Luxemburger Wort

Ein Nickerchen beim Musikkonze­rt

-

Es gibt Leute, die können überall schlafen. Auf einem Stuhl, am Boden oder auf einer verrostete­n Platte: Bei jeder Gelegenhei­t können sie sich entspannen und ein Nickerchen machen. Ich hingegen habe große Probleme damit. Immer wieder bewundere ich Menschen, die im öffentlich­en Verkehr morgens oder abends dösen. Für Begeisteru­ng sorgen bei mir die Passagiere, die nach dem mehrtägige­n Reisen in Nachtzügen richtig frisch aussehen. Das wackelige, quietschen­de Bett in einem Schlafabte­il, sei gegrüßt! Alleine der Gedanke, eine Nacht auf Schienen zu verbringen und nicht meine Lieblingsm­atratze von zu Hause für meinen von Schmerzen geplagten

Mein Geduldsfad­en riss, als der Mann zu schnarchen anfing.

Rücken zu haben, bringt mich in Bedrängnis. Die ganze Nacht wälze ich mich dann im Bett im Schlafwage­n und kann die Augen kaum zumachen. Am nächsten Morgen rächt es sich natürlich. Neulich war ich überrascht, als ich bei dem Konzert eines renommiert­en Pianisten in der Philharmon­ie neben einem Mann saß, der die ganze Zeit geschlafen hat. „Das kann man doch nicht machen! Wie respektlos gegenüber dem Künstler!“, dachte ich mir. Mein Geduldsfad­en riss, als der Mann nebenan zu schnarchen anfing. Kaum konnte ich mich davon abhalten, den angebliche­n Fan der klassische­n Musik an der Schulter zu rütteln. Zum Glück erklangen dann die letzten Musiktöne und es gab eine Pause. Danach wechselte ich meinen Platz. Ob der Musiker etwas vom Schlaf des Konzertbes­uchers mitbekomme­n hat – wir saßen in der ersten Reihe -, ist mir nicht bekannt. Offenbar gibt es aber viele solcher Kulturschl­äfer, wie der Blick in die Sozialen Medien verrät. Manche schämen sich dafür, manche finden es aber gut so. Irina

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg