Zwei Schwestern, ein Team
Giulia und Lilly Tarantini kämpfen in der Volleyball-Nationalmannschaft gemeinsam – auch gegen Rückschläge
Sie waren erschöpft. Über einen Monat lang hatten Giulia und Lilly Tarantini mit Luxemburgs Volleyball-Nationalmannschaft hart gearbeitet. Sie bestritten acht Länderspiele und reisten viel. Doch belohnt wurden die Schwestern und die Mitspielerinnen für die Mühen nicht. „Wir sind alle enttäuscht, dass wir keinen Satz gewonnen haben“, sagte Giulia Tarantini nach der letzten Partie der European Silver League, dem Heimspiel am Sonntag gegen Slowenien.
Das Duell im Tramsschapp in der Hauptstadt endete wie die anderen in den vergangenen Wochen – mit 0:3. Das war nicht leicht zu verdauen, auch wenn Luxemburg als Außenseiter in einer Gruppe mit Schweden, Portugal, Slowenien und Estland nicht wirklich viel zu verlieren hatte. „Es ist sehr schwer, mental stark zu bleiben, wenn man jeden Tag trainiert, aber kein Erfolgserlebnis hat“, nannte Giulia Tarantini, mit 18 die ältere der Schwestern, die größte Herausforderung der Länderspielserie.
Ich war überrascht, dass sie es so gut gemacht hat. Aber sie hat einfach keine Angst. Giulia Tarantini über ihre jüngere Schwester Lilly
Dem erhofften Satzgewinn waren sie zum Abschluss am Sonntag mit 17:25, 16:25 und 17:25 weniger nahe als im Auswärtshinspiel zum Start des Wettbewerbs am 25. Mai gegen Slowenien, als sie mit einem 23:25 begonnen hatten. Doch je länger die Silver League dauerte, desto mehr machte sich der Kräfteverschleiß bemerkbar. Zuletzt ging es innerhalb weniger Tage nach Schweden, Estland und zurück, ein Flugausfall sorgte zudem für Schlafmangel. „Körperlich und mental waren wir wirklich müde“, berichtete Kapitänin Nathalie Braas. Dazu kam, dass die Gegner im Schnitt größer sind. „Das spielt eine Rolle, sie schlagen fast immer über unseren Block“, so Giulia Tarantini.
Trotz allem war das Engagement nicht vergeblich. Die Luxemburgerinnen sammelten wichtige Erfahrungen, besonders die Jüngste im Team. Lilly Tarantini hatte mit ihren erst 15 Jahren unerwartet viel Spielzeit, zwar nicht in der letzten Partie, aber zuvor sogar in der Startsechs.
Dabei staunte selbst ihre Schwester ein bisschen über sie. „Ich war überrascht, dass sie es so gut gemacht hat. Aber sie hat einfach keine Angst. Sie ist noch in einem Alter, in dem man beim Spielen nicht so viel nachdenkt“, sagt Giulia Tarantini. Sie selbst hätte diese Eigenschaft auch gerne: „Mein Problem ist, dass ich mir zu viele Gedanken mache. Wenn ich einen Fehler mache, brauche ich lange, um aus dem Loch herauszukommen.“In den vergangenen Wochen habe sie aber viel gelernt: „Ich bin mental stärker geworden.“
Lilly Tarantini beschrieb ihre Gefühlslage bei internationalen Einsätzen so: „Wenn mein Name vor einem Spiel aufgerufen wird, bin ich nervös. Aber während eines Spiels vergesse ich alles, was um mich herum ist.“Geholfen habe ihr auch der Zusammenhalt in der
Mannschaft: „Alle haben mich motiviert.“
Gemeinsam haben die Schwestern in der nun zu Ende gegangenen Saison eine Menge erreicht. Mit ihrem Verein VC Mamer holten sie in der Coupe de Luxembourg den ersten Titel seit sechs Jahren. In der FLVB-Auswahl sind sie feste Größen. Giulia spielt seit drei Jahren in der A-Nationalmannschaft, Lilly begann 2021 mit Kurzeinsätzen in der Silver League.
Unterschiedliche Positionen
Interne Konkurrentinnen sind sie nicht, sie spielen auf unterschiedlichen Positionen. Lilly Tarantini, mit 175 cm Körperlänge
etwas größer als die Schwester (170 cm), ist Außenangreiferin, Giulia Zuspielerin. Damit erklärt sich auch, weshalb die jüngere in der Silver League in der Startformation war und die ältere nicht. Giulia hat Kapitänin Braas auf ihrer Position vor sich. Lilly kam im Angriff verstärkt zum Zug, weil Emma van Elslande wegen ihrer Abiturprüfungen häufiger aussetzen musste. „Natürlich möchte man selbst immer spielen. Aber ich habe mich für Lilly gefreut, als sie von Anfang an zum Einsatz kam“, meinte Giulia Tarantini. Auch auf den gemeinsamen Reisen verstanden sich die Schwestern gut. „Giulia ist wie eine Freundin für mich“, so
Lilly. Als Sportlerinnen führen die beiden die Familientradition fort. Mutter Monique Osweiler und Vater Massimo Tarantini, der Trainer von Männermeister VC Strassen, waren ebenfalls Volleyball-Nationalspieler. Trotzdem konnten sich die Töchter den Sport aussuchen, den sie selbst wollten. „Unsere Eltern haben uns die Wahl gelassen“, berichtete Lilly.
Nationaltrainer Fabio Aiuto hofft, dass die jungen Spielerinnen weiter Fortschritte machen. „Ich denke, dass man aus jeder Situation etwas für die Zukunft mitnehmen kann“, meinte er, auch wenn er vor allem mit dem letzten Spiel nicht zufrieden war: „Wir müssen aus unseren Fehlern lernen und eine Reaktion zeigen. Diese habe ich vermisst.“Lernen könne die Mannschaft von stärkeren Gegnern, sie brauche Länderspiele auf hohem Niveau. Giulia und Lilly Tarantini sind bereit dazu.