„Ein guter Moment, um aufzuhören“
Lintgener Bürgermeister Henri Würth tritt bei nächsten Gemeindewahlen nicht mehr an
Mit Henri Würth verliert das Alzettetal den dritten altgedienten Bürgermeister. Nach Jempi Klein in Steinsel und Jos Roller in Lorentzweiler, zieht nun ein weiterer erfahrener Gemeindepolitiker einen Schlussstrich unter seine politische Karriere. Die Familie Würth ist bereits seit sieben Generationen in Lintgen ansässig. Am heutigen 9. August feiert Henri Würth seinen 71. Geburtstag. Nach der laufenden Mandatsperiode kandidiert er nicht mehr für ein zusätzliches Amt.
Henri Würth, wie kam es dazu, dass Sie in die Lokalpolitik eingestiegen sind?
Lintgen war traditionell von linken Politikern geführt worden. Mitