Jungels stößt die Tür auf
Nominierung für die Tour de France ist in greifbarer Nähe – Im Peloton geht die Corona-Angst um
Bob Jungels knüpft bei der Tour de Suisse an seine Form aus früheren Tagen an: Am Schlusstag platziert sich der Ag2r-Profi beim Zeitfahren über 25,6 km in Vaduz (LIE) auf dem fünften Rang. Damit verbessert sich Jungels in der Abschlusswertung auf Platz sechs. Das könnte viel mehr als ein gutes Ergebnis sein.
Denn der 29-Jährige musste bei der Schweizrundfahrt punkten – und zwar für ein Ticket bei der Tour de France. Dies ist noch nicht gesichert, aber die Teamverantwortlichen werden es nun schwer haben, den Luxemburger nicht mit zu nehmen.
Der fünfte Platz im Zeitfahren ist das beste Ergebnis seit einem vierten Rang bei Paris-Nice vor zwei Jahren. „Ich hatte eine gute Woche und ich habe mich von Tag eins an gut gefühlt – auch wenn es sehr heiß war. Mein Niveau wurde im Verlauf der Woche immer besser“, so wird er von seinem Team zitiert.
Nach dem chronischen Eingriff an beiden Beinen im Sommer 2021 ist Jungels wieder auf dem Weg zur Bestform. Bei der Tour de Suisse erzielte er bereits 2015 den sechsten Platz in der Gesamtwertung – wie in diesem Jahr. Vor sieben Jahren nahm Jungels erstmals an der Tour de France teil und schloss als 27. ab.
Im restlichen Peloton geht vor dem Start der Tour de France am 1. Juli im dänischen Kopenhagen allerdings die Angst um: Die Corona-Sommerwelle
lässt die Branche zittern. Nach zahlreichen CoronaFällen mussten mehr als 40 Radprofis die Tour de Suisse in den letzten Tagen vorzeitig beenden. Die Teams sind aufgeschreckt, insbesondere in der Schweiz waren die Fahrer reihenweise positiv getestet worden. „Wir dachten eigentlich, dass wir all das hinter uns gelassen haben“, sagte Geraint Thomas, der Gewinner der Frankreich-Rundfahrt 2018. Der Waliser ist sportlich gerüstet, holte sich in der Schweiz erstmals den Gesamtsieg. Vier Teams verließen aber wegen der Fälle ganz das Rennen.
Auch beim amtierenden TourChampion geht die Angst um. Tadej Pogacar trägt wieder Maske: Ein Teamkollege wurde positiv getestet, ein weiterer sicherheitshalber aus dem Rennen genommen. Pogacar hat gestern seine HeimatRundfahrt in Slowenien gewonnen.
„Wir isolieren uns, so gut es geht“, sagte Pogacar und merkte an: „An den ersten zwei Tagen haben wir Autogramme geschrieben und Fotos mit den Leuten gemacht. Nun bleiben wir auf Abstand, denn wir wollen bei der Tour am Start stehen.“
Prudhomme zurückhaltend
Auch die Mannschaft von Pogacars Rivalen Primoz Roglic war bei der Tour de Suisse betroffen. Jumbo-Visma verließ nach CoronaFällen im Team als erstes das Rennen, weshalb nun zunächst kein Fahrer aus dem Schweiz-Aufgebot zu Roglic ins Trainingslager nach Tignes reisen wird.
Zum Abschluss erwischte es auch den dreimaligen Weltmeister Peter Sagan, für den es bereits der dritte positive Corona-Test in 18 Monaten war.
Alle Fahrer müssen vor dem Tour-Start einen verpflichtenden PCR-Test vorlegen, danach soll wie in den letzten beiden Jahren jeweils an den Ruhetagen getestet werden.
Tour-Direktor Christian Prudhomme kommentierte die Vorkommnisse in der Schweiz zurückhaltend. Man werde „das Protokoll und die Empfehlungen des Weltverbandes UCI respektieren“, sagte er der L'Equipe.
Grundsätzlich setzt das Protokoll auf bewährte Maßnahmen wie die Maskenpflicht und Abstandsregelungen. Im Falle eines bestätigten Falles trifft die UCI in Rücksprache mit Vertretern der Teams, der Fahrer, des Veranstalters, Ärzten und den nationalen Behörden „eine angemessene“Entscheidung. Im Zweifel lautet diese: Ausschluss aus dem Rennen.
Bei der Tour war das bislang nicht nötig. 2020 und 2021 funktionierte das Konzept der „Blase“, die Teams schotteten sich komplett ab, positive Fälle unter den Fahrern gab es nicht. Tadej Pogacar gewann in beiden Jahren. Auf dem Weg zum Hattrick im Gelben Trikot fahren die Corona-Sorgen wieder mit. dat/dpa/sid