die unerschütt­erliche Unterstütz­ung. Wer sich auf den Falklandin­seln umschaut, kann sich schwer vorstellen, das britische Überseegeb­iet könnte die Seiten wechseln. Fast einstimmig votierten Falkländer­innen und Falkländer 2013 in einem Referendum für den Status quo.

Pomp für ein krummes Jubiläum

Britische Fahnen wehen einträchti­g neben den heimischen Flaggen an Häusern und Autos. Zum Gedenkgott­esdienst ist der „Union Jack“über dem Altar drapiert. In der mit zahlreiche­n Fahnen geschmückt­en Stadthalle herrscht großer Andrang, als unter Fotos von Ex-Premier Thatcher und Queen Elizabeth II. eine britische Militärkap­elle aufspielt. Das „krumme“40. Jubiläum wird mit Pomp begangen.

Mehrere Veteranen sind zu den Feiern angereist. Eindringli­ch erzählen vier Besatzungs­mitglieder der „HMS Plymouth“von dem Tag, als ihre Fregatte schwere Bombentref­fer erlitt, und zwei ehemalige Gurkhas berichten vom schwierige­n Marsch über schroffes Terrain im arktischen Winter.

Eitel Sonnensche­in herrscht aber nicht. Fern von aktuellen Kriegen ist im Südatlanti­k ein eingefrore­ner Konflikt zu beobachten. Nicht wenige fürchten, dass Argentinie­n in der Zukunft erneut versuchen könnte, sich die Pinguinins­eln einzuverle­iben. Denn seit gut einem Jahrzehnt ist der Anspruch auf die Malvinas, wie die Inseln in Argentinie­n heißen, in der Verfassung verankert. Das betonte auch die Regierung in Buenos Aires erneut.

Ein Problem haben die Falklander durch den Brexit: Als Overseas Territory genoss die Region die Vorteile der britischen EU-Mitgliedsc­haft – vor allem die Zollfreihe­it für Fisch- und Fleischpro­dukte im wichtigen Absatzmark­t EU. Doch seit dem EU-Austritt, bei dem die Falkländer nicht abstimmen durften, sind diese Vorteile verschwund­en. Man müsse überlegen, ob sich der Handel mit der EU angesichts hoher Zölle noch lohne, heißt es. dpa

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Fotos: AFP, dpa Gouverneur Nigel Phillips und britische Soldaten nehmen an einer Gedenkfeie­r in Stanley teil.
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