Zwei mutmaßliche Anführer von „Dix-sept“in Haft
Polizei geht gegen minderjährige Jugendgang vor
Luxemburg. Seit mehr als einem Jahr sorgen Sie unter Schülern und Eltern für Angst und Verunsicherung: Am Donnerstagabend hat die Polizei nun fünf minderjährige Täter nach einer weiteren Gewalttat auf frischer Tat festgenommen. Sie alle gehören mutmaßlich zur Jugendgang „Dix-sept“, die jüngst durch völlig anlasslose schwere Gewaltexzesse, bei denen die Opfer durch Videoaufzeichnungen weiter gedemütigt wurden („Happy slapping“), räuberische Erpressung und gewaltsame Diebstähle auszeichnete. An der Festnahme waren Polizeieinheiten aus Bonneweg, Hesperingen, Hollerich und dem Hauptstadtkommissariat beteiligt.
Die Ermittlungen brachten zudem zwei der Tatverdächtigen in Verbindung mit einem gewaltsamen Angriff auf einen Schüler, dem der Arm gebrochen worden war. Bei allen Festgenommenen wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt. In allen Fällen wurde mutmaßliches Diebesgut entdeckt und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft sichergestellt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind Anlass für weitere Ermittlungen, heißt es.
Von den fünf Festgenommenen ließ die Staatsanwaltschaft noch am Donnerstagabend zwei in der Jugendhaftanstalt Unisec in Dreiborn unterbringen. LW-Informationen zufolge gelten die beiden Minderjährigen als Urheber von multiplen Gewalttaten, die, wie es heißt, „jede für sich bereits eine Unterbringung in der Unisec gerechtfertigt“hätten.
Eine Herausforderung, mit der die Strafverfolgungsbehörden beim Umgang mit diesen kriminellen Tätergruppen – von denen „Dix-sept“nur eine von mehreren ist – konfrontiert wird, ist das junge Alter der Täter. Diese sind zwischen vorrangig zwischen 12 und 15 Jahre alt.
Auch unter 14 Jahren straffähig
Allerdings: Entgegen einer weitverbreiteten Annahme sieht das derzeitige Gesetz keine untere Altersgrenze bei der Strafverfolgung Minderjähriger vor. Wenn Erkenntnisse zu Straftaten auch von sehr jungen Tätern vorliegen, werden diese von spezialisierten Ermittlern untersucht, von der Staatsanwaltschaft verfolgt und vor einen Jugendrichter gebracht.
Nach der Reform des Jugendrechts, deren Gesetzesprojekt sich derzeit auf dem Instanzenweg befindet, soll der Umgang mit straffälligen Minderjährigen unter 14 Jahren künftig allerdings unter die Zuständigkeit des Bildungsministeriums fallen. Polizei und Staatsanwaltschaft sind dann per Gesetz nur noch für über-14-Jährige zuständig. Weiteren Informationen des „Luxemburger Wort“zufolge ermitteln die zuständigen Behörden derzeit gegen rund 30 Minderjährige aus dem „Dix-Sept“Umfeld wegen schwerer Gewalttaten, Erpressung und Diebstählen. Unter den Verdächtigen sind sowohl Jungen als auch Mädchen.
Polizei sucht nach weiteren Opfern
Die Polizeimeldung zur Festnahme von vergangenem Donnerstag offenbart allerdings noch eine weitere Hürde, der die ermittelnden Beamten gegenüberstehen: Viele Opfer weigern sich aus Angst, zur Polizei zu gehen.
Ein Problem ist nämlich: Die Opfer stehen den Tätern immer wieder gegenüber. Kommt es an einer Schule zu einem Gewaltvorfall, ist es gängige Praxis, die Täter an eine andere Schule zu verweisen – denn sie sind wegen ihres jungen Alters weiter schulpflichtig. Dass sich die Wege der Täter, jene von deren Freunden und jene der Opfer weiterhin kreuzen, ist in Luxemburg kaum vermeidbar.
Wie zudem immer wieder aus gut informierten Kreisen zu vernehmen ist, hat sich unter den Tätern ein Gefühl von Unantastbarkeit breit gemacht. Dieses wird zudem durch die rege Verbreitung der Gewaltvideos sowie die inzwischen hohe Zahl der Bandenmitglieder unterstützt.
So liegen der Polizei längst Videos vor, bei denen sie zwar die Täter identifizieren konnte, nicht aber die Opfer. Um effizient gegen die Täter vorgehen zu können, richtet die Jugendschutzabteilung der Polizei einen dringenden Appell an mögliche weitere Opfer, die bislang keine Anzeige erstattet haben, sich bei einer Polizeidienststelle zu melden.