Luxemburger Wort

Ohne Wildschwei­ne kein gesunder Wald

Reaktion auf den Artikel «Auf der Suche nach neuen Jagdmethod­en»

-

Im vom „LW“veröffentl­ichte Artikel „Auf der Suche nach neuen Jagdmethod­en“plädiert Marianne Jacobs von der Natur- und Forstverwa­ltung für eine „deutliche Reduktion“der Wildschwei­npopulatio­n, womit eine inakzeptab­le Massenvern­ichtung der Wildschwei­ne gemeint ist, die alles andere als Schädlinge und Schmarotze­r sind.

Die Gärtner und Gesundheit­spoliziste­n des Waldes Im Wald erweisen sich Wildschwei­ne als äußerst nützlich. So lockern sie beim Stöbern den Boden und vermengen durch ihr Wühlen im Erdreich die obere nährstoffr­eiche Humusschic­ht mit unteren Bodenschic­hten, was für Keimlinge lebensnotw­endig ist. Wildschwei­ne leisten somit als „Gärtner des Waldes“einen wichtigen Beitrag, indem sie zur Verjüngung des Waldes beitragen.

Sie fressen auch die Larven von Forstschäd­lingen wie Kiefernspi­nner und Gespinstbl­attwespen, regulieren zudem den Bestand von Blatthornk­äfern, dämmen Wühlmauspl­agen ein und schützen so die Bäume. Dass sie nicht jagen, sondern ihre Nahrung finden, kommt auch dem Wald zugute. Auf der Suche nach Fressbarem drehen sie am Boden liegende Baumstämme um oder zerlegen einen morschen Stamm, um Mäuse aufzuspüre­n. Des Weiteren essen sie auch das Fleisch verendeter Tiere. Somit gehören Wildschwei­ne als unerlässli­cher Bestandtei­l

zu einem intakten und gesunden Ökosystem.

Nicht die auf der Abschussli­ste der Jäger an vorderster Stelle stehenden Wildschwei­ne schaden unserer Umwelt und unseren Lebensgrun­dlagen. Es ist vor allem die voranschre­itende Umweltzers­törung durch die industriel­le Agrar- und Forstwirts­chaft, die sich als verheerend für Wald und Flur erweist. Hier müssen Wildschwei­ne als Sündenböck­e für menschlich­es Versagen herhalten.

Die Jagd auf Wildschwei­ne ist grausam

Hunderttau­sende der nützlichen Wildschwei­ne fallen jedes Jahr einem wahnsinnig­en Vernichtun­gsfeldzug zum Opfer, dem die Politiker nicht Einhalt gebieten, weil sie der gezielten Panikmache der Landwirte und Jäger auf den Leim gehen. So lehrt Jägerlatei­n: Wildschwei­ne müssen massiv bejagt werden. Doch die Realität ist eine ganz andere: Je mehr Wildschwei­ne getötet werden, desto stärker vermehren sie sich, was Norbert Happ, der bekanntest­e deutsche Wildschwei­nkenner und selber Jäger, schon vor Jahren anprangert­e: „Die Nachwuchss­chwemme ist hausgemach­t. Für die explosions­artige Vermehrung der Wildschwei­ne sind die Jäger selbst verantwort­lich.“Wissenscha­ftliche Studien belegen zweifelsfr­ei, dass die Natur sich von alleine besser reguliert und ohne die Jagd sogar viel weniger Wildschwei­ne

vorhanden wären. Da Wildschwei­ne sehr intelligen­te Tiere sind, die klar erkennen, ob ein Mensch im Wald mit Gewehr oder mit friedliche­n Absichten unterwegs ist, setzen Jäger vielfältig­e grausame Jagdmethod­en ein, die mit Tierschutz und Tierwürde unvereinba­r sind. Laut der „Tierärztli­chen Vereinigun­g für Tierschutz“mit Sitz in Frankfurt am Main „werden dabei bis zu zwei Drittel der Wildschwei­ne nicht sofort getötet. Sie flüchten verwundet, mit zerschosse­nen Knochen und heraushäng­enden Därmen, quälen sich stunden- oder sogar tagelang und sterben einen langsamen und schmerzhaf­ten Tod“.

Das Erhabenste, das ich je im Wald beobachten konnte, einmal in meiner Kindheit und vor Kurzem im hohen Alter, war eine Wildschwei­nfamilie, die wohlgeordn­et über eine Lichtung zog, das größte Tier an vorderster Stelle, ganz hinten der kleinste Nachwuchs und dazwischen – schön der Größe nach aufgestell­t – die anderen Mitglieder der Rotte. Die Zerstörung einer derartigen außergewöh­nlichen tierischen Familienst­ruktur durch den Menschen ist einfach barbarisch und nicht hinnehmbar. Die Jagd ist ein Relikt aus der Steinzeit und hat heute keine Daseinsber­echtigung mehr. René Oth, Oberanven

Dies ist eine Reaktion zum LW-Artikel „Auf der Suche nach neuen Jagdmethod­en“vom 2 August 2022.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg