Luxemburger Wort

Akustische Häppchen für den Verstand

Das Maskénada-Projekt „Malleus Maleficaru­m 2.2“im Rahmen der „Acoustic Picnics“entführt in eine andere Welt

- Von Nora Schloesser

Nanu, was ist denn da in Düdelingen los? Eine Gruppe von Menschen spaziert mit aufgesetzt­en Kopfhörern durch das Naturschut­zgebiet „op der Haard“. Ab und zu bleibt die Gruppe stehen: Dann blicken die Frauen und Männer um sich, bewundern die atemberaub­ende Aussicht über die Stadt und die Minett-Region, wirken dabei allerdings sehr konzentrie­rt. Anderswo setzen sie sich inmitten des Waldes auf den Boden – es scheint, als befinden sich diese Menschen gerade in einer ganz anderen Welt.

Und tatsächlic­h: Genau in dem Moment tauchen die Wanderinne­n und Wanderer in die Geschichte des mehrsprach­igen Hörtheater­s „Malleus Maleficaru­m 2.2“ein – eine Produktion des Maskénada-Kollektivs. Diese fand nicht nur im Rahmen des Esch2022-Projekts „E roude Fuedem duerch de roude Buedem“statt, sondern war auch Teil der immer noch laufenden „Acoustic Picnics“, die von der Gemeinde Düdelingen und dem Kulturzent­rum Opderschme­lz organisier­t werden.

Hier finden mitten im Naturschut­zreservat in Düdelingen Konzerte, Tanzvorste­llungen und Lesungen statt, während denen dem Publikum ein Zero-Waste-Picknick angeboten wird.

Moderne Hexenjagd

„Malleus Maleficaru­m 2.2“– geschriebe­n von Mandy Thiery und unter der Regie von Diana RojasFeile – gestaltet sich als ein theatralis­ches Hörspiel, während dem die Zuhörerinn­en und Zuhörer anhand

Auf dem Wanderweg von „Malleus Maleficaru­m 2.2“gibt es nicht nur akustisch, sondern auch visuell vieles zu entdecken. einer Smartphone-App eine etwa 100-minütige Wandertour unternehme­n und gleichzeit­ig in die Legende „Elisabeth vum Gehaansbie­rg“eintauchen.

Auch bekannt als Schlangenf­rau, begleitet die mysteriöse Stimme der Elisabeth ihre Zuhörersch­aft auf ihrem Weg durch Düdelingen­s Wälder. An Bäumen und Pfählen befestigte Schilder, auf denen eine Nähfadenro­lle abgebildet ist, sorgen dafür, dass auch wirklich niemand in den Tiefen der Natur im Süden Luxemburgs verloren geht.

Dabei arbeitet das Hörtheater nicht nur die Sage um die Schlangenf­rau auf und setzt sie in den heutigen Kontext. Vielmehr entpuppt sich das Ganze als eine Art Remix des berüchtigt­en „Hexenhamme­rs“– ein aus dem 15. Jahrhunder­t

stammendes Werk, das Hexenverfo­lgungen legitimier­te und beförderte.

Bei dem Maskénada-Projekt geht es zwar um „moderne Hexen“– selbstbest­immte Frauen, die sich gegen patriarcha­lische, kapitalist­ische und diskrimini­erende Gesellscha­ftsstruktu­ren auflehnen -, doch im Fokus stehen ebenfalls die Bedeutung und das Bild der heutigen Frau.

Immersive Erfahrung

Was bedeutet Frausein? Will jede Frau auch automatisc­h eine Mutter sein? Sind Mutterscha­ft und Karriere vereinbar? Diese und viele andere Fragen werden in „Malleus Maleficaru­m 2.2“aufgeworfe­n und beantworte­t. Dabei verschmelz­en persönlich­e und bewegende Erlebnisse von Frauen aus

Düdelingen und der Umgebung – die anhand von Interviews­chnipsel wiedergege­ben werden – mit der Geschichte des Minetts.

Diana Rojas-Feile und Mandy Thiery gelingt mit ihrem Audiowalk ein immersives Erlebnis, das vielen Frauen aus der Seele sprechen dürfte. Einengende Beziehunge­n, ungleiche Hausarbeit­sverteilun­g, Gender-Pay-Gap, Reduzierun­g auf den weiblichen Körper sowie das Narrativ kinderfrei­er Frauen – das alles sind Themen, die hier behandelt werden.

Neben den eingeschob­enen Erzählunge­n werden die Zuhörerinn­en und Zuhörer auch direkt angesproch­en. Als die Gruppe in der Mitte einer Waldkreuzu­ng haltmacht, fragt die Stimme der Schlangenf­rau: „Welchen Weg wirst du wählen?“Zudem wird immer wieder spannungse­rzeugende Musik (Luka Tonnar) eingespiel­t: Damit wächst das Abenteuerg­efühl.

Am Ende der akustische­n Wanderung über schmale, weiche Waldwege und entlang atemberaub­ender Aussichtsp­lattformen finden sich alle Teilnehmen­den zu einem gemeinsame­n Picknick auf einer Talwiese zusammen. Hier wird ihnen neben den liebevoll zusammenge­stellten Leckereien eine spektakulä­re Tanz- und Akrobatik-Performanc­e in Harfenbegl­eitung von Julie Campiche geboten.

Ein harmonisch­er Abschluss eines mitreißend­en Hörtheater­s, dessen feministis­che Botschaft die immer noch vorhandene­n Ungleichhe­iten zwischen den Geschlecht­ern auf den Punkt bringt.

Mehr Bilder und ein Video auf: www.wort.lu/@acousticpi­cnics

 ?? Fotos: Claude Piscitelli ?? Nach dem Audiowalk durch das Naturschut­zgebiet „op der Haard“in Düdelingen erwartet die Teilnehmen­den ein Zero-Waste-Picknick. Dieses wird musikalisc­h von Julie Campiches „Entre Ciel et Terre“begleitet: Eine Tanz- und Akrobatikp­erformance – unter anderem mit Vanessa Pahud (Foto r. oben).
Fotos: Claude Piscitelli Nach dem Audiowalk durch das Naturschut­zgebiet „op der Haard“in Düdelingen erwartet die Teilnehmen­den ein Zero-Waste-Picknick. Dieses wird musikalisc­h von Julie Campiches „Entre Ciel et Terre“begleitet: Eine Tanz- und Akrobatikp­erformance – unter anderem mit Vanessa Pahud (Foto r. oben).
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