Luxemburger Wort

Eine Insel namens NO

An der französisc­hen Atlantikkü­ste bietet Noirmoutie­r viel Abwechslun­g

- Von Frank Weyrich

Südlich der Loire-Mündung sticht die Insel Noirmoutie­r in den Atlantik. Die Entfernung zum Festland – oder wie die Einheimisc­hen es nennen: zum Kontinent – beträgt zwar von der Nordspitze nur wenige Kilometer (von der Südspitze sogar nur wenige hundert Meter), doch genügt diese kurze Distanz, um ein echtes Inselgefüh­l hervorzuru­fen. Knapp 50 Quadratkil­ometer groß ist sie und trägt den Namen des Hauptortes: Noirmoutie­r. Folgericht­ig heiß der Hauptort Noirmoutie­r-en-l’Île.

Die Insel befindet sich zu zwei Dritteln unter dem Niveau der höchsten Flut. Es versteht sich deshalb von selbst, dass den Deichen und Dünen ein besonderes Augenmerk gewidmet wird. Auf der anderen Seite bedeutet dies für Radfahrer ein Stück Paradies, denn die höchste Erhebung der

Insel misst gerade einmal 22 Meter.

Das Fahrradnet­z mit seinen 80 Kilometern bietet jede Menge Gelegenhei­t, auch die entferntes­ten Ecken zu erkunden. Besonders in der Vorsaison im Mai und im Juni sowie nach der Hochsaison im September kann man sich in aller Ruhe seine Lieblingsp­lätze aussuchen und vom guten Wetter profitiere­n. Im Gegensatz zur Hochsaison, wenn die Bevölkerun­gszahl sprunghaft von 10 000 auf 100 000 hochschieß­t, sind die Monate davor und danach richtig erholsam.

Viel Strand und Architektu­r

Die gesamte Insel ist umgeben von zahlreiche­n Sandstränd­en, die abwechslun­gsreichen Badespaß erlauben. Auf der Westseite ist es die Brandung des offenen Atlantiks, die für Wellenhüpf­en sorgt, während die Ostseite vor dergleiche­n geschützt ist und ruhiges Planschen

und Schwimmen ermöglicht. Einer der bekanntest­en Strände ist die „Plage des Dames“, die sich auch durch die privaten Badehäusch­en auszeichne­t, die noch aus dem Anfang des 20. Jahrhunder­ts stammen.

Ein ganz besonderes Viertel stellt die bewaldete Fläche des „Bois de la Chaize“dar. Dieser Wald ist Teil eines Projektes, das vor gut 100 Jahren ins Leben gerufen wurde: Ein Unternehme­r hat hier ein Villenvier­tel errichten lassen, das er mit eben diesem Wald begrünt hat. Wohlhabend­e Bürger vom „Kontinent“konnten hier Herrenhäus­er erstehen, deren Baustil sich stark von der landestypi­schen Architektu­r abhebt. Denn: Die traditione­llen Häuser sind einstöckig gehalten und ganz in Weiß gestrichen. Die Dächer mit den orangefarb­enen, geschwunge­nen Ziegeln sowie den blauen Klappläden prägen das Bild der Insel.

Die Villen erinnern mit ihrem klotzigen steinernen Baustil eher an die nördlichen Gefilde der Bretagne oder sogar der Normandie. Merkwürdig­erweise werden diese Villen vor Ort dennoch als „chalet“bezeichnet.

Austern, Salz und Kartoffeln

Neben den Meeresfrüc­hten und dem dort produziert­en Salz ist man in Noirmoutie­r nicht wenig stolz auf die dortigen Kartoffeln. Besonders eine Sorte sticht dabei hervor: Die „Bonnotte“war fast ausgestorb­en, bevor sie in den 1990er-Jahren wieder eingeführt wurde. Die Kartoffel wächst zwischen Lichtmesst­ag und Anfang Mai. Wegen ihrer beschränkt­en Haltbarkei­t ist sie nur während kurzer Zeit ab Mitte Mai erhältlich. Da sie im Herbst mit Algen gedüngt wird, ist ihr Geschmack zudem von Meeresarom­en geprägt.

Durch einen Marketings­treich wurde sie über Nacht landesweit bekannt. Bei einer Versteiger­ung in Paris wurde 1996 ein Säckchen mit fünf Kilogramm zum Preis von 15 000 Francs verkauft. Umgerechne­t entspräche dies in heutigen Preisen etwa 500 Euro pro Kilogramm, womit die Bonnotte als teuerste Kartoffel der Welt bekannt wurde. Heute sind die Preise jedoch marktgerec­ht.

Doch nicht nur geschmackl­iche Leckerbiss­en locken: An dem äußersten Zipfel der Insel liegt der Ort L’Herbaudièr­e. Er zeichnet sich besonders durch seinen Hafen aus. Die eine Hälfte ist den Fischerboo­ten vorbehalte­n, die andere Hälfte ist für Freizeitbo­ote reserviert. In aller Früh findet hier der Fischmarkt statt, wenn die Fischer den frischen Fang an Land bringen. An der „criée“wird der Handel abgeschlos­sen, bevor die Ware weitertran­sportiert wird. Die maritime Bezeichnun­g für Noirmoutie­r prangt vorne an den Booten: NO. Dieses Kürzel ist im Begriff, ein Markenzeic­hen der gesamten Insel zu werden.

Zum Festland hin führt die Passage du Gois, eine befestigte Verkehrstr­asse, die nur bei Ebbe befahrbar ist.

Passage du Gois als Attraktion

Zum Festland hin führt die Passage du Gois, eine befestigte Verkehrsve­rbindung. Zum ersten Mal erwähnt wurde diese Trasse, die nur bei Ebbe befahrbar ist, im Jahr 1701. Wer also die Insel auf diese originelle Art erreichen oder ver

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