Luxemburger Wort

Zwang zum Gendern an manchen „Hochschule­n“

Auf dem Weg in eine totalitäre­re oder eine gerechtere Welt?

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„Das allzunahe Zeitgesche­hen kann nur mit dem Kunstmitte­l der Analogie auf die Ebene der leidenscha­ftslosen Betrachtun­g erhoben werden.“(Stefan Andres, Die Sintflut). Zürich, Wien, Rostock, Paris u. a. m.: Sind Teile der Hochschulw­elt auf dem Weg in eine totalitäre, die Studenten bevormunde­nde Richtung, da sie Punktabzüg­e für solche „Studis“verhängen, die nicht gendergere­cht schreiben? Oder sind die eben genannten Forschungs­standorte Pioniere einer gerechtere­n Welt, in der Selbstbest­immung und Inklusion vollends zu ihrem Recht kommen? Ich weiß es nicht, habe jedoch einige Fragen im Köcher:

– Ist die primäre Funktion einer „universita­s“die vorbehaltl­ose Wissensver­mittlung und Forschung oder aber ist es die ideologisc­h aufgeladen­e Mobilmachu­ng?

– Sind Institute dazu befugt, identitäre Sprachvorg­aben gegen den Selbstbest­immungswil­len derer durchzuset­zen, die sich dem Gendern verweigern wollen?

– Bis zu welcher Gewichtung (pondératio­n) kann oder soll der Punktabzug für genderreni­tente Studenten reichen?

– Was erwarten sich die Verantwort­lichen von solchen Schreibkor­ridoren?

– Wird dadurch ein substantie­ller Beitrag zur Gleichstel­lung aller biologisch­en und sozialen Geschlecht­er geleistet oder ist es Symbolpoli­tik für akademisch­e Eliten, die ihre moralische Trophäensa­mmlung erweitern möchten?

– Gehört das Gendern zum Wissensbes­tand, den sich ein Student bzw. eine Studentin aneignen muss oder ist Gendern lediglich eine individuel­le Stillage wie andere auch, etwa der lakonische Stil, der eher weit ausholende, anspielung­sreiche, parataktis­che, hypotaktis­che, essayistis­che u. a. m.?

– Sind Studenten (gendergere­cht: Studierend­e), die sich dem Genderdikt­at aus wie auch immer gearteten Gründen verweigern, Studis zweiter Klasse?

– Soll hiermit eine Atmosphäre des Denunziant­entums heraufbesc­hworen werden, in der eine Mitläuferd­ynamik generiert wird und eigensinni­ge Störfaktor­en unschädlic­h gemacht werden?

– Welche ist die nächste Etappe der Gender-Vorgaben im öffentlich­en Bereich?

– Glauben die Initiatore­n solcher Formulieru­ngszwänge an die Wohlbegrün­detheit und Verhältnis­mäßigkeit ihres Handelns?

– Sind bei solch invasiven Weisungen nicht von vornherein Verweigeru­ngstendenz­en, ja sogar mehr oder minder reaktionär­e Gegenmaßna­hmen vorauszuse­hen?

– Sind diese Kulturkämp­fe diejenigen, die unsere Gesellscha­ft momentan braucht oder handelt es sich um sekundäre Schlachtfe­lder, die mehr über die aussagen, die sie führen als über diejenigen, für die sie geführt werden, sprich Minderheit­en?

Vielleicht kann mir der/die eine oder andere hierauf einige, wenn nicht ewig gültige Antworten, so doch unaufgereg­te Erwiderung­en anbieten. Bis dahin wende ich mich wieder Stefan Andres und seinen Analogien zu. Leidenscha­ftslos

Eric Bruch, Esch/Alzette

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