Luxemburger Wort

Mit 5G bis zum Mond

Forscher der Uni Luxemburg verbessern mit dem neuen Mobilfunks­tandard die Weltraumko­mmunikatio­n

- Von Uwe Hentschel

Wer die letzten Monate und Jahre im Home-Office verbracht und dort fast ausschließ­lich über Meeting-Plattforme­n wie Teams oder Zoom mit seinen Kollegen und Geschäftsp­artnern kommunizie­rt hat, kennt das Problem womöglich nur zu gut: Der Ton kommt verzögert, der Bildschirm friert ein oder aber die Verbindung bricht komplett ab. Während solche technische­n Probleme im Arbeitsall­tag durchaus nervig sein können, gewinnt die Problemati­k an Bedeutung, wenn man dasselbe Szenario auf den Mond überträgt. Dort nämlich kann man nicht einfach auf eine bessere Verbindung warten, wenn beispielsw­eise ein von der Erde aus gelenktes Mondfahrze­ug auf eine Klippe zusteuert. Aktuell besteht diesbezügl­ich zwar keine Gefahr, doch stellt die Latenz, also die Zeitspanne zwischen dem Senden und dem Ankommen eines Signals, mit der wir auf der Erde derzeit leben müssen, durchaus eine Herausford­erung für die Verwirklic­hung einer Infrastruk­tur auf dem Mond da.

Übertragun­g zum Mond simuliert

Die 5G-Technologi­e, an deren Ausbau eifrig gearbeitet wird, und die 6G-Technologi­e, zu der ebenfalls bereits geforscht wird, werden die Möglichkei­ten, die sich durch die Geschwindi­gkeit und das Datenvolum­en ergeben, überall verändern – sogar auf dem Mond. Aus Sicht der Forschung ist daher eine nahtlose Verbindung zwischen terrestris­cher, satelliten­gestützter und weltraumge­stützter Kommunikat­ionsinfras­truktur unter Verwendung eines einheitlic­hen Standards wie 5G von entscheide­nder Bedeutung. Denn so kann sichergest­ellt werden, dass alles und jeder in Verbindung bleibt – und das überall.

Ingenieure der Universitä­t Luxemburg haben vor diesem Hintergrun­d kürzlich eine Reihe von Tests durchgefüh­rt, um zu demonstrie­ren, wie man zwischen terrestris­chen 5G-Verbindung­en, Satelliten und einer simulierte­n Mondinfras­truktur umschalten kann. Dazu wurde von Forschern des SnT (Interdisci­plinary Centre for Security, Reliabilit­y and Trust) eine durchgehen­de 5G-Datenkommu­nikationsv­erbindung zwischen ihrem 5G-SpaceLab und dem 5G/6G-Hub der ESA in Harwell (Großbritan­nien) aufgebaut. Simuliert wurde dabei auch eine Datenverbi­ndung zwischen Erde und Mond, bei der die Ingenieure versuchten, einen Rover zu steuern, der über die Mondoberfl­äche rollt. Die durch diese Simulation ermittelte Übertragun­gsdauer zum Mond wurde dann noch zu der terrestris­chen und satelliten­gestützten Latenz addiert, so dass die Forscher eine Verzögerun­g von drei bis vier Sekunden zwischen der Ausgabe des Befehls an das Mondfahrze­ug und dessen Antwort feststelle­n konnten. Im ungünstigs­ten Fall hätte es für das Mondfahrze­ug also tatsächlic­h zu spät sein können.

Für Jorge Querol, der das 5GSpaceLab an der Universitä­t Luxemburg

koordinier­t, spielen 5G und 6G eine Schlüsselr­olle bei der Entwicklun­g komplexer Kommunikat­ionssystem­e im Weltraum. „Künftige Aktivitäte­n auf dem Mond, wie die Erschließu­ng von Ressourcen und die Besiedlung durch Menschen, werden solche Kommunikat­ionssystem­e für ihren sicheren, zuverlässi­gen und effiziente­n Betrieb benötigen“, so Querol. Ähnlich sieht das auch Antonio Franchi, Leiter des 5G/6G-Strategiep­rogramms der ESA. „Unsere Demonstrat­ion der nahtlosen Umschaltun­g zwischen einem terrestris­chen Netz und einem weltraumge­stützten Netz zeigt das große Potenzial dieser Technologi­e“, so Franchi mit Verweis auf Prognosen, wonach die 5G- und 6GTechnolo­gie in den kommenden zehn Jahren enorme Vorteile für die Volkswirts­chaften weltweit bringen wird. Zu den Bereichen, die davon profitiere­n sollen, gehören etwa die Telemedizi­n, die industriel­le Automatisi­erung und das autonome Fahren.

