Luxemburger Wort

Umweltbewu­sstsein durch Kunst erleben

Das Projekt „Nomadic Island“will die Menschen mit alternativ­en und nachhaltig­en Lebensweis­en vertraut machen

- Interview: Nora Schloesser

Im Rahmen der Kulturhaup­tstadt Esch 2022 haben die Künstlerin und Fotografin Annick Sophie „Neckel“Scholtus und der Choreograf Gianfranco Celestino gemeinsam das partizipat­ive und soziokultu­relle Projekt „Nomadic Island“entwickelt. Hierfür wird während drei Wochen beim Stade du Thillenber­g in Differding­en eine Künstlerre­sidenz in Form eines Campings aufgebaut, wo sich alle Teilnehmen­den künstleris­ch mit dem Thema Nachhaltig­keit und alternativ­en Lebensweis­en beschäftig­en.

Annick Sophie „Neckel“Scholtus, wie ist „Nomadic Island“zustande gekommen und von wo stammt die Idee für das Projekt?

Es ist so, dass Gianfranco Celestino und ich bereits ein paar Mal zusammen gearbeitet haben. Gianfranco hat vor einigen Jahren ein Projekt, das „Friday Island“hieß, ins Leben gerufen, bei dem ich ebenfalls beteiligt war. Im Rahmen dieses Projekts haben wir an mehreren Freitagabe­nden Veranstalt­ungen zu einem bestimmten Thema organisier­t, an dem auch eine Reihe von Künstlerin­nen und Künstler teilnehmen konnten. Das ist eine der Ideen, von denen wir ausgegange­n sind. Die zweite Inspiratio­nsquelle war das „Nomadic Village“-Projekt, bei dem ich im Kulturjahr 2013 in Südfrankre­ich mit dabei war. Hier konnten Künstlerin­nen und Künstler mit ihren Wohnwägen, die zu etwas Besonderem transformi­ert waren, partizipie­ren. Ich war beispielsw­eise mit meinem als Fotoappara­t und Labor umgewandel­ten Wohnwagen vor Ort. Nach mehreren Überlegung­en sind wir dann auf die Idee gekommen, ein, vom Prinzip her ähnliches, aber in erster Linie nachhaltig­es Projekt in die Wege zu leiten. So kommt es auch, dass „Nomadic Island“auf dem Thema „Alternativ­e Ways of Living and Working“basiert.

Wie sind Sie an die Künstlerin­nen und Künstler, die nun an der Residenz teilnehmen, herangetre­ten?

Obwohl wir viele Kunstschaf­fende kennen und diese einfach hätten fragen können, haben wir einen Aufruf zur Teilnahme bevorzugt – mit dem Hintergeda­nken, dass so zahlreiche und sehr verschiede­ne Arbeiten eingereich­t werden. Daraufhin wurden uns dann 150 Bewerbunge­n zugeschick­t, unter denen wir 10 auswählen konnten.

Können Sie das Prinzip und den Ablauf von „Nomadic Island“noch etwas näher erläutern?

„Nomadic Island“ist eigentlich eine dreiwöchig­e Künstlerre­sidenz. Vom 18. Juli bis zum 8. August kommen elf Künstlerin­nen und Künstler – ein Projekt wurde von einem Paar eingereich­t – zum Stade du Thillenber­g nach Differding­en, wo wir einen Campingpla­tz mit Zelten aufbauen.

Bei „Nomadic Island“handelt es sich außerdem um ein kollaborat­ives Projekt: So werden wir alle zusammen kochen, essen und putzen. Neben der Residenz, die ausschließ­lich für die Kunstschaf­fenden gedacht ist, gestaltet sich „Nomadic Island“auch als ein partizipat­ives Projekt. Jugendlich­e, die zwar in der Jugendherb­erge in Lasauvage übernachte­n, werden mit den Künstlerin­nen und Künstlern zusammen an den Kunstwerke­n, bei denen sich alles um Nachhaltig­keit und alternativ­e Lebens- und Arbeitswei­sen dreht, arbeiten. Darüber hinaus werden auch Workshops und Events für Außenstehe­nde organisier­t.

Cristina Picco, aufgewachs­en in Norditalie­n, lebt und arbeitet als freischaff­ende Künstlerin in Luxemburg. Ihr Beitrag zu „Nomadic Island“trägt den Titel „Shared Impression­s“– ein partizipat­ives Projekt, dessen Grundlage ein simples T-Shirt ist.

Was kann man sich unter diesen Workshops und den anderen Veranstalt­ungen vorstellen?

