Griechischer Premier verteidigt sich
Kyriakos Mitsotakis weist jede Verantwortung für das monatelange Abhören des Handys eines Oppositionspolitikers zurück
Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hat die Bespitzelung des Oppositionspolitikers Nikos Androulakis als „Fehler“bezeichnet. Er habe davon nichts gewusst und hätte die Überwachung „niemals zugelassen“, sagte Mitsotakis gestern in einer Fernsehansprache. Der griechische Geheimdienst EYP hatte das Mobiltelefon des damaligen Europaabgeordneten Androulakis von September 2021 an abgehört. Die Überwachung endete wenige Tage, nachdem Androulakis im vergangenen Dezember zum Vorsitzenden der zweitgrößten griechischen Oppositionspartei Pasok gewählt wurde.
Der Geheimdienst habe sich bei der Bespitzelung des Oppositionspolitikers zwar an die Gesetze gehalten, die politische Dimension der Überwachung aber unterschätzt, sagte Mitsotakis.
Nach Bekanntwerden der Affäre waren am vergangenen Freitag der Geheimdienstchef Panagiotis Kontoleon und der für die Aufsicht über den Dienst zuständige Generalsekretär im Amt des Ministerpräsidenten, Grigoris Dimitriadis, zurückgetreten. Bis dahin hatte die
Regierung die Abhörvorwürfe geleugnet.
Opposition fordert Aufklärung
Die TV-Erklärung des Premierministers von gestern wirft allerdings mehr Fragen auf als sie beantwortet. Mitsotakis bezeichnete die Überwachung von Androulakis zwar als „rechtens“, sagte aber nicht, warum er abgehört wurde. Griechische Medien berichteten unter Berufung auf Regierungskreise, die Geheimdienste der Ukraine und Armeniens hätten um die Bespitzelung des Europaabgeordneten gebeten. Die Botschaften der beiden Länder in Athen dementierten das aber am Wochenende.
Auf den zweiten Abhörfall, der jetzt in Griechenland Wellen schlägt, ging Mitsotakis mit keinem Wort ein: Auch der Finanzjournalist Thanasis Koukakis wurde bespitzelt. Er recherchierte über Korruptionsfälle und Geldwäschepraktiken.
Mitsotakis kündigte zwar einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Fall Androulakis an. Er versprach auch schärfere Regeln für die Geheimdienstüberwachung von Politikern und eine Stärkung des Parlaments bei der Beaufsichtigung des Dienstes. Den Oppositionsparteien reicht das aber nicht.
Sie fordern Aufklärung, warum Androulakis und Koukakis überwacht wurden. Oppositionsführer Alexis Tsipras verlangt außerdem Auskunft, welche anderen Politiker und Journalisten die Regierung abhören lässt. Der Geheimdienst ist unmittelbar Mitsotakis unterstellt. Tsipras macht deshalb Mitsotakis persönlich für die Abhörpraktiken verantwortlich und fordert den Rücktritt des Premiers. Der Sprecher der TsiprasPartei Syriza schrieb auf Twitter, Mitsotakis sei „eine Gefahr für die Demokratie und die Sicherheit des Landes“.