Akustische Häppchen für den Verstand
Das Maskénada-Projekt „Malleus Maleficarum 2.2“im Rahmen der „Acoustic Picnics“entführt in eine andere Welt
Nanu, was ist denn da in Düdelingen los? Eine Gruppe von Menschen spaziert mit aufgesetzten Kopfhörern durch das Naturschutzgebiet „op der Haard“. Ab und zu bleibt die Gruppe stehen: Dann blicken die Frauen und Männer um sich, bewundern die atemberaubende Aussicht über die Stadt und die Minett-Region, wirken dabei allerdings sehr konzentriert. Anderswo setzen sie sich inmitten des Waldes auf den Boden – es scheint, als befinden sich diese Menschen gerade in einer ganz anderen Welt.
Und tatsächlich: Genau in dem Moment tauchen die Wanderinnen und Wanderer in die Geschichte des mehrsprachigen Hörtheaters „Malleus Maleficarum 2.2“ein – eine Produktion des Maskénada-Kollektivs. Diese fand nicht nur im Rahmen des Esch2022-Projekts „E roude Fuedem duerch de roude Buedem“statt, sondern war auch Teil der immer noch laufenden „Acoustic Picnics“, die von der Gemeinde Düdelingen und dem Kulturzentrum Opderschmelz organisiert werden.
Hier finden mitten im Naturschutzreservat in Düdelingen Konzerte, Tanzvorstellungen und Lesungen statt, während denen dem Publikum ein Zero-Waste-Picknick angeboten wird.
Moderne Hexenjagd
„Malleus Maleficarum 2.2“– geschrieben von Mandy Thiery und unter der Regie von Diana RojasFeile – gestaltet sich als ein theatralisches Hörspiel, während dem die Zuhörerinnen und Zuhörer anhand
Auf dem Wanderweg von „Malleus Maleficarum 2.2“gibt es nicht nur akustisch, sondern auch visuell vieles zu entdecken. einer Smartphone-App eine etwa 100-minütige Wandertour unternehmen und gleichzeitig in die Legende „Elisabeth vum Gehaansbierg“eintauchen.
Auch bekannt als Schlangenfrau, begleitet die mysteriöse Stimme der Elisabeth ihre Zuhörerschaft auf ihrem Weg durch Düdelingens Wälder. An Bäumen und Pfählen befestigte Schilder, auf denen eine Nähfadenrolle abgebildet ist, sorgen dafür, dass auch wirklich niemand in den Tiefen der Natur im Süden Luxemburgs verloren geht.
Dabei arbeitet das Hörtheater nicht nur die Sage um die Schlangenfrau auf und setzt sie in den heutigen Kontext. Vielmehr entpuppt sich das Ganze als eine Art Remix des berüchtigten „Hexenhammers“– ein aus dem 15. Jahrhundert
stammendes Werk, das Hexenverfolgungen legitimierte und beförderte.
Bei dem Maskénada-Projekt geht es zwar um „moderne Hexen“– selbstbestimmte Frauen, die sich gegen patriarchalische, kapitalistische und diskriminierende Gesellschaftsstrukturen auflehnen -, doch im Fokus stehen ebenfalls die Bedeutung und das Bild der heutigen Frau.
Immersive Erfahrung
Was bedeutet Frausein? Will jede Frau auch automatisch eine Mutter sein? Sind Mutterschaft und Karriere vereinbar? Diese und viele andere Fragen werden in „Malleus Maleficarum 2.2“aufgeworfen und beantwortet. Dabei verschmelzen persönliche und bewegende Erlebnisse von Frauen aus
Düdelingen und der Umgebung – die anhand von Interviewschnipsel wiedergegeben werden – mit der Geschichte des Minetts.
Diana Rojas-Feile und Mandy Thiery gelingt mit ihrem Audiowalk ein immersives Erlebnis, das vielen Frauen aus der Seele sprechen dürfte. Einengende Beziehungen, ungleiche Hausarbeitsverteilung, Gender-Pay-Gap, Reduzierung auf den weiblichen Körper sowie das Narrativ kinderfreier Frauen – das alles sind Themen, die hier behandelt werden.
Neben den eingeschobenen Erzählungen werden die Zuhörerinnen und Zuhörer auch direkt angesprochen. Als die Gruppe in der Mitte einer Waldkreuzung haltmacht, fragt die Stimme der Schlangenfrau: „Welchen Weg wirst du wählen?“Zudem wird immer wieder spannungserzeugende Musik (Luka Tonnar) eingespielt: Damit wächst das Abenteuergefühl.
Am Ende der akustischen Wanderung über schmale, weiche Waldwege und entlang atemberaubender Aussichtsplattformen finden sich alle Teilnehmenden zu einem gemeinsamen Picknick auf einer Talwiese zusammen. Hier wird ihnen neben den liebevoll zusammengestellten Leckereien eine spektakuläre Tanz- und Akrobatik-Performance in Harfenbegleitung von Julie Campiche geboten.
Ein harmonischer Abschluss eines mitreißenden Hörtheaters, dessen feministische Botschaft die immer noch vorhandenen Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern auf den Punkt bringt.
Mehr Bilder und ein Video auf: www.wort.lu/@acousticpicnics