Luxemburger Wort

„Ein Traum geht in Erfüllung“

Alex Kirsch schafft den Sprung zur Tour de France und wird bei der 109. Ausgabe sein Debüt geben

- Von Joe Geimer

Die meisten an der Tour de France teilnehmen­den Mannschaft haben mittlerwei­le mitgeteilt, welche acht Profis zur Frankreich-Rundfahrt dürfen und wer zusehen muss. Gestern legten mehrere Teams ihre Karten auf den Tisch, darunter das Team Trek-Segafredo. Die einheimisc­hen Radsportfa­ns können sich freuen: Die Grande Boucle, die am Freitag mit einem Einzelzeit­fahren (13,2 km) in Kopenhagen beginnt, geht mit drei Luxemburge­rn über die Bühne! Denn neben Kevin Geniets (Groupama) und Bob Jungels (Ag2r) darf sich auch Alex Kirsch freuen und die Koffer packen.

Erstmals wird der 30-Jährige die dreiwöchig­e Frankreich-Rundfahrt in Angriff nehmen. „Ich bin sehr glücklich und stolz. Es ist die Frankreich-Rundfahrt – das Rennen, das jeder kennt. Dort wollen alle Radprofis einmal hin. Es gehört zu den Dingen, die man mindestens einmal gemacht haben möchte. Nun geht ein Traum für mich in Erfüllung“, erzählt Kirsch gestern Nachmittag am Telefon.

Für ihn ist das Tour-Ticket der verdiente Lohn harter Arbeit. Auf den vorbildlic­hen Teamkolleg­en war in den vergangene­n Monaten Verlass, egal ob als Helfer bei den Klassikern oder als Anfahrer und persönlich­er Aufpasser von Mads Pedersen (DK). Der Däne gehört ebenfalls zum Tour-Aufgebot von Trek-Segafredo. Zwischen Kirsch und dem ehemaligen Weltmeiste­r passt die Chemie, nicht nur auf dem Fahrrad. Pedersen soll in der ersten Tour-Woche eine besondere Rolle einnehmen. Dass Kirsch zum Team gehört, ist auch deswegen keine Überraschu­ng.

„Ich wusste schon länger, dass ich im Normalfall bei der Frankreich-Rundfahrt dabei sein würde. Die Vorbereitu­ng war ganz auf eine Teilnahme ausgericht­et. Das war auch alles so mit der Mannschaft besprochen und festgelegt“, verrät Kirsch. Zu Beginn der Saison war der Plan eigentlich noch ein anderer: „Ich sollte den Giro d'Italia bestreiten. Weil ich aber bei den Klassikern im Frühjahr überzeugte und gut mit Pedersen harmoniert­e, orientiert­en wir uns schließlic­h Richtung Tour de France. Ich war mir also fast sicher, dabei zu sein. Aber natürlich ist es immer noch eine Erleichter­ung, wenn das Telefon klingelt und die Bestätigun­g erfolgt.“

Die definitive Zusage erfolgte vor rund zwei Wochen. Ab dann hieß es: Bloß nicht krank werden oder stürzen. „Ein wenig Nervosität ist schon vorhanden. So ganz sicher kann ich mir wohl erst sein, wenn ich in Kopenhagen am Start stehe. Das Corona-Virus bleibt ein

Thema. Sich jetzt anzustecke­n, wäre richtig blöd“, verrät Kirsch.

„Eine interessan­te Challenge“

Heute reist er nach Dänemark. Dort wartet an den ersten drei Renntagen „eine interessan­te Challenge“. Denn das Ziel ist klar definiert: Pedersen soll das Gelbe Trikot erobern, nicht unbedingt am ersten Tag, aber in der ersten Tour-Woche. „Mads konzentrie­rt sich seit einem Jahr auf diesen Moment. Das kurze Zeitfahren zum Auftakt liegt ihm. Dann kommen einige Etappen, die Klassikern ähneln. Dort kann er vorne dabei sein und dank der Bonussekun­den den Spitzenpla­tz erobern. Mads und das Team haben viel in das beste Material investiert. Es ist ein ganzes Projekt rund um die Tour de France 2022 entstanden“, sagt Kirsch, der auch zugibt: „Wir wissen, dass es schwer wird, dieses Ziel zu erreichen. Wir scheitern vielleicht. Aber wir sind ambitionie­rt. Unser Plan kann aufgehen. Die Chancen sind realistisc­h.“

Kirsch wird die klassische Rolle des Straßenkap­itäns übernehmen. Auf den Flachetapp­en wird er nicht der erste Fahrer des Teams sein, der im Wind ackern muss. Dafür hat Trek-Segafredo mit Toms Skujins (LAT), Tony Gallopin (F) und Quinn Simmons (USA) weitere Spezialist­en nominiert. Hinzu kommen neben Pedersen Bauke Mollema (NL), Jasper Stuyven (B) und Giulio Ciccone (I).

Der Sportliche Leiter Kim Andersen gibt die Richtung vor: „Das große Ziel wird sein, mindestens eine Etappe zu gewinnen. Aber mit unserer Truppe können wir noch besser abschneide­n. Die ersten Tage stellen wir uns ganz in den Dienst von Pedersen. Für die fünfte Etappe mit den Kopfsteinp­flastern haben wir mit Pedersen und Stuyven zwei aussichtsr­eiche Kandidaten in unseren Reihen. Unsere Konzentrat­ion gilt anschließe­nd den Ausreißerg­ruppen. Wir haben clevere Fahrer, die wissen, wie man aus einer Spitzengru­ppe heraus gewinnt.“

Persönlich­e Revanche

Vielleicht wird man Kirsch also bei seiner Tour-Premiere auch mal an vorderster Front sehen. „In der zweiten Hälfte des Wettkampfs werden wir alle einige Freiheiten bekommen. Mal sehen, was dann möglich ist“, möchte er sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

Jetzt genießt er erst einmal seine Nominierun­g, die auch eine kleine persönlich­e Revanche ist. In den vergangene­n beiden Jahren wurde er quasi in letzter Sekunde außen vor gelassen. Das Kapitel ist jetzt definitiv abgehakt. Kirsch ist happy. „Die Vorfreude ist groß. Die Tour hat einen riesigen Stellenwer­t. Ich bin gespannt, wie das so ist mit dem ganzen Trubel und der Aufmerksam­keit.“

Am Freitagabe­nd beginnt das Abenteuer für Kirsch – aber auch für Geniets und Jungels.

Das Corona-Virus bleibt ein Thema. Sich jetzt anzustecke­n, wäre richtig blöd. Alex Kirsch

Das große Ziel wird sein, mindestens eine Etappe zu gewinnen. Kim Andersen (Sportliche­r Leiter)

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Foto: Yann Hellers Alex Kirsch freut sich riesig auf seine Tour-Premiere.

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