Ungedeckte Schulden
Russland hat Schwierigkeiten, seine Verpflichtungen zu begleichen, ohne wirklich zahlungsunfähig zu sein
Moskau. Wenn ein Staat Schulden hat, werden darauf Zinsen fällig – und wenn ein Staat diese nicht zahlen kann, gilt er als zahlungsunfähig, mit oft dramatischen Folgen. Ein solcher Fall droht nun auch wieder Russland, zumindest auf dem Papier: Eine 30-Tage-Periode läuft ab, innerhalb der Russland säumige Zinszahlungen noch leisten kann, ohne einen Zahlungsausfall auszulösen.
Grundsätzlich gilt ein Staat als zahlungsunfähig, wenn er seine Schulden nicht mehr bedient, also Probleme mit der Zinszahlung oder der Schuldentilgung hat. Typische Beispiele sind die früheren Staatspleiten Argentiniens oder die Finanzprobleme Griechenlands während der Euro-Krise ab dem Jahr 2010. Mit dem Fall Russlands verhält es sich aber ganz anders: Russland ist aufgrund seiner Finanzlage eigentlich kein Fall für eine Staatspleite. Das Land verfügt über erhebliche finanzielle Mittel im In- und Ausland. Haupteinnahmequelle sind die großen Mengen an Rohstoffen, die Russland über die Jahre ins Ausland verkauft hat. Im Gegenzug hat das Land Devisen erhalten, also ausländische Währungen. Außerdem ist Russland im internationalen Vergleich nicht hoch verschuldet: Mit etwa 20 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt die Schuldenquote deutlich niedriger als in vielen westlichen Industrieländern.
Ausschluss vom Finanzsystem
Probleme hat Russland, seine Staatsschulden zu bedienen, weil Finanzsanktionen wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine verhängt wurden. Die Sanktionen schließen Russland und seine Banken faktisch vom Finanzsystem aus, das von westlichen Staaten dominiert wird.
Ein erheblicher Teil der im Ausland lagernden Finanzreserven Russlands ist außerdem durch Sanktionen blockiert. Und US-Banken ist es verboten, Zahlungen des russischen Staates an ihre Kunden weiterzuleiten. Diese Beschränkungen machen es Russland nahezu unmöglich, seine Gläubiger im Ausland zu bezahlen. Fällige Zinsen auf Staatsanleihen zahlt Russland weiter – allerdings nicht in Dollar oder Euro, sondern in Rubel. Dafür hat das Land ein neues Verfahren eingerichtet. Das Problem ist jedoch, dass die Zahlungen wegen der Sanktionen kaum an westliche Zahlungsstellen und damit an die westlichen Gläubiger weitergeleitet werden können. Strittig ist zudem die Zahlung in Rubel: Eigentlich sind Zinszahlungen bei Auslandsschulden in der Regel in US-Dollar oder Euro vorgesehen. Fachleute halten die Zahlung in der russischen Landeswährung daher für unzulässig.
Da der Zahlungsausfall nicht mit akutem Geldmangel zu tun hat, sind die direkten Folgen erst einmal gering. Es ist nicht mit einer drastischen Rubelentwertung oder dem Kollaps des Bankensystems zu rechnen. Zahlt Russland aber nicht, kann das möglicherweise das Eigentum russischer Staatsunternehmen im Ausland bedrohen. Kläger könnten vor Gericht diesen Besitz als Gegenleistung für entgangene Zinszahlungen einklagen. dpa
24.06.
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