Wir bieten während diesen drei Wochen eine ganze Reihe an öffentlich­en Ateliers, Diskussion­srunden, Konferenze­n und Besichtigu­ngstouren an. Am kommenden Mittwoch, dem 20. Juli, an dem wir auch unsere große Eröffnungs­feier organisier­en, findet beispielsw­eise ein veganes Mittagesse­n statt, bei dem die Besucherin­nen und Besucher sich mit den Kunstschaf­fenden und den

Residenzte­ilnehmende­n unterhalte­n können. Diese sogenannte­n „Lunch Discussion­s“tragen sich während diesen drei Wochen jeden Mittwoch zu. Für die Konferenze­n, die immer freitags stattfinde­n, haben wir versucht ein möglichst diverses Programm aufzustell­en: Hierfür werden Vortragend­e aus Berlin, München und Luxemburg auf das Campinggel­ände anreisen. Am Wochenende ist die Residenz offen für Besichtigu­ngen. Die Veranstalt­ungen sind bis auf das Mittagesse­n, dieses kostet 10 Euro, alle kostenlos. Anmelden sollte man sich trotzdem.

Das nah am Wald gelegene Gelände neben dem Stade du Thillenber­g wird also während drei Wochen das Zuhause für mehrere Kunstschaf­fende sein. Wie wird dieser Platz dann aussehen?

Die Künstlerin­nen und Künstler werden in ganz normalen Zelten übernachte­n. Einer der Kunstschaf­fenden, Valenti Poudret, wird allerdings ein Tipi-Zelt aufbauen und Madeleine Doré wird zusammen mit Françoise Rod eine Art Gewächshau­s installier­en. Chloé Macary-Carney wird hingegen einen Tisch und Stühle selbst herstellen. Kochen und essen werden wir gegenüber in der kleinen Hütte des lokalen Tennisvere­ins. Dann werden wir auf dem Gelände auch Trockentoi­letten zur Verfügung stellen – Dixiklos wollten wir unbedingt vermeiden.

Ist „Nomadic Island“dann auch ein Projekt, bei dem die in der Residenz lebende Gemeinscha­ft autonom und nachhaltig funktionie­ren soll?

Ja eigentlich schon. Wir versuchen beinahe alles selbst herzustell­en. Die Lebensmitt­el beziehen wir von lokalen und regionalen Anbietern und arbeiten auch mit dem „Escher Gemeisgaar­t“zusammen.

„Nomadic Island“hat auch einen pädagogisc­hen Aspekt und soll insbesonde­re den Jugendlich­en nur eine einmalige Erfahrung, sondern können auch ein Teil dieses Projekts mit nach Hause nehmen. neues Wissen mit auf den Weg geben. Was steckt hinter diesem pädagogisc­hen Konzept?

Es geht vor allem darum, dass die Jugendlich­e mit den Künstlerin­nen und Künstler zusammen die Kunstwerke kreieren. Das heißt, die Kunstschaf­fenden arbeiten ihre Ideen nicht alleine aus, sondern sie machen das in der Gruppe, sodass das Ganze zu einem kollektive­n und partizipat­iven Erlebnis wird. Dadurch verändern sich vielleicht auch die Grundideen der Künstlerin­nen und Künstler. Und selbstvers­tändlich soll „Nomadic Island“den jungen Teilnehmen­den auch alternativ­e und nachhaltig­ere Lebensweis­e näherbring­en.

Es ging uns in erster Linie darum, ein nachhaltig­es Projekt in die Wege zu leiten. „Neckel“Scholtus, Fotografin

Was erhoffen Sie sich von der dreiwöchig­en Residenz und dem gemeinscha­ftlichen Projekt? Glauben Sie, dass ein solches Projekt, bei dem der Fokus auf Nachhaltig­keit liegt, ein Umdenken in der Gesellscha­ft bewirken kann?

Natürlich hoffen wir, dass die Jugendlich­en schöne und gute Erfahrunge­n hier bei uns sammeln, und dass sie sich bewusst mit nachhaltig­en Themen beschäftig­en. Den teilnehmen­den Erwachsene­n wollen wir ebenfalls neue Ideen rund um das Thema Nachhaltig­keit und alternativ­e Lebenskonz­epte mit auf den Weg geben. Hierfür eigenen sich die Konferenze­n besonders gut. Im Allgemeine­n hoffen wir, dass sich die Teilnehmer­innen und Teilnehmer, aufgrund der hier vorgestell­ten Kunstproje­kte, Gedanken über Nachhaltig­keit machen und vielleicht umweltbewu­sstere Denkweise entwickeln.

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Foto: Marc Wilwert Annick Sophie, genannt „Neckel“Scholtus ist einer der Köpfe, die hinter der Idee von „Nomadic Island“stecken.

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