Mit dem QR-Code in die Vergangenheit
Dokumentationszentrum CDMH stellt App zur Erkundung des Düdelinger Quartiers Italien vor
Düdelingen. Es ist das vielleicht namhafteste Viertel der Stadt Düdelingen und auch weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt: das „Quartier Italien“im Südwesten Düdelingens. Eng verbunden mit der Stahlindustrie und dem nur unweit entfernten Arbed-Werk wird das Viertel bis heute von seiner Migrationsgeschichte geprägt. Waren es Ende des 19. Jahrhunderts zunächst italienische Einwanderer, die sich im Viertel niederließen und diesem auch seinen Namen verliehen, zogen ab den 1970er-Jahren und der beginnenden Stahlkrise vor allem Migranten aus Portugal in den Stadtteil.
Um die Geschichte des „Quartier Italien“auf eine ganz neue Weise erlebbar zu machen, stellt das in Düdelingen ansässige Centre de documentation sur les migrations humaines (CDMH) nun eine neue Smartphone-App zur Verfügung, welche es ermöglicht, sich auf eine audiovisuelle Reise durch die Vergangenheit des Viertels zu begeben.
Digitale Reise in die Vergangenheit
Hierzu wurden an mehreren Standorten im gesamten Stadtteil Hinweisschilder angebracht, auf denen QR-Codes abgebildet sind. Werden diese mit dem Smartphone gescannt, gelangen die Nutzer auf die eigens eingerichtete Internetseite movinglusitalia.org.
Dort lassen sich die insgesamt neun Standorte einsehen, an denen sich die QR-Codes befinden. Auch, und das ist das eigentliche Herzstück des Angebots, können die Audiodateien von zahlreichen Interviews dort abgespielt werden. Diese Gespräche wurden sowohl mit aktuellen als auch mit ehemaligen Bewohnern des Quartiers geführt.
111 Minuten Audiomaterial
Um genügend Interview-Partner zur Realisierung des Projektes zu finden, wurde zunächst ein Aufruf zur Teilnahme gestartet, damit Bewohner ihre Erinnerungen und Lebensgeschichten
teilen und übermitteln konnten. Durch das Schneeballsystem konnten weitere Menschen für Gespräche gewonnen werden, bedeutet also, dass sich das Projekt unter den aktuellen und ehemaligen Anwohnern herumgesprochen hat und sich so weitere Menschen für die Teilnahme an den Interviews finden ließen.
Herausgekommen sind dabei nicht weniger als 60 Interviews, die in den vergangenen zwei Jahren geführt und für die Zuhörer aufbereitet wurden, wie die Verantwortlichen des Projekts rund um die Soziologin Heidi Rodrigues Martins bei der Präsentation erklärten.
Entstanden sind rund 111 Minuten Audiomaterial, die über die App gehört werden können und eine authentische Reise in die Vergangenheit des Stadtviertels ermöglichen.
Im ganzen Viertel können die QRCodes auf den Schildern mit dem Smartphone gescannt werden. Durch Hintergrundgeräusche wie Fabriklaute sowie durch in der App integrierte Schwarzweiß-Fotos wird das Erlebnis für die Nutzer nochmals näher an die damalige Realität geführt.
Funktion noch in der Testphase
Das gesamte Audiomaterial ist dabei in unterschiedliche Themenblöcke eingeteilt. Dazu zählen Geschichten rund um das Werk der Arbed ebenso wie zum Bahnhof „Gare Usines“. Auch Interviews mit ehemaligen Bergleuten, die von ihrem Arbeitsalltag in den Minen erzählen, können gehört werden. Andere Gespräche drehen sich um Themen wie die Schule im Stadtteil, den lokalen Fußballplatz oder das angrenzende Naturreservat „Haard“. Der Großteil der Gespräche ist auf Französisch, jedoch sind auch einzelne Interviews auf Italienisch oder Portugiesisch geführt worden.
Noch befindet sich die App in der Testphase, sie kann jedoch bereits genutzt werden. Im Oktober soll dann die endgültige Version bereitstehen.
Interaktive Ausstellung
Entstanden ist die SmartphoneFunktion im Rahmen des Projektes „Moving Lusitalia“, das sich mit der Zuwanderungsgeschichte des „Quartier Italien“beschäftigt und im Zuge des Kulturjahres Esch 2022 ins Leben gerufen wurde. Zum Projekt gehört auch eine interaktive Ausstellung im Innenbereich des Bahnhofsgebäudes der Düdelinger „Gare Usines“, in der das CDMH seinen Sitz hat. Die Exposition kann noch bis Mitte Dezember besichtigt werden.