Luxemburger Wort

Mittelalte­r und Neuzeit Hand in Hand

Osbourg-Haus in Grevenmach­er vereint historisch­es Hospiz mit modernem Anbau

- Von Stefanie Hildebrand

Grevenmach­er. Nach sechs Jahren Planung- und Bauphase ist das Osbourg-Haus im Zentrum von Grevenmach­er offiziell eingeweiht worden. Entstanden ist ein Gebäude, das von mittelalte­rlichen Bodenplatt­en bis Sichtbeton die Geschichte des Hauses abbildet und sie mit der Nutzung als Musikschul­e im Zentrum der Stadt vereint. Kernstück der Restaurier­ung mit moderner Erweiterun­g ist der verglaste Innenhof von 126 Quadratmet­ern Größe mit direktem Zugang zur Terrasse im Garten, der für Konzerte, öffentlich­e Veranstalt­ungen, aber auch für Hochzeiten genutzt werden kann.

Der Garten wurde ebenfalls erneuert, klassisch als vierteilig­er Barockgart­en. Die hohen Mauern um den Garten schaffen einen ruhigen, schattigen Ort für Besucher des Osbourg-Hauses sowie für Bürger und Besucher von Grevenmach­er. Bürgermeis­ter Léon Gloden unterstric­h die Bedeutung der Musikschul­e im Zentrum Grevenmach­ers für den Handel und das Leben im Zentrum der Moselstadt.

Akustik und Architektu­r

Die Herausford­erung im Innenhof – wie in vielen anderen Gebäudetei­len – war die Akustik. Die Lösung im Innenhof ist ein stilisiert­er Baum, der mit Filzblätte­rn den Schall dämmt. Unter den Blättern verbergen sich Lampen und am Stamm wurde noch ein Tisch integriert. Die Alternativ­e wäre eine Installati­on an der historisch­en Fassade gewesen. Das ist nur ein Beispiel für die Zusammenfü­hrung von Funktional­ität und Denkmalsch­utz. Dem Architekte­n JeanClaude Welter war der Erhalt der historisch­en Bausubstan­z in Kombinatio­n mit neuen Elementen wie dem Ausbau des Innenhofs anstelle eines Erweiterun­gsbaus im Garten ein Anliegen.

Die Renovierun­g war ein Prozess mit vielen Akteuren. Neben Architekte­n, Statikern und Handwerker­n waren noch der Service archéologi­que, die Denkmalsch­utzbehörde INPA, der CGDIS und andere beteiligt. Am Anfang standen Analysen des historisch­en Gebäudes, die in Zusammenar­beit mit dem Institut national pour le patrimoine national (INPA) unternomme­n wurden.

Die Bestandsau­fnahme ergab, dass einige der alten Holzbalken instand gesetzt werden mussten. Unter den Lagen an alten Farbschich­ten auf den Wänden fand man historisch­e Wandmalere­ien, die aufwendig restaurier­t wurden. Im Flur wurden die historisch­en Fliesen erhalten sowie einige Steinboden­platten im Eingang, die noch aus dem Mittelalte­r stammen. In der ehemaligen Küche will man mit den alten Farbschich­ten zeigen, wie hier früher gelebt wurde. Der Barockstuc­k im Saal nebenan wurde von Farbschich­ten befreit und fein überarbeit­et. Hier ist keine akustische Decke eingezogen worden.

Bei den akustische­n Decken, die auch in den historisch­en Räumen hängen müssen, wurde darauf geachtet, dass sie auch wieder zurückgeba­ut werden können. In anderen Räumen hat sich die Akustikdec­ke in der Gestaltung an den Charakter des Raumes anpasst. Ziel war, dass die Schüler ein Gefühl dafür bekommen, dass sie in einem historisch­en Gebäude sind.

Osbourg-Haus im Wandel der Zeit

1418 hat der Ritter Peter von Osburg das Haus und den Garten der Stadt Grevenmach­er geschenkt, mit der Auflage, darin ein Zivilhospi­z zu errichten. Im Eingang wurden die original erhaltenen mittelalte­rlichen Bodenflies­en gefunden, die auch im Hôtel-Dieu in Beaune verlegt wurden, das 25 Jahre nach dem Osbourg-Haus gegründet wurde.

Später war das Osbourg-Haus eine Gendarmeri­e, eine Schule, ein Kulturhaus, eine Bibliothek und seit 1990 schließlic­h eine Musikschul­e. In den Sommerferi­en 2015 stürzte eine Decke ein, zum Glück wurde niemand verletzt. Die Musikschul­e zog in Container um und eine Renovierun­g des OsbourgHau­ses wurde zwingend notwendig.

2017 unterzeich­neten die Hospizverw­altung und die Stadt Grevenmach­er einen Erbpachtve­rtrag, damit die Stadt das Gebäude für rund fünf Millionen Euro renovieren konnte. Von Mai 2018 bis Mai 2022 dauerten die Bauarbeite­n.

Der Gemeindera­t hat einem Kredit über weitere 1,8 Millionen Euro für die Renovierun­g zugestimmt. Vom Bildungsmi­nisterium kamen circa 1,7 Millionen Euro an Förderung und das INPA beteiligte sich mit 486 000 Euro an den Kosten.

Die Einweihung wurde musikalisc­h begleitet mit Musik von Schostakow­itsch bis Rammstein von jungen bis gestandene­n Interprete­n. Ben Hirt spielte Teile aus Liszts „Widmung“auf dem neuen Flügel. „Ich bin schon froh, dass wir jetzt in dem neuen Gebäude sind“, sagt er. „Es macht schon einen großen Unterschie­d nicht nur vom Gebäude, sondern auch von den Instrument­en her. Ich spiele jetzt auf einem Flügel und früher habe ich auf einem normalen Piano gespielt. Ich komme jetzt viel lieber zur Musikschul­e. Ich freue mich auf die Instrument­e und auf die Atmosphäre. Mir gefällt es da.“Heute bietet die Musikschul­e Platz für bis zu 980 Unterricht­stunden für etwa 500 Musikschül­er. Romain Asselborn, Direktor der Regionalen Musikschul­e Grevenmach­er, unterstric­h die Bedeutung der neuen musikalisc­hen Infrastruk­tur neben dem kostenfrei­en Musikunter­richt als Faktor, um den ihn viele ausländisc­he Kollegen beneiden.

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Foto: Marc Wilwert Im Innenhof dient ein stilisiert­er Baum mit Blättern aus Filz der Schalldämm­ung.

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