Auf dem Weg zum Eisenmann
Als erster Mensch mit Autismus könnte der Engländer Sam Holness einen Langstreckentriathlon beenden
Sam Holness befindet sich auf einer einzigartigen Mission. „Ich möchte der Welt zeigen, was autistische Athleten erreichen können“, sagt der Engländer mit etwas schüchterner Stimme. Eigentlich mag er wegen seiner Erkrankung das Rampenlicht so gar nicht, doch seine beispiellosen sportlichen Leistungen rücken ihn zwangsläufig in den Fokus. Am Sonntag will Holness bei der Ironman-EM in Frankfurt einen Langstreckentriathlon beenden – als erster Autist überhaupt.
3,8 km Schwimmen, 182 km Radfahren und einen Marathon muss der 29-Jährige dafür bei der zu erwartenden Hitzeschlacht am Main bewältigen. Sein Sohn habe eine „Superkraft“, erzählt der stolze Papa Tony: „Das Erreichen der Ziellinie steht bei Sam zwar im Vordergrund, aber er sieht jeden Wettkampf
auch als Möglichkeit, die Wahrnehmung von Autismus und das Leben anderer zu verändern.“
Die Rolle des Botschafters treibt Sam Holness zu Höchstleistungen, er will Klischees aus der Welt schaffen. Bereits mit Beenden der 70.3 WM im Vorjahr schrieb Holness auf der halben Distanz Geschichte. Doch seine Ziele sind größer. Der Autist lebt den Traum von Hawaii, bestenfalls schon in diesem Jahr möchte er im Triathlon-Mekka starten. Dafür muss er nun in Frankfurt zum „Eisenmann“werden – trotz seiner Einschränkungen.
Entwicklungsstörung
Seit frühester Kindheit lebt der Londoner mit einer AutismusSpektrum-Störung. Charakteristisch für diese Entwicklungsstörung sind Defizite im sozialen Umgang
miteinander sowie stereotype Verhaltensweisen. Während der Pandemie startete Holness auf kürzeren Distanzen bei einigen Geisterrennen, in Frankfurt muss er erstmals mit einer großen Zuschauerkulisse zurechtkommen.
Seine Lieblingsdisziplin ist das Schwimmen, auf dem Rad tut er sich am schwersten. „Er verpasst nie eine Trainingseinheit, lässt sich nicht ablenken, ist pünktlich, fleißig, unerbittlich gegen sich selbst und geht immer wieder über Schmerzgrenzen“, lobt ihn sein Vater, der zugleich sein Coach ist. So hat Sam im Trainingsbetrieb immer jemanden aus seinem gewohnten Umfeld bei sich.
Das Ziel sei „unter elf Stunden“zu bleiben, kündigt Holness an. Egal mit welcher Zeit – schon die Ankunft auf dem Römerberg wäre geschichtsträchtig. sid