Eine Insel namens NO
An der französischen Atlantikküste bietet Noirmoutier viel Abwechslung
Südlich der Loire-Mündung sticht die Insel Noirmoutier in den Atlantik. Die Entfernung zum Festland – oder wie die Einheimischen es nennen: zum Kontinent – beträgt zwar von der Nordspitze nur wenige Kilometer (von der Südspitze sogar nur wenige hundert Meter), doch genügt diese kurze Distanz, um ein echtes Inselgefühl hervorzurufen. Knapp 50 Quadratkilometer groß ist sie und trägt den Namen des Hauptortes: Noirmoutier. Folgerichtig heiß der Hauptort Noirmoutier-en-l’Île.
Die Insel befindet sich zu zwei Dritteln unter dem Niveau der höchsten Flut. Es versteht sich deshalb von selbst, dass den Deichen und Dünen ein besonderes Augenmerk gewidmet wird. Auf der anderen Seite bedeutet dies für Radfahrer ein Stück Paradies, denn die höchste Erhebung der
Insel misst gerade einmal 22 Meter.
Das Fahrradnetz mit seinen 80 Kilometern bietet jede Menge Gelegenheit, auch die entferntesten Ecken zu erkunden. Besonders in der Vorsaison im Mai und im Juni sowie nach der Hochsaison im September kann man sich in aller Ruhe seine Lieblingsplätze aussuchen und vom guten Wetter profitieren. Im Gegensatz zur Hochsaison, wenn die Bevölkerungszahl sprunghaft von 10 000 auf 100 000 hochschießt, sind die Monate davor und danach richtig erholsam.
Viel Strand und Architektur
Die gesamte Insel ist umgeben von zahlreichen Sandstränden, die abwechslungsreichen Badespaß erlauben. Auf der Westseite ist es die Brandung des offenen Atlantiks, die für Wellenhüpfen sorgt, während die Ostseite vor dergleichen geschützt ist und ruhiges Planschen
und Schwimmen ermöglicht. Einer der bekanntesten Strände ist die „Plage des Dames“, die sich auch durch die privaten Badehäuschen auszeichnet, die noch aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts stammen.
Ein ganz besonderes Viertel stellt die bewaldete Fläche des „Bois de la Chaize“dar. Dieser Wald ist Teil eines Projektes, das vor gut 100 Jahren ins Leben gerufen wurde: Ein Unternehmer hat hier ein Villenviertel errichten lassen, das er mit eben diesem Wald begrünt hat. Wohlhabende Bürger vom „Kontinent“konnten hier Herrenhäuser erstehen, deren Baustil sich stark von der landestypischen Architektur abhebt. Denn: Die traditionellen Häuser sind einstöckig gehalten und ganz in Weiß gestrichen. Die Dächer mit den orangefarbenen, geschwungenen Ziegeln sowie den blauen Klappläden prägen das Bild der Insel.
Die Villen erinnern mit ihrem klotzigen steinernen Baustil eher an die nördlichen Gefilde der Bretagne oder sogar der Normandie. Merkwürdigerweise werden diese Villen vor Ort dennoch als „chalet“bezeichnet.
Austern, Salz und Kartoffeln
Neben den Meeresfrüchten und dem dort produzierten Salz ist man in Noirmoutier nicht wenig stolz auf die dortigen Kartoffeln. Besonders eine Sorte sticht dabei hervor: Die „Bonnotte“war fast ausgestorben, bevor sie in den 1990er-Jahren wieder eingeführt wurde. Die Kartoffel wächst zwischen Lichtmesstag und Anfang Mai. Wegen ihrer beschränkten Haltbarkeit ist sie nur während kurzer Zeit ab Mitte Mai erhältlich. Da sie im Herbst mit Algen gedüngt wird, ist ihr Geschmack zudem von Meeresaromen geprägt.
Durch einen Marketingstreich wurde sie über Nacht landesweit bekannt. Bei einer Versteigerung in Paris wurde 1996 ein Säckchen mit fünf Kilogramm zum Preis von 15 000 Francs verkauft. Umgerechnet entspräche dies in heutigen Preisen etwa 500 Euro pro Kilogramm, womit die Bonnotte als teuerste Kartoffel der Welt bekannt wurde. Heute sind die Preise jedoch marktgerecht.
Doch nicht nur geschmackliche Leckerbissen locken: An dem äußersten Zipfel der Insel liegt der Ort L’Herbaudière. Er zeichnet sich besonders durch seinen Hafen aus. Die eine Hälfte ist den Fischerbooten vorbehalten, die andere Hälfte ist für Freizeitboote reserviert. In aller Früh findet hier der Fischmarkt statt, wenn die Fischer den frischen Fang an Land bringen. An der „criée“wird der Handel abgeschlossen, bevor die Ware weitertransportiert wird. Die maritime Bezeichnung für Noirmoutier prangt vorne an den Booten: NO. Dieses Kürzel ist im Begriff, ein Markenzeichen der gesamten Insel zu werden.
Zum Festland hin führt die Passage du Gois, eine befestigte Verkehrstrasse, die nur bei Ebbe befahrbar ist.
Passage du Gois als Attraktion
Zum Festland hin führt die Passage du Gois, eine befestigte Verkehrsverbindung. Zum ersten Mal erwähnt wurde diese Trasse, die nur bei Ebbe befahrbar ist, im Jahr 1701. Wer also die Insel auf diese originelle Art erreichen oder ver