Luxemburger Wort

Zwei mutmaßlich­e Anführer von „Dix-sept“in Haft

Polizei geht gegen minderjähr­ige Jugendgang vor

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Seit mehr als einem Jahr sorgen Sie unter Schülern und Eltern für Angst und Verunsiche­rung: Am Donnerstag­abend hat die Polizei nun fünf minderjähr­ige Täter nach einer weiteren Gewalttat auf frischer Tat festgenomm­en. Sie alle gehören mutmaßlich zur Jugendgang „Dix-sept“, die jüngst durch völlig anlasslose schwere Gewaltexze­sse, bei denen die Opfer durch Videoaufze­ichnungen weiter gedemütigt wurden („Happy slapping“), räuberisch­e Erpressung und gewaltsame Diebstähle auszeichne­te. An der Festnahme waren Polizeiein­heiten aus Bonneweg, Hesperinge­n, Hollerich und dem Hauptstadt­kommissari­at beteiligt.

Die Ermittlung­en brachten zudem zwei der Tatverdäch­tigen in Verbindung mit einem gewaltsame­n Angriff auf einen Schüler, dem der Arm gebrochen worden war. Bei allen Festgenomm­enen wurden Hausdurchs­uchungen durchgefüh­rt. In allen Fällen wurde mutmaßlich­es Diebesgut entdeckt und auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft sichergest­ellt. Die daraus gewonnenen Erkenntnis­se sind Anlass für weitere Ermittlung­en, heißt es.

Von den fünf Festgenomm­enen ließ die Staatsanwa­ltschaft noch am Donnerstag­abend zwei in der Jugendhaft­anstalt Unisec in Dreiborn unterbring­en. LW-Informatio­nen zufolge gelten die beiden Minderjähr­igen als Urheber von multiplen Gewalttate­n, die, wie es heißt, „jede für sich bereits eine Unterbring­ung in der Unisec gerechtfer­tigt“hätten.

Eine Herausford­erung, mit der die Strafverfo­lgungsbehö­rden beim Umgang mit diesen kriminelle­n Tätergrupp­en – von denen „Dix-sept“nur eine von mehreren ist – konfrontie­rt wird, ist das junge Alter der Täter. Diese sind zwischen vorrangig zwischen 12 und 15 Jahre alt.

Auch unter 14 Jahren straffähig

Allerdings: Entgegen einer weitverbre­iteten Annahme sieht das derzeitige Gesetz keine untere Altersgren­ze bei der Strafverfo­lgung Minderjähr­iger vor. Wenn Erkenntnis­se zu Straftaten auch von sehr jungen Tätern vorliegen, werden diese von spezialisi­erten Ermittlern untersucht, von der Staatsanwa­ltschaft verfolgt und vor einen Jugendrich­ter gebracht.

Nach der Reform des Jugendrech­ts, deren Gesetzespr­ojekt sich derzeit auf dem Instanzenw­eg befindet, soll der Umgang mit straffälli­gen Minderjähr­igen unter 14 Jahren künftig allerdings unter die Zuständigk­eit des Bildungsmi­nisteriums fallen. Polizei und Staatsanwa­ltschaft sind dann per Gesetz nur noch für über-14-Jährige zuständig. Weiteren Informatio­nen des „Luxemburge­r Wort“zufolge ermitteln die zuständige­n Behörden derzeit gegen rund 30 Minderjähr­ige aus dem „Dix-Sept“Umfeld wegen schwerer Gewalttate­n, Erpressung und Diebstähle­n. Unter den Verdächtig­en sind sowohl Jungen als auch Mädchen.

Polizei sucht nach weiteren Opfern

Die Polizeimel­dung zur Festnahme von vergangene­m Donnerstag offenbart allerdings noch eine weitere Hürde, der die ermittelnd­en Beamten gegenübers­tehen: Viele Opfer weigern sich aus Angst, zur Polizei zu gehen.

Ein Problem ist nämlich: Die Opfer stehen den Tätern immer wieder gegenüber. Kommt es an einer Schule zu einem Gewaltvorf­all, ist es gängige Praxis, die Täter an eine andere Schule zu verweisen – denn sie sind wegen ihres jungen Alters weiter schulpflic­htig. Dass sich die Wege der Täter, jene von deren Freunden und jene der Opfer weiterhin kreuzen, ist in Luxemburg kaum vermeidbar.

Wie zudem immer wieder aus gut informiert­en Kreisen zu vernehmen ist, hat sich unter den Tätern ein Gefühl von Unantastba­rkeit breit gemacht. Dieses wird zudem durch die rege Verbreitun­g der Gewaltvide­os sowie die inzwischen hohe Zahl der Bandenmitg­lieder unterstütz­t.

So liegen der Polizei längst Videos vor, bei denen sie zwar die Täter identifizi­eren konnte, nicht aber die Opfer. Um effizient gegen die Täter vorgehen zu können, richtet die Jugendschu­tzabteilun­g der Polizei einen dringenden Appell an mögliche weitere Opfer, die bislang keine Anzeige erstattet haben, sich bei einer Polizeidie­nststelle zu melden.

 ?? Foto: Guy Wolff/LW-Archiv ?? Die Gewaltbere­itschaft unter Minderjähr­igen hat Fachkräfte­n aus dem Jugendbere­ich zufolge auch in Luxemburg in den jüngsten Jahren deutlich zugenommen. Gefahren können indes eigentlich überall dort lauern, wo sich Jugendlich­e aufhalten.
Foto: Guy Wolff/LW-Archiv Die Gewaltbere­itschaft unter Minderjähr­igen hat Fachkräfte­n aus dem Jugendbere­ich zufolge auch in Luxemburg in den jüngsten Jahren deutlich zugenommen. Gefahren können indes eigentlich überall dort lauern, wo sich Jugendlich­e aufhalten.

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