Erdbeben erschüttert Afghanistan
Mindestens 1 000 Todesopfer zu beklagen – Regen und Gelände erschweren die Bergungsarbeiten
Kabul. Nach dem verheerenden Erdbeben in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion erschwert Regen die Rettungsarbeiten. Mindestens 1 000 Tote und 1 500 Verletzte beklagen die Behörden. Mit Händen graben sich Helfer weiter vor und versorgen Überlebende mit Essen und Kleidung. Zudem werden Massengräber ausgehoben. Das gewaltige Beben schreckte zahlreiche Bewohner am frühen Mittwochmorgen auf.
Einen solchen Horror habe er noch nie erlebt, sagt Chalid Sadran, Polizeisprecher der amtierenden Taliban-Regierung. „Obwohl wir unser Leben mit Bombenexplosionen verbracht haben.“
„Viele Leichen sind noch nicht geborgen worden. Einige befinden sich in den Häusern und einige unter den Trümmern“, sagte ein Bewohner der betroffenen Gebiete im Osten des Landes dem TVSender Tolonews. „Wir brauchen Kräne, sie sollen unsere Häuser aufbauen, und sie sollen uns Zelte bringen. Wir haben die Nacht draußen in den Bergen verbracht“, klagte der Mann.
„Das Erdbeben in Afghanistan erschüttert ein Land, in dem rund 20 Millionen Menschen nicht mehr wissen, wie sie sich ernähren sollen“, sagt der WelthungerhilfeLandesdirektor in Kabul, Thomas ten Boer. „Die lokalen Behörden haben bereits signalisiert, dass Hilfe von außen willkommen sei. Das zeigt, dass aus eigener Kraft die Katastrophe, deren Ausmaß noch nicht genau bekannt ist, kaum zu bewältigen ist“, so ten Boer.
Die Taliban-Führung sprach den Opfern ihr Mitgefühl und Beileid aus. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros wurden 1 800 Häuser in den betroffenen Provinzen zerstört. Afghanische Medien berichten, ein Dorf sei komplett zerstört worden. Die Bauweise in der armen und wirtschaftlich schwachen Region ist aus Kostengründen nicht erdbebensicher, viele Familien leben dicht zusammen. Erschwert werden die Rettungsarbeiten durch den Zugang zur abgelegenen Bergregion. Die militant-islamistischen Taliban, die seit August 2021 wieder in Afghanistan herrschen, riefen eine Notsitzung des Kabinetts zusammen. Mehrere Hubschrauber wurden in die Unglücksregion geschickt, um den Menschen vor Ort zu helfen. Ein Regierungssprecher rief Hilfsorganisationen im In- und Ausland zur Unterstützung auf. Caritas Luxemburg stellt 10 000 Euro Soforthilfe bereit und ruft zu Spenden auf unter CCPL LU34 1111 0000 2020 0000 mit dem Vermerk „Urgence internationale“. UN-Generalsekretär António Guterres sprach den Opfern sein Beileid aus.
Die US-Erdbebenwarte vermeldete für das Beben die Stärke 5,9 sowie ein etwas schwächeres Nachbeben. Demnach befand sich das Zentrum des Bebens rund 50 Kilometer südwestlich der Stadt Chost nahe der Grenze zu Pakistan in rund zehn Kilometern Tiefe. Pakistanische Behörden hatten das Beben mit einer Stärke von 6,1 registriert. dpa