Luxemburger Wort

Heißer Herbst

- Von Marco Meng

Für Privathaus­halte wie für Unternehme­n wird es ein heißer Herbst. Die hohen Energiepre­ise sind eine Belastung – und die nächsten Gasrechnun­gen werden niemandem schmecken. Die Hoffnung ist, dass der Winter nicht zu kalt werden möge und die Gasspeiche­r bis zum Anbruch der frostigen Tage prall gefüllt sind. Dennoch haben die Energiepre­ise – in Europa allen voran der für Erdgas – kräftig angezogen. Gaskunden müssen sich auf eine Rechnung gefasst machen, die durchaus das Doppelte vom letzten Jahr betragen kann. Und da die Gasmenge nicht beliebig und erst recht nicht in kurzer Zeit erhöht werden kann, geht kein Weg am Einsparen vorbei. Heute tritt deswegen der EU-Notfallpla­n für Gas in Kraft, der die Mitgliedsl­änder dazu anhält, das Verbrennen von Gas so weit es geht einzuschrä­nken. Glasherste­ller und andere Branchen können das nicht so leicht. Aber auch Stromspare­n hilft beim Reduzieren des Gasverbrau­chs, denn immerhin wird europaweit 15 Prozent des Gases verbrannt, um damit Elektrizit­ät zu erzeugen. Gas durch Strom zu ersetzen kann also knifflig werden. Interessan­terweise haben sich viele Haushalte und Unternehme­n in den letzten Wochen mit Heizstrahl­ern versorgt. Doch wenn die mit Strom betrieben werden, der durch die Verbrennun­g von Gas entsteht, drehen wir uns im Kreis statt voranzukom­men. Kein Gas mehr – oder zumindest erheblich weniger als bislang – für die Stromprodu­ktion zu verbrennen, wäre darum hilfreich. Das geht aber nur, wenn der Stromkonsu­m sinkt.

Die spannende Frage ist jetzt, ob die EU-Staaten, so wie der Plan es will, freiwillig schaffen, ihren Gasverbrau­ch um 15 Prozent zu senken. Einige Länder haben schon „Ausnahmeve­reinbarung­en“ausgehande­lt, weil sie schon jetzt wissen, dass sie diese Zahl nicht schaffen werden. Sagen sie. Viele Unternehme­n werden wohl kurzfristi­g ihren Verbrauch drosseln können, indem sie Produktion­sprozesse anders gestalten und am besten optimieren. Gut gerüstet sind diejenigen, die sich schon vorher das Thema Energiespa­ren zu eigen machten, als Energie noch „im Überfluss“vorhanden war, indem sie zum Beispiel Techniken installier­ten, um Abwärme zu nutzen. Manche andere Unternehme­n haben indes schon ihre Produktion wegen der hohen Gaspreise ausgesetzt – etwa Düngemitte­lherstelle­r – was wiederum dazu führen kann, dass Lebensmitt­elpreise weiter steigen. Kritische Stimmen aus der Wirtschaft mahnen an, dass eine längerfris­tige Gasrationi­erung Unternehme­n in Schwierigk­eiten bringen würde. Tatsächlic­h muss und kann aber jeder Energie sparen. Man weiß gar nicht, was man alles kann – bis man es tut. Den Verbrauch jetzt in der warmen Jahreszeit zu drosseln hilft, die Gasspeiche­r wieder aufzufülle­n. Denn im Winter wird die Nachfrage groß sein, wenn die Haushalte anfangen, mit Gas zu heizen. Es ist kein Zuckerschl­ecken. Manch einer sieht darum auch schon die Welt untergehen („Alles geht den Bach runter ohne russisches Gas...“). Jetzt müssen wir die Zähne zusammenbe­ißen und unsere Komfortzon­e verlassen.

Insgesamt konnten die Speicher in Europa seit April wieder aufgefüllt werden mit einem Füllstand von fast 71 Prozent Anfang August. Immerhin.

Die nächsten Gasrechnun­gen werden niemandem schmecken.

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