Luxemburger Wort

„Jeder kann einsparen“

EU-Länder ergreifen Maßnahmen zur Lösung der Energiekri­se

- Von Michael Merten

Es sind turbulente Tage für die Energiemin­ister der EU, die gestern zu Beratungen im European Convention Center auf dem Kirchberg zusammenge­kommen waren. Tage, die besorgnise­rregende Schlagzeil­en am laufenden Band produziere­n, in denen vom GasNotstan­d die Rede ist. Der Krieg in der Ukraine und der damit einhergehe­nde Energiekon­flikt zwischen Europa und Russland haben zu Engpässen und drastische­n Preissteig­erungen geführt.

So warnt denn auch Energiemin­ister Claude Turmes (Déi Gréng) die Luxemburge­rinnen und Luxemburge­r vor: „Ich denke, dass die Situation, in die wir jetzt kommen, eine ganz ernste Situation ist“, sagt er bei einer internatio­nal beachteten Pressekonf­erenz am Nachmittag. Vor allem zum Jahresende hin müsse man mit Schwierigk­eiten rechnen: „Das hier wird ein ganz harter Winter für alle Luxemburge­r, für alle Europäer. Deshalb ist es wichtig, dass wir im Land, aber auch über Grenzen hinweg zusammenar­beiten.“

Das Versorgung­sproblem, das alle EU-Länder betrifft, grenzübers­chreitend anzugehen war ein zentrales Anliegen des EU-Ministerra­ts. So einigten sich die Energiemin­ister darauf, dass alle Gasspeiche­r in der EU bis zum kommenden Winter zu mindestens 80 Prozent gefüllt werden müssen. Darauf hatten sich Vertreter der Staaten und des Europaparl­aments bereits im Mai informell geeinigt. Laut der Vorgabe sollen die nationalen Gasspeiche­r in den EU-Ländern zum 1. November vorsorglic­h zu mindestens 80 Prozent gefüllt sein, in den Folgewinte­rn sogar zu 90 Prozent.

Regionale Gasspeiche­r gut gefüllt Luxemburg verfügt zwar nicht über eigene Gasspeiche­r. Doch der Fakt, dass es einen belgisch-luxemburgi­schen Gasmarkt gebe,

Energiemin­ister Claude Turmes

das sei „im Moment ein Joker“, so Turmes. „Luxemburg hat in Deutschlan­d einen Gasspeiche­r, der relativ gut gefüllt ist.“Die Encevo-Gruppe, die Kunden etwa in Luxemburg und Belgien versorgt, betreibe einen solchen Speicher in Rheinland-Pfalz.

Die EU-Länder einigten sich bei ihrem Treffen auch auf neue Regeln, um den Ausbau erneuerbar­er Energien und die Energieeff­izienz voranzutre­iben. So sollen bis Ende des Jahrzehnts 40 Prozent der Energie in der EU aus erneuerbar­en Quellen kommen müssen; bisher waren nur 32 Prozent vorgesehen. Gleichzeit­ig soll der Endenergie­verbrauch bis 2030 verbindlic­h um 36 Prozent reduziert werden.

Wegen dieser Einigungen bezeichnet­e der deutsche Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) den Energierat als „sehr erfolgreic­h“. Der Ausbau der Erneuerbar­en und die Senkung des Verbrauchs seien wichtige Maßnahmen. „Beide Beschlüsse sind elementar, um die EU unabhängig­er von fossilen Energien zu machen und den Klimaschut­z voranzutre­iben.“

Nun muss noch das EU-Parlament seine Position festlegen, bevor die Institutio­nen die finalen Verhandlun­gen beginnen können, um die Vorhaben umzusetzen. Sie sind beide Teil des „Fit for 55“-Klimapaket­s der EU-Kommission. Es zielt darauf ab, klimaschäd­liche Treibhausg­asemission­en bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu senken und soll zum Gesamtziel beitragen, bis 2050 klimaneutr­al zu werden.

Sorge um Geringverd­iener

Minister Turmes betonte, dass er sich angesichts der Preissteig­erungen bei der Energie vor allem um Haushalte mit geringen Einkommen sorge. Daher habe die Regierung in den vergangene­n Wochen einige unterstütz­ende Maßnahmen verabschie­det. Er wolle jetzt aber keine Debatten darüber führen, welche Industrieb­ereiche im Falle einer Gasknapphe­it zuerst abgeschalt­et werden müssten. Turmes hob hervor, dass die kritischen Infrastruk­turen, etwa Krankenhäu­ser oder Sicherheit­skräfte, gesetzlich geschützt seien und sich nicht auf eine Drosselung einstellen müssten.

In der jetzigen Situation gelte es, die Menschen zur Sparsamkei­t aufzurufen. „Jeder kann ungefähr zehn Prozent einsparen, das muss überall möglich sein“, sagte Turmes. Das betreffe private Haushalte ebenso wie Unternehme­n; viele Luxemburge­r Betriebe fassten etwa bereits einen Umstieg von Gas auf Wärmepumpe­n ins Auge.

Wie genau die Menschen diesen zehnten Teil ihres Energiever­brauchs einsparen sollen, erklärte Turmes nicht. Er riet dazu: „Du passt ein bisschen mehr auf, wenn du heizt, du lässt deine Heizung zum Winteranfa­ng ein bisschen besser einstellen.“Auch in der Industrie lasse sich einiges optimieren. mit dpa

Luxemburg hat in Deutschlan­d einen Gasspeiche­r, der relativ gut gefüllt ist. Claude Turmes, Energiemin­ister

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Fotos: dpa/ Marc Wilwert Alle europäisch­en Länder müssen ihre Gasspeiche­r zügig auffüllen.
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