Mittelalter und Neuzeit Hand in Hand
Osbourg-Haus in Grevenmacher vereint historisches Hospiz mit modernem Anbau
Grevenmacher. Nach sechs Jahren Planung- und Bauphase ist das Osbourg-Haus im Zentrum von Grevenmacher offiziell eingeweiht worden. Entstanden ist ein Gebäude, das von mittelalterlichen Bodenplatten bis Sichtbeton die Geschichte des Hauses abbildet und sie mit der Nutzung als Musikschule im Zentrum der Stadt vereint. Kernstück der Restaurierung mit moderner Erweiterung ist der verglaste Innenhof von 126 Quadratmetern Größe mit direktem Zugang zur Terrasse im Garten, der für Konzerte, öffentliche Veranstaltungen, aber auch für Hochzeiten genutzt werden kann.
Der Garten wurde ebenfalls erneuert, klassisch als vierteiliger Barockgarten. Die hohen Mauern um den Garten schaffen einen ruhigen, schattigen Ort für Besucher des Osbourg-Hauses sowie für Bürger und Besucher von Grevenmacher. Bürgermeister Léon Gloden unterstrich die Bedeutung der Musikschule im Zentrum Grevenmachers für den Handel und das Leben im Zentrum der Moselstadt.
Akustik und Architektur
Die Herausforderung im Innenhof – wie in vielen anderen Gebäudeteilen – war die Akustik. Die Lösung im Innenhof ist ein stilisierter Baum, der mit Filzblättern den Schall dämmt. Unter den Blättern verbergen sich Lampen und am Stamm wurde noch ein Tisch integriert. Die Alternative wäre eine Installation an der historischen Fassade gewesen. Das ist nur ein Beispiel für die Zusammenführung von Funktionalität und Denkmalschutz. Dem Architekten JeanClaude Welter war der Erhalt der historischen Bausubstanz in Kombination mit neuen Elementen wie dem Ausbau des Innenhofs anstelle eines Erweiterungsbaus im Garten ein Anliegen.
Die Renovierung war ein Prozess mit vielen Akteuren. Neben Architekten, Statikern und Handwerkern waren noch der Service archéologique, die Denkmalschutzbehörde INPA, der CGDIS und andere beteiligt. Am Anfang standen Analysen des historischen Gebäudes, die in Zusammenarbeit mit dem Institut national pour le patrimoine national (INPA) unternommen wurden.
Die Bestandsaufnahme ergab, dass einige der alten Holzbalken instand gesetzt werden mussten. Unter den Lagen an alten Farbschichten auf den Wänden fand man historische Wandmalereien, die aufwendig restauriert wurden. Im Flur wurden die historischen Fliesen erhalten sowie einige Steinbodenplatten im Eingang, die noch aus dem Mittelalter stammen. In der ehemaligen Küche will man mit den alten Farbschichten zeigen, wie hier früher gelebt wurde. Der Barockstuck im Saal nebenan wurde von Farbschichten befreit und fein überarbeitet. Hier ist keine akustische Decke eingezogen worden.
Bei den akustischen Decken, die auch in den historischen Räumen hängen müssen, wurde darauf geachtet, dass sie auch wieder zurückgebaut werden können. In anderen Räumen hat sich die Akustikdecke in der Gestaltung an den Charakter des Raumes anpasst. Ziel war, dass die Schüler ein Gefühl dafür bekommen, dass sie in einem historischen Gebäude sind.
Osbourg-Haus im Wandel der Zeit
1418 hat der Ritter Peter von Osburg das Haus und den Garten der Stadt Grevenmacher geschenkt, mit der Auflage, darin ein Zivilhospiz zu errichten. Im Eingang wurden die original erhaltenen mittelalterlichen Bodenfliesen gefunden, die auch im Hôtel-Dieu in Beaune verlegt wurden, das 25 Jahre nach dem Osbourg-Haus gegründet wurde.
Später war das Osbourg-Haus eine Gendarmerie, eine Schule, ein Kulturhaus, eine Bibliothek und seit 1990 schließlich eine Musikschule. In den Sommerferien 2015 stürzte eine Decke ein, zum Glück wurde niemand verletzt. Die Musikschule zog in Container um und eine Renovierung des OsbourgHauses wurde zwingend notwendig.
2017 unterzeichneten die Hospizverwaltung und die Stadt Grevenmacher einen Erbpachtvertrag, damit die Stadt das Gebäude für rund fünf Millionen Euro renovieren konnte. Von Mai 2018 bis Mai 2022 dauerten die Bauarbeiten.
Der Gemeinderat hat einem Kredit über weitere 1,8 Millionen Euro für die Renovierung zugestimmt. Vom Bildungsministerium kamen circa 1,7 Millionen Euro an Förderung und das INPA beteiligte sich mit 486 000 Euro an den Kosten.
Die Einweihung wurde musikalisch begleitet mit Musik von Schostakowitsch bis Rammstein von jungen bis gestandenen Interpreten. Ben Hirt spielte Teile aus Liszts „Widmung“auf dem neuen Flügel. „Ich bin schon froh, dass wir jetzt in dem neuen Gebäude sind“, sagt er. „Es macht schon einen großen Unterschied nicht nur vom Gebäude, sondern auch von den Instrumenten her. Ich spiele jetzt auf einem Flügel und früher habe ich auf einem normalen Piano gespielt. Ich komme jetzt viel lieber zur Musikschule. Ich freue mich auf die Instrumente und auf die Atmosphäre. Mir gefällt es da.“Heute bietet die Musikschule Platz für bis zu 980 Unterrichtstunden für etwa 500 Musikschüler. Romain Asselborn, Direktor der Regionalen Musikschule Grevenmacher, unterstrich die Bedeutung der neuen musikalischen Infrastruktur neben dem kostenfreien Musikunterricht als Faktor, um den ihn viele ausländische Kollegen beneiden.