Luxemburger Wort

Mit lachenden Augen weinen

- Von Florian Javel

Was von Justiz- und Außenminis­terium in Beziehung auf die finanziell­en Strapazen der Vereinigun­g Passerell betrieben wird, gleicht einer Desinforma­tionskampa­gne, um der Glaubwürdi­gkeit der Vereinigun­g als notwendige­r Akteur des Immigratio­nsbereiche­s zu schaden: Während das Justizmini­sterium seine Zuständigk­eit in dem Dossier abschreibt, bezieht sich das Außenminis­terium auf die „assistance juridique“, um Passerell ihr Existenzre­cht abzusprech­en.

Wer benötigt eine Rechtsbera­tung zu seinem Asylstatus, wenn der Staat bereits dafür zahlt? Dass sich Asylbewerb­er an Passerell wenden, weil das ONA oder die „assistance juridique“keine Antworten auf ihre Fragen finden, wird dabei völlig übersehen. Den Ministerie­n ist Passerell ein Dorn im Auge, denn durch seine bloße Existenz füllt diese eine Lücke, die der gastfreund­lichen Selbstinsz­enierung der Luxemburge­r Immigratio­nspolitik zu widersprec­hen scheint. Die Realität von Asylbewerb­ern, die Passerell nämlich in ihren Interventi­onen meist zeichnet, ist für das weltoffene Luxemburge­r Saubermann­Image wenig schmeichel­haft: Personen mit internatio­nalem

Schutz, die im Durchschni­tt fast 600 Tage in den eigentlich temporären Aufnahmest­rukturen des ONA unter fragwürdig­en Bedingunge­n und ohne Aussicht auf eine leistbare Wohnung verweilen, wird der Zugang zu Arbeitsmar­kt und Integratio­nsmaßnahme­n verwehrt.

Dass Ende 2020 Passerell eine Rechtsbesc­hwerde beim Verwaltung­sgericht einreichte, um auf die Missstände der diskrimini­erenden Praktiken der Direction de l'Immigratio­n aufmerksam zu machen, durch welche der Zugang zur Asylprozed­ur für Geflüchtet­e eingeschrä­nkt wurde, dürfte den Ministerie­n nicht unbekannt sein. Das Schicksal Passerells wird von Justiz- und Außenminis­terium zwar beweint – aber mit lachenden Augen.

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