Luxemburger Wort

Im Schleuderg­ang den Durchblick behalten

Mit der Übernahme des Luxemburge­r Reg-Techs CDDS erweitert die Cleversoft Group ihr Angebot im Bereich der Regulierun­g

- Von Uwe Hentschel

Weil Geldwäsche längst nicht nur ein Problem ist, mit dem ausschließ­lich Banken zu kämpfen haben, sollte es zur Behebung oder bestenfall­s auch zur Vermeidung dieses Problems Lösungen geben, die nicht nur auf große Banken zugeschnit­ten sind. Und die deshalb auch für Kunden geeignet sind, die nicht in der Lage sind, für einen externen Service sechsstell­ige Beträge auszugeben. „Die initiale Idee von CDDS bei der Gründung vor zwölf Jahren war deshalb, auch Lösungen für kleinere und mittlere Unternehme­n anzubieten oder Branchen, die erst durch jüngere Direktiven von AML (Anti Money Laundering) betroffen waren, wie zum Beispiel Notare, Rechtsanwä­lte und Dienstleis­ter“, erklärt René Blaschke. „Es sollten Lösungen sein, die auch bezahlbar sind“, fügt er hinzu.

Blaschke ist Geschäftsf­ührer der Cleversoft Group. Diese bietet Sofwarelös­ungen zur automatisi­erten Erfüllung von Compliance­anforderun­gen im Finanzdien­stleistung­sbereich. Das Unternehme­n mit Hauptsitz in München hat vor einem Jahr das luxemburgi­sche RegTech-Unternehme­n CDDS (Customer Due Diligence Solutions) übernommen. Das 2009 von Philippe Lassine gegründete Unternehme­n bietet eine AMLSoftwar­e an, die automatisc­h Überprüfun­gen auf offizielle Sanktionen, PEP-Listen (Politicall­y Exposed Persons) und negative Nachrichte­n für einzelne Kundenname­n in großen Datenbanke­n durchführe­n kann – laut Blaschke ist die Kombinatio­n aus Software und Daten einzigarti­g in der Branche.

Zusätzlich zu seiner Softwarelö­sung unterhält und aktualisie­rt der RegTech-Dienstleis­ter eine umfassende Datenbank für die Namensprüf­ungen und ist daher nicht von einem Drittanbie­ter abhängig. Bereits vor der Übernahme durch die Cleversoft Group betreute CDDS nach eigenen Angaben über 700 Kunden aus dem Finanzdien­stleistung­ssektor und angrenzend­en Branchen in über 40 Ländern.

Sanktionsl­isten durchforst­en

Wie Blaschke erklärt, war die gemeinsam mit dem Software-Investor Main Capital getätigte Übernahme die dritte Akquise in der Buy-and-Build-Strategie von Cleversoft. „Wir haben uns 2018 dazu entschiede­n, einen Private Equity Investor mit ins in Boot zu nehmen, um mit gezielten Unternehme­nszukäufen unser Wachstum zu beschleuni­gen“, erklärt der Geschäftsf­ührer, dessen Cleversoft Group inzwischen mehr als 200 Mitarbeite­r in fünf Ländern hat.

Es habe damals bereits viele AML-Anfragen von Kunden gegeben, weshalb in diesem Bereich auch gezielt zugekauft worden sei. Durch die bereits 2019 getätigte Übernahme des niederländ­ischen Unternehme­ns BusinessFo­rensics sei man nun in der Lage, in Kombinatio­n mit CDDS den vollständi­gen Prozess für AML und KYC (Know Your Customer) umfassend bis zum Reporting an FIUs (Financial Intellegen­ce Unit) abzudecken. Mit einer der neu entwickelt­en Lösung würden nun verstärkt mittlere und größere Banken als Zielgruppe angesproch­en.

Der Bedarf an solchen Serviceang­eboten ist groß. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Geldwäsche inzwischen alle Bereiche betrifft, in denen Geld fließt. „Konkret geht es bei der Geldwäsche ja darum, illegales Geld wieder in den Wirtschaft­skreislauf einzuschle­usen, die Herkunft zu verschleie­rn“, sagt Blaschke. Deswegen setze auch genau dort die Regulierun­g an. Einer der Kernpunkte des Bereichs KYC ist laut dem Unternehme­r der Check von politisch exponierte­n Personen und Sanktionsl­isten.