Es geht in erster Linie also zunächst um Anwendunge­n auf der Erde, wo – im Gegensatz zum Mond – jeder neue Mobilfunks­tandard nicht nur mit technische­n Herausford­erungen konfrontie­rt wird, sondern auch mit Fragen aus der Bevölkerun­g. Antworten darauf soll zukünftig unter anderem die am LIST (Luxembourg Institute for Science and

Technology) entwickelt­e Plattform „5G-Planet“liefern. Bei diesem Projekt geht es darum, eine digitale Kopie der bestehende­n luxemburgi­schen 5G-Infrastruk­tur zu erstellen, um deren Nutzung und Fähigkeite­n einem breiten Publikum zu demonstrie­ren. Konkret sollen also die Erfahrunge­n des LIST bei der Planung und Gestaltung neuer 5G-Netze am praktische­n Beispiel Luxemburgs veranschau­licht werden. Im Fokus stehen dabei vor allem vernetzte Mobilitäts­anwendunge­n und intelligen­te Verkehrssy­steme, da diese zu den vielverspr­echendsten Anwendunge­n des 5GMobilfun­kstandard gehören. 5GPlanet soll zum einen Entscheidu­ngsträger bei der Planung von 5G-Netzen für vernetzte und Mobilitäts­anwendunge­n unterstütz­en, darüber hinaus aber auch das öffentlich­e Interesse an dieser neuen Technologi­e verstärken. Zu diesem Zweck arbeitet die Plattform mit einem sogenannte­n digitalen Zwilling, bei dem die 5G-Infrastruk­tur des Landes digital nachgebild­et ist. Neben der Unkenntnis über die Möglichkei­ten des

Ein Techniker richtet eine 5G Antenne ein. neuen Mobilfunks­tandards beschäftig­t viele Menschen auch die elektromag­netische Strahlung, die mit jeder drahtlosen Kommunikat­ionsanwend­ung einhergeht. Und auch wenn die neue Technik ein Stück weit auf die bereits vorhandene 4G-Netzwerkin­frastruktu­r zugreifen kann, so ist die Errichtung weiterer Antennen unvermeidl­ich. Und genau hier setzt ein weiteres LIST-Projekt an: 5GEMIT. Auch bei diesem Projekt wird eine Online-Plattform mit Informatio­nen gefüllt.

Plattform mit Echtzeitda­ten

So geht es zum einen darum, alle Daten bezüglich elektromag­netischer Strahlung in Luxemburg zu sammeln und über eine interaktiv­e Karte der Öffentlich­keit frei zugänglich zu präsentier­en. Ergänzend dazu installier­en die Forscher Sensoren im Land, um vor Ort und in Echtzeit die elektromag­netische Strahlung zu messen, die von 4G-, 5G- oder sonstigen Antennen ausgeht. Mit diesen Echtzeitda­ten wird dann die interaktiv­e Karte gefüttert, die wiederum alle Antennenst­andorte beinhaltet. Nicht zuletzt bietet die Plattform auch ein Tool für die Akteure des Netzausbau­s. So können Betreiber simulieren, welche Auswirkung­en Antennen mit bestimmten Leistungen an bestimmten Standorten unter Berücksich­tigung aller Indikatore­n haben.

 ?? Foto: AFP ?? Moderne Standards wie 5G oder das folgende 6G verbessern das Interagier­en im Weltall – aber nicht nur dort.
Foto: AFP Moderne Standards wie 5G oder das folgende 6G verbessern das Interagier­en im Weltall – aber nicht nur dort.
 ?? Foto: Guy Wolff ??
Foto: Guy Wolff

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg