„Jeder kann einsparen“
EU-Länder ergreifen Maßnahmen zur Lösung der Energiekrise
Es sind turbulente Tage für die Energieminister der EU, die gestern zu Beratungen im European Convention Center auf dem Kirchberg zusammengekommen waren. Tage, die besorgniserregende Schlagzeilen am laufenden Band produzieren, in denen vom GasNotstand die Rede ist. Der Krieg in der Ukraine und der damit einhergehende Energiekonflikt zwischen Europa und Russland haben zu Engpässen und drastischen Preissteigerungen geführt.
So warnt denn auch Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) die Luxemburgerinnen und Luxemburger vor: „Ich denke, dass die Situation, in die wir jetzt kommen, eine ganz ernste Situation ist“, sagt er bei einer international beachteten Pressekonferenz am Nachmittag. Vor allem zum Jahresende hin müsse man mit Schwierigkeiten rechnen: „Das hier wird ein ganz harter Winter für alle Luxemburger, für alle Europäer. Deshalb ist es wichtig, dass wir im Land, aber auch über Grenzen hinweg zusammenarbeiten.“
Das Versorgungsproblem, das alle EU-Länder betrifft, grenzüberschreitend anzugehen war ein zentrales Anliegen des EU-Ministerrats. So einigten sich die Energieminister darauf, dass alle Gasspeicher in der EU bis zum kommenden Winter zu mindestens 80 Prozent gefüllt werden müssen. Darauf hatten sich Vertreter der Staaten und des Europaparlaments bereits im Mai informell geeinigt. Laut der Vorgabe sollen die nationalen Gasspeicher in den EU-Ländern zum 1. November vorsorglich zu mindestens 80 Prozent gefüllt sein, in den Folgewintern sogar zu 90 Prozent.
Regionale Gasspeicher gut gefüllt Luxemburg verfügt zwar nicht über eigene Gasspeicher. Doch der Fakt, dass es einen belgisch-luxemburgischen Gasmarkt gebe,
Energieminister Claude Turmes
das sei „im Moment ein Joker“, so Turmes. „Luxemburg hat in Deutschland einen Gasspeicher, der relativ gut gefüllt ist.“Die Encevo-Gruppe, die Kunden etwa in Luxemburg und Belgien versorgt, betreibe einen solchen Speicher in Rheinland-Pfalz.
Die EU-Länder einigten sich bei ihrem Treffen auch auf neue Regeln, um den Ausbau erneuerbarer Energien und die Energieeffizienz voranzutreiben. So sollen bis Ende des Jahrzehnts 40 Prozent der Energie in der EU aus erneuerbaren Quellen kommen müssen; bisher waren nur 32 Prozent vorgesehen. Gleichzeitig soll der Endenergieverbrauch bis 2030 verbindlich um 36 Prozent reduziert werden.
Wegen dieser Einigungen bezeichnete der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Energierat als „sehr erfolgreich“. Der Ausbau der Erneuerbaren und die Senkung des Verbrauchs seien wichtige Maßnahmen. „Beide Beschlüsse sind elementar, um die EU unabhängiger von fossilen Energien zu machen und den Klimaschutz voranzutreiben.“
Nun muss noch das EU-Parlament seine Position festlegen, bevor die Institutionen die finalen Verhandlungen beginnen können, um die Vorhaben umzusetzen. Sie sind beide Teil des „Fit for 55“-Klimapakets der EU-Kommission. Es zielt darauf ab, klimaschädliche Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu senken und soll zum Gesamtziel beitragen, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Sorge um Geringverdiener
Minister Turmes betonte, dass er sich angesichts der Preissteigerungen bei der Energie vor allem um Haushalte mit geringen Einkommen sorge. Daher habe die Regierung in den vergangenen Wochen einige unterstützende Maßnahmen verabschiedet. Er wolle jetzt aber keine Debatten darüber führen, welche Industriebereiche im Falle einer Gasknappheit zuerst abgeschaltet werden müssten. Turmes hob hervor, dass die kritischen Infrastrukturen, etwa Krankenhäuser oder Sicherheitskräfte, gesetzlich geschützt seien und sich nicht auf eine Drosselung einstellen müssten.
In der jetzigen Situation gelte es, die Menschen zur Sparsamkeit aufzurufen. „Jeder kann ungefähr zehn Prozent einsparen, das muss überall möglich sein“, sagte Turmes. Das betreffe private Haushalte ebenso wie Unternehmen; viele Luxemburger Betriebe fassten etwa bereits einen Umstieg von Gas auf Wärmepumpen ins Auge.
Wie genau die Menschen diesen zehnten Teil ihres Energieverbrauchs einsparen sollen, erklärte Turmes nicht. Er riet dazu: „Du passt ein bisschen mehr auf, wenn du heizt, du lässt deine Heizung zum Winteranfang ein bisschen besser einstellen.“Auch in der Industrie lasse sich einiges optimieren. mit dpa
Luxemburg hat in Deutschland einen Gasspeicher, der relativ gut gefüllt ist. Claude Turmes, Energieminister