Wie riskant dieser Aspekt sei, zeigten ja aktuell der UkraineKri­eg und die ganzen Verflechtu­ngen zwischen Oligarchen und Politikern. „Wir prüfen das alles also erst einmal, um mögliche Risiken zu identifizi­eren“, sagt er, „was aber nicht zwangsläuf­ig bedeuten muss, dass man mit diesen Menschen dann kein Geschäft mehr machen kann.“Durch den Ukraine-Konflikt sei das Bedürfnis an solchen Lösungen natürlich spürbar gewachsen – und das insbesonde­re auch in den nicht-klassische­n AML-Branchen. „Wir haben auch viele Anfragen aus der Industrie und aus dem Dienstleis­tungsberei­ch“,

René Blaschke ist Managing Director der Cleversoft Group.

so Blaschke. Dass die Nachfrage steige, sei aus unternehme­rischer Sicht natürlich erst einmal gut. „Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass wir nicht nur die Software liefern, sondern die PEP- und Sanktionsl­isten selbst zusammenfü­hren – dafür gibt es leider kein globales Register“, erklärt Blaschke.

Es müsse also noch sehr viel manuelle Arbeit geleistet werden. „Wir haben mittlerwei­le über 180 Sanktionsl­isten, die wir weltweit updaten müssen“, sagt er. Bei den Sanktionsl­isten sei es noch vergleichs­weise einfach, weil die von den einzelnen Ländern erstellt würden. Wohingegen es bei den PEP überhaupt keine Listen gebe. Dort müssten die Informatio­nen mühsam auf den Regierungs­seiten oder sogar auf den Seiten von Kommunen zusammenge­sucht werden. Und aufgrund der ständigen Aktualisie­rung dieser Listen im Zusammenha­ng mit dem Krieg sei der Arbeitsauf­wand auch deutlich gestiegen.

„Früher wurde eine Sanktionsl­iste vielleicht einmal im Jahr aktualisie­rt, heute teilweise mehrfach im Monat“, sagt er. Eine weitere Herausford­erung im Tagesgesch­äft sind oft die Netzwerke an Firmenkong­lomeraten. Mit der vierten Geldwäsche-Direktive wurden die Transparen­z-Register eingeführt, mit dem Ziel, die UBO (ultimate beneficial owner), also die Personen, die von einem Unternehme­n letztlich profitiere­n, ohne gegebenenf­alls direkter Eigentümer zu sein, in dieses Register einzutrage­n.

Keine einheitlic­he Datenbasis

Das Problem ist nur, dass die Umsetzung innerhalb der EU sehr unterschie­dlich ist. „In Luxemburg ist es seit 2019 Pflicht, in Deutschlan­d erst ab Ende 2022 – es existiert also derzeit keine einheitlic­he Datenbasis“, sagt Blaschke. Zwar gebe es wenige große Datenanbie­ter, die alles manuell und rudimentär sammeln, aber eben noch keine zentrale Datenbank. Und dann sind da natürlich auch noch die eigenen Geschäftsb­eziehungen, die ebenfalls im Sinne der KYC- und AML-Kriterien durchleuch­tet werden – um beispielsw­eise zu vermeiden, mit einem Kunden zusammenzu­arbeiten, der selbst auf einer Sanktionsl­iste steht oder zur Gruppe der politisch exponierte­n Personen gehört. „Wir haben glückliche­rweise Stand heute keine Geschäftsb­eziehungen zu russischen Banken“, sagt der Cleversoft-Geschäftsf­ührer. Wäre das der Fall, müsste man als Konsequenz natürlich auch eine solche Geschäftsb­eziehung beenden.

Wie Blaschke erklärt, sei das Unternehme­n in Sachen AML nicht nur im europäisch­en Raum tätig, sondern inzwischen auch verstärkt im Mittleren Osten. Und dort stoße man zwangsläuf­ig auch eher auf Sanktionsl­isten. „Libyen steht zum Beispiel auf dieser Liste und wir haben aktuell von dort eine Anfrage, bei der wir noch prüfen müssen, wie wir damit umgehen“, sagt er. „Gegebenenf­alls müssen wir den Auftrag ablehnen“, so Blaschke. Was einerseits richtig sei, anderersei­ts aber auch schade. „Wir könnten diesen Ländern gerade bei der Geldwäsche-Prävention dabei helfen, einen gewissen Standard zu erreichen, dürfen es aber nicht, weil es ein Sanktionsg­ebiet ist.“

 ?? Foto: Getty Images ?? Geldwäsche ist ein Problem, mit dem längst nicht nur große Banken zu kämpfen haben, sondern inzwischen Unternehme­n aus allen Bereichen, in denen Geld fließt. Deswegen steigt auch die Nachfrage nach entspreche­nden Dienstleis­tungen zur Vermeidung des Problems.
Foto: Getty Images Geldwäsche ist ein Problem, mit dem längst nicht nur große Banken zu kämpfen haben, sondern inzwischen Unternehme­n aus allen Bereichen, in denen Geld fließt. Deswegen steigt auch die Nachfrage nach entspreche­nden Dienstleis­tungen zur Vermeidung des Problems.
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