Sprungbrett Etzella
Der Ettelbrücker Lucas Ferreira empfiehlt sich für höhere Aufgaben
Welche sportliche Führung träumt nicht davon? Eine Mannschaft sukzessive über die Jahre aufzubauen. In den Ettelbrücker Deichwiesen ist genau dies seit rund anderthalb Jahrzehnten unmöglich. „Als ich 2006 meine Spielerkarriere hier beendete, hatten wir noch sechs Nationalspieler im Team“, erinnert sich Neil Pattison. „Inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Wir sind nun ein klassischer Ausbildungsverein. Würden all jene weiterhin bei uns spielen, die hier einst das Fußballspielen erlernt haben, würden wir konstant im oberen Drittel oder gar um den Titel mitspielen.“
Dass des Trainers Verdikt keinesfalls von Übermut zeugt, lässt sich belegen. Die Liste der in Ettelbrück ausgebildeten Spieler ist lang – und zeugt von hoher Qualität. André Barella, Kevin Malget, Edin Osmanovic, Gilson Delgado, Jader Soares, Gianni Medina, Chris Philipps, Diogo Pimentel, Gustavo Hemkemeier, Kevin Holtz, David Turpel – eine positionsspezifische Startelf noch aktiver Akteure, die Etzella als Sprungbrett für höhere Gefilde nutzten, ließe sich leicht zusammenstellen.
2022/2023 sieht man sich in bester Don-Quichotte-Manier wieder mit den alljährlichen Herausforderungen konfrontiert. Mit Soares sowie Hemkemeier musste Etzella über den Sommer seinen Kapitän als auch seinen Topscorer zu zahlungskräftigeren nationalen Topteams ziehen lassen.
„Alle Abgänge sind budgetbedingt. Mit Gustavo hatten wir das Übereinkommen, dass er sich bei uns einen Namen machen kann, um dann woanders als Profi einen besser dotierten Vertrag zu unterschreiben. Die Abgänge von Jader und Kevin waren auch finanziell bedingt. Zwar ging es ihnen persönlich nicht ums Geld, wir hatten aber nicht das Budget, um ihnen eine Mannschaft zur Seite zu stellen, die um Titel mitspielen kann. Andernfalls hätten sie uns als Ur-Ettelbrücker nie verlassen“, erklärt Pattison.
In Ettelbrück hat man sich – so Pattison – mit der Situation arrangiert. „Solche Wechsel zeigen, dass wir gute Arbeit leisten. Wenn die
Jungs dann irgendwann nochmals in ihre fußballerische Heimat zurückkehren wollen, stehen ihnen unsere Türen – wie im Fall Daniel da Mota – jederzeit offen.“
Win-win-Situation
14 Jahre nach seinem letzten Pflichtspiel im Etzella-Trikot lief der 100-fache Nationalspieler am Samstag beim Ligaauftakt gegen Titus Petingen erstmals seit 2008 wieder für Ettelbrück auf. „Daniel ist als Leader für unsere junge Mannschaft unheimlich wichtig“, so Pattison über den renommierten Rückkehrer, der zum Saisonauftakt ein unauffälliges Comeback feierte.
Während da Mota seine Karriere in den Deichwiesen ausklingen lassen dürfte, wollen jüngere Spieler Etzella als Sprungbrett nutzen.
Die aktuell heißesten Eisen im Kader, die Ettelbrück alsbald sportlich entwachsen könnten, sind Téo Herr (21 Jahre) und Lucas Ferreira (19). „Für uns sind solche Konstellation Win-win-Situation. Wenn ein Téo Herr sich bei uns mit vielen Toren für höhere Profiligen empfehlen kann, profitieren beide Seiten“, erklärt Pattison. Während der Franzose gegen Petingen die Großchance zur Führung liegen ließ (31.'), trumpfte Eigengewächs Ferreira nach der Pause mit einem Doppelpack groß auf. Der Mittelfeldspieler unterstrich nicht nur wegen seines Doppelpacks, dass er als aktueller U21-Nationalspieler zu Höherem berufen ist.
Nach dem 2:0-Auftakterfolg wird Etzella an den beiden kommenden Spieltagen zweimal auswärts gefordert sein, ehe man zum nächsten Heimspiel einen selbst ernannten Titelmitfavoriten empfängt. „Dann wird wieder ein von uns Ausgebildeter in der alten Heimat vorstellig werden“, blickt Pattison voraus. Die Position des Abräumers vor der Abwehr bekleidet in Differdingen bekanntlich ... Gianni Medina.