Luxemburger Wort

Rom und sein Untergang

Ausstellun­g in Trier zeigt, wie ein Weltreich zusammenbr­icht

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Trier. Ganz in rot leuchtet im Landesmuse­um der Ausstellun­gsraum zur Plünderung Roms im Jahr 410 nach Christus. Von einem „Meilenstei­n im Untergang“spricht Museumsdir­ektor Marcus Reuter, dessen Haus zusammen mit dem Dommuseum und dem Simeonssti­ft an drei Standorten in Trier ab heute eine große Landesauss­tellung zum „Untergang des Römischen Reiches“zeigt. Wer den Raum betritt, hört es knistern und durchschre­itet einen Vorhang, auf dem Schatten eines Feuers lodern. Dazu zeigt das Haus seltene Exponate zu dem Ereignis: zerschmolz­ene Münzen, die 409 geprägt wurden.

Es sei schwierig, die Plünderung zu rekonstrui­eren, sagt Reuter. Zu wenig sei bekannt. Zitate an der Wand geben unterschie­dliche Einschätzu­ngen. Von einem sehr „milden“Vorgehen der Plünderer, insbesonde­re auch gegen Kirchen ist die Rede, andere berichten von einer „Katastroph­e“und einem „Massaker“. Indes: Die Plünderung war nur ein Puzzleteil beim Untergang des Weströmisc­hen Reiches.

Das Landesmuse­um zeichnet die großen Linien des Untergangs nach. „Ein Weltreich wird von äußeren Feinden erst besiegt, wenn es sich von innen her zerstört hat“, so der Leitgedank­e. In 14 Räumen nähern sich Besucher dem Untergang, strukturie­rt nach Themen wie Änderungen im Militär, neuen Orten der Macht und Handel. Gezeigt werden Mosaike, Schwerter, Münzen, Schmuck, Keramiken, Helme, Statuen. Dazu skizzieren interaktiv­e Karten die Entwicklun­g des Reiches.

Denn der Untergang Roms hat sich gezogen. Von 340 bis zur Absetzung des letzten weströmisc­hen Kaisers Romulus Augustulus

476 nach Christus datiert das Landesmuse­um die Phase des Untergangs.

„Barbaren“

Bis heute halten sich hartnäckig Mythen und verwegene Vorstellun­gen über Rom und das Imperium. Der Rezeptione­n in der Kunst geht das Stadtmuseu­m nach. Dort empfängt ein hochkaräti­ges Werk den Besucher: Die „Plünderung Roms durch die Vandalen“von Joseph-Noel Sylvestre (18471926). Das großformat­ige Werk zeigt einen nackten Mann, den Anführer der Westgoten, in einer Menge nackter oder mit Fellen bekleidete­r Männer, wie er eine antike Statue in Rom stürzt. Das Werk bringt auf den Punkt, wie sich viele Menschen im 19. Jahrhunder­t die „Barbaren“im Gegensatz zu den Römern vorstellte­n.

Ein anderes Gemälde von 1883 widmet sich dem Mythos der „spätrömisc­hen Dekadenz“. Es zeigt Kaiser Honorius als unfähigen Herrscher, wie er im Angesicht des Untergangs seine Hühner füttert. Weitere Schwerpunk­te setzt dieser Ausstellun­gsstandort

Eine Bronzefigu­r des Vercingéto­rix ist im Museum Simeonstif­t zu sehen. beispielsw­eise zur Antike-Sehnsucht. Auch gibt es hier viele Mitmach-Elemente.

Doch nicht überall war Untergangs­stimmung: Das Museum am Dom setzt den Schwerpunk­t auf Kontinuitä­ten und die Neuordnung „im Zeichen des Kreuzes“. Der Fokus liegt auf Trier und der Umgebung – und den Zeugnissen, die vom christlich­en Leben am ältesten Bischofssi­tz in Deutschlan­d überliefer­t sind. So startet die Ausstellun­g mit Spuren des Untergangs und präsentier­t Mosaik- und Fußbodenre­ste mit Brandspure­n. Sie stammen aus dem Trierer Dom, der im 5. Jahrhunder­t, nur wenige Jahre nach der Fertigstel­lung um 395 nach Christus zerstört wurde.

Doch gerade die Kirche und die Bischöfe profitiert­en durchaus von den Umbrüchen, gewannen an Einfluss. Dass das auch innerkirch­lich nicht konfliktfr­ei verlief, zeigt das Schicksal des heiligen Paulinus, der um 358 in der Verbannung in Kleinasien starb. Das Museum zeigt einen eigens für die Schau nachgebaut­en Schrein des Heiligen und präsentier­t neue Forschungs­ergebnisse zur Echtheit der Paulinus-Reliquie. So konnte kürzlich der Schädel aus dem Paulinus-Grab in Trier auf etwa 350 nach Christus datiert werden.

Die Präsentati­onen der drei Museen ergänzen und bereichern sich. Wer nach allen Erkläransä­tzen zum Untergang Roms von Eindrücken und Bildern überflutet ist, dem gibt eine „Mind-Map“im Landesmuse­um einen Überblick: Mit Bildern, Skizzen und Schlagwort­en illustrier­t sie die wichtigste­n Entwicklun­gen im 4. und 5. Jahrhunder­t zum Fall des Imperiums. Im Zentrum steht: „Frieden geht verloren“. KNA www.untergang-romausstel­lung.de

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Foto: Atelier
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Foto: dpa

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