Getrennte Welten
Der erste G7-Tag zeigt, dass Krieg und Klimawandel vielleicht nicht die gefährlichsten Krisen sind
die Demo vorbei ist – wieder öffnen könnte.
Da hat Olaf Scholz vor dem Schloss bereits Joe Biden empfangen, und später dann mit seiner Frau Britta Ernst alle Gäste samt Gattinnen, so dabei. Hübsche Bilder und freundliche Worte, vor allem vom US-Präsidenten: Als einen der „schnellsten und engsten Verbündeten“preist Biden Scholz, tatsächlich – und lobt obendrein dessen Rolle im Sichern der Einigkeit gegen Russland: „Das ist zu keinem geringen Teil dein Verdienst. Ernsthaft.“Scholz habe einen „großartigen Job gemacht“, wofür er „danke, danke“sage. Den Kanzler, von dem Biden spricht, kennen die Deutschen nicht.
Erinnerung an 1980er-Jahre
In Garmisch-Partenkirchen auf dem Bahnhofsplatz sehen sie Scholz und was er tut, ohnehin ganz anders. Aber dort sammelt sich ja auch der Protest. Man kann sich rasch in der Zeitschleife fühlen, ein bisschen wie in den Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts. Es geht gegen „die Imperialisten“, die viele in der NATO sehen – nicht aber in Russland. Es wird der Kommunismus als Weltrettung gerühmt – und die massive Präsenz der Polizei als „regelrechte Bürgerkriegsübung“verdammt. Am Ende werden keine tausend Demonstranten von einem Vielfachen an Polizisten bewacht. Da und dort rumpelt es beim Zug durch die Stadt ein bisschen – aber das ist es dann. Am Straßenrand sitzen und stehen Einheimische und Touristen und schauen zu. Manche lächeln, manche schütteln den Kopf. Zu sagen hat man sich nichts.
Und das gilt, genau genommen, für alle, die an diesem Bilderbuchsonntag zum Gipfel gekommen sind. Politiker, Demonstranten, Polizei und all die anderen: Sie verstehen sich nicht. Sie leben – selbst wenn sich auf Arm- oder TV-Abstand nahe kommen – in scharf getrennten Welten. Und eventuell ist das von allen Krisen die allergefährlichste.