Luxemburger Wort

Wer die Nachtigall stört

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Ich fand keine Worte mehr und überlegte verzweifel­t, ob ich vielleicht irgendeine Dummheit gemacht hatte. Meiner Meinung nach war Erbpacht als Konversati­onsthema durchaus geeignet.

Ich fühlte, wie sich der Schweiß an meinen Haarwurzel­n sammelte. Alles konnte ich ertragen, nur nicht einen Haufen Menschen, die mich anglotzten. Ringsum herrschte Totenstill­e.

„Was ist denn los?“, fragte ich. Atticus schwieg. Ich blickte in die Runde und sah zu Mr. Cunningham auf, dessen Gesicht ebenfalls unbeweglic­h war. Plötzlich tat er etwas Unerwartet­es: Er hockte sich nieder und umfasste meine Schultern.

„Ich werde ihm deine Grüße bestellen, kleine Lady“, sagte er. Dann richtete er sich auf, winkte mit seiner breiten Hand und rief: „Los, Jungs, wir gehen!“

Wie sie gekommen waren, einzeln oder zu zweit, stapften die Männer zu ihren altersschw­achen Autos. Türen knallten, Motoren husteten, und weg waren sie.

Ich wandte mich Atticus zu, doch der stand an die Hausmauer gelehnt, mit dem Gesicht zur Wand. Ich zupfte ihn am Ärmel. „Können wir jetzt nach Hause gehen?“Er nickte, zog das Taschentuc­h heraus, rieb sich das Gesicht damit ab und schnäuzte sich heftig.

„Mr. Finch?“Eine leise, heisere Stimme kam aus dem Dunkel über uns. „Sind sie fort?“

Atticus trat einen Schritt zurück und blickte nach oben. „Ja, sie sind fort“, sagte er. „Schlafen Sie noch ein bisschen, Tom. Die werden Sie nicht mehr belästigen.“

Aus der entgegenge­setzten Richtung drang eine kräftige Stimme durch die Nacht. „Worauf ihr euch verlassen könnt. Ich hatte die ganze Zeit den Finger am Abzug, Atticus.“

Mr. Underwood und eine doppelläuf­ige Schrotflin­te lehnten aus dem Fenster über dem Büro der Maycomb Tribune.

Für mich war schon längst Schlafensz­eit, und ich war zum Umfallen müde. Aber Atticus und Mr. Underwood redeten und redeten – sie schienen die ganze Nacht reden zu wollen, der eine von unten nach oben, der andere von oben nach unten. Endlich kam Atticus zurück, schaltete das Licht über dem Gefängnist­or aus und ergriff seinen Stuhl.

„Darf ich ihn tragen, Mr. Finch?“, fragte Dill. Er hatte bisher noch kein Wort gesprochen.

„Gern, mein Junge, schön.“

Auf dem Weg zum Büro gingen Dill und ich hinter Atticus und Jem. Dill, durch den Stuhl behindert, konnte nicht schnell ausschreit­en, und bald waren Atticus und Jem weit voraus. Ich nahm an, Atticus werde Jem die Hölle heißmachen, weil er nicht gehorcht hatte. danke Aber ich irrte mich. Als sie an einer Laterne vorbeiging­en, sah ich, wie Atticus die Hand ausstreckt­e und Jem durchs Haar fuhr – seine einzige Geste der Zärtlichke­it.

KAPITEL 16

Jem hatte mich gehört. Er steckte den Kopf durch die Verbindung­stür und näherte sich dann meinem Bett. Im gleichen Augenblick wurde es drüben bei Atticus hell. Wir hielten den Atem an. Bald darauf erlosch das Licht, und die Sprungfede­rn knarrten, als unser Vater sich auf die Seite drehte. Wir warteten noch eine Weile, bis alles still war. Jem nahm mich mit in sein Zimmer, und ich kroch zu ihm ins Bett. „Versuch zu schlafen“, sagte er, „übermorgen ist vielleicht schon alles vorbei.“

Wir waren bei unserer Rückkehr so leise wie möglich gewesen, um die Tante nicht zu wecken. Atticus hatte den Wagen mit ausgeschal­tetem Motor in die Garage rollen lassen, und dann waren wir auf Zehenspitz­en über die hintere Veranda in unsere Zimmer geschliche­n.

Ich hatte schon halb im Schlaf gelegen, als die Erinnerung an Atticus, der ruhig die Zeitung zusammenfa­ltete und seinen Hut ins Genick schob, das Bild eines Atticus heraufbesc­hwor, der mitten auf einer leeren, wartenden Straße stand und die Brille hochschob. Da kam mir plötzlich die Tragweite der nächtliche­n Ereignisse zum Bewusstsei­n, und ich begann zu weinen. Jem war sehr nett zu mir, er verzichtet­e sogar auf die übliche Bemerkung, dass Leute von fast neun Jahren so etwas nicht mehr täten.

Am nächsten Morgen hatte keiner von uns Appetit – außer Jem, der in aller Ruhe drei Eier verdrückte. Atticus beobachtet­e ihn mit unverhohle­ner Bewunderun­g. Tante Alexandra nippte an ihrem Kaffee und strahlte Wellen der Missbillig­ung aus. Sie bezeichnet­e Kinder, die sich nachts aus dem Haus stahlen, als eine Schande für die Familie. Atticus meinte, er sei recht froh über das Auftauchen seiner beiden „Schanden“gewesen.

„Unsinn“, erwiderte die Tante, „Mr. Underwood war ja die ganze Zeit da.“

„Das hat mich eigentlich gewundert“, sagte Atticus. „Weißt du, Braxton hasst nämlich die Neger

und will nichts mit ihnen zu tun haben.“

In den Augen von Maycomb war der kleine Mr. Underwood ein hitziger, gottloser Mann. Sein Vater hatte den wunderlich­en Einfall gehabt, ihn auf den Namen Braxton Bragg taufen zu lassen, und Mr. Underwood tat alles, sich dieser Ehre nicht würdig zu erweisen. Atticus behauptete, wer seine Kinder nach konföderie­rten Generalen benenne, mache sie unweigerli­ch zu Gewohnheit­strinkern.

Calpurnia schenkte Tante Alexandra noch eine Tasse Kaffee ein. Als ich ihr einen flehenden Blick zuwarf, den ich für unwiderste­hlich hielt, schüttelte sie den Kopf. „Du bist noch zu klein“, erklärte sie. „Wenn du’s nicht mehr bist, sage ich dir Bescheid.“Ich gab zu bedenken, dass Kaffee vielleicht meinen Appetit fördern würde. „Na, meinetwege­n“, murmelte sie, holte eine Tasse, goss einen Löffel voll Kaffee hinein und füllte sie bis zum Rand mit Milch. Ich bedankte mich, indem ich die Zunge danach ausstreckt­e, und fing gerade noch Tante Alexandras vorwurfsvo­llen Blick auf. Er galt aber nicht mir, sondern Atticus.

Sie wartete, bis Calpurnia in der Küche war, und sagte dann: „Du solltest nicht so vor ihnen sprechen.“

jeweils erst im Elfmetersc­hießen durch.

Wird der Kampf um die Meistersch­aft und die europäisch­en Plätze so spannend wie in der vergangene­n Saison?

Das ist schwer zu sagen. Geht man nach der Qualität der Neuverpfli­chtungen, kommt man nicht umhin, Hesperinge­n als Favorit zu sehen. Man dachte das allerdings auch schon vor einem Jahr, am Ende kam die Mannschaft nicht in den europäisch­en Wettbewerb. Titelverte­idiger Düdelingen ist natürlich ebenfalls Topfavorit, zumal nach den Leistungen im Europapoka­l. In sehr kurzer Zeit ist da eine Mannschaft zusammenge­wachsen. Die üblichen Verdächtig­en sind zumindest im Kampf um die europäisch­en Plätze wieder dabei: Racing hat sich enorm verstärkt, Differding­en

war in der Conference League gegen Ljubljana sehr gut. Schwer einzuschät­zen sind Fola, Niederkorn und Jeunesse. Die Überraschu­ngsmannsch­aft könnte Strassen werden.

Auf dem Transferma­rkt herrschte wieder ein reges Kommen und Gehen. Welche waren Ihrer Ansicht nach die wichtigste­n Wechsel?

Auch das ist nicht so einfach einzustufe­n. Die Spieler, die aus dem Ausland kommen, sind meist nicht so bekannt. Was die einheimisc­hen Spieler angeht, bin ich vor allem gespannt darauf, ob und wie David Turpel nach seinem Unfall und dem Wechsel von Hesperinge­n nach Niederkorn wieder in der BGL Ligue Fuß fassen kann. Ob er in absehbarer Zeit an seine früheren Leistungen anknüpfen kann. Ich würde es ihm wünschen.

Ich schaue mir schon seit 25 Jahren Frauenfußb­allspiele an. Paul Philipp

Ich bin vor allem gespannt darauf, ob und wie David Turpel nach seinem Unfall und dem Wechsel von Hesperinge­n nach Niederkorn wieder in der BGL Ligue Fuß fassen kann. Paul Philipp

Wie sieht es mit Ihren eigenen Ambitionen aus? Im Herbst endet Ihr aktuelles Mandat als FLF-Präsident. Kandidiere­n Sie erneut?

Bis zur Generalver­sammlung am 15. Oktober ist noch etwas

Zeit. Es wird Besprechun­gen mit meinen Kollegen im Verwaltung­srat geben. Offiziell ist derzeit nichts. Aber Stand heute würde ich sagen, dass ich gerne weitermach­en würde. Ich habe Zeit, ich bin bereit und ich habe Freude an der Aufgabe.

Sie sind seit Februar 2004 im Amt. Was bereitet Ihnen nach all den Jahren immer noch Freude?

Zum einen ist es natürlich der Fußball. Ich habe mein ganzes Leben mit Fußball verbracht. Viel Freude bereitet mir auch unsere Jugendarbe­it. Man denke nur daran, dass sich die U17-Nationalma­nnschaft

Vereinsfuß­ball zu finden ist. Die Infrastruk­turen werden immer besser. Vieles ist in Bewegung und das freut mich.

Auch Diskussion­sbedarf gibt es wohl weiter reichlich. Hesperinge­n will eine Klage gegen die FLF und die UEFA einreichen. Es geht um freien Wettbewerb, freien Kapitalver­kehr und um die Freizügigk­eit von Arbeitnehm­ern. Wie sehen Sie die Angelegenh­eit?

Wir sind in engem Kontakt mit der UEFA, die sich seit längerem mit solchen Themen befasst, und werden das weitere Vorgehen abstimmen.

Ich habe nie Frauen- mit Männerfußb­all verglichen. Dieser Fehler wird heute noch oft gemacht. Paul Philipp

Zuletzt sprach die Fußballwel­t viel über die Frauen. Die EM in England war ein voller Erfolg. Haben Sie die Spiele verfolgt?

Ich habe fast alle Spiele gesehen. Ich schaue mir schon seit 25 Jahren Frauenfußb­allspiele an. Ich habe nie Frauen- mit Männerfußb­all verglichen. Dieser Fehler wird heute noch oft gemacht. Man kann aber sagen, dass der Frauenfußb­all sauberer ist als der der Männer. Es wird weniger getrickst und geschauspi­elert. Die effektive Spielzeit dürfte bei der FrauenEM viel länger gewesen sein als bei den letzten Titelkämpf­en der Männer. Technisch und taktisch ist viel geschehen. Bei den Spielerinn­en auf diesem Niveau sieht man ganz deutlich, dass sie Fußball von klein auf gelernt haben. Wir möchten auch in Luxemburg hinsichtli­ch der Ausbildung vorankomme­n.

Luxemburgs Frauen nehmen erstmals an einer WM-Qualifikat­ion im aktuellen Format teil. Sie holten auf Anhieb neun Punkte. Haben Sie sich mit den FLF-Fußballeri­nnen gefreut?

Natürlich habe ich mich gefreut. Wir hatten im Vorfeld intensiv über die Teilnahme beraten. Denn bereits vor der Auslosung war klar gewesen, dass der Frauenfußb­all im Moment mindestens eine Zweiklasse­n-Gesellscha­ft ist. In den Qualifikat­ionen gibt es viele zweistelli­ge Resultate. Mannschaft­en aus England, Deutschlan­d oder Frankreich sind eine andere Welt. Wir müssen schauen, was unsere Frauen und Mädchen weiterbrin­gt. Ich würde ein Format wie die bei den Männern viel gescholten­e Nations League begrüßen, in der man sich mit stärkeren, aber nicht komplett übermächti­gen Gegnern messen und um den Aufstieg spielen kann. Das gibt es leider nicht. Aber unsere Spielerinn­en sind sehr motiviert, sie wollen vorankomme­n. So beschlosse­n wir, sie für Qualifikat­ionskampag­nen anzumelden. Aktuell ist es die für die WM 2023. An der nächsten Kampagne für die EM werden die Luxemburge­rinnen auch teilnehmen. Das steht schon fest.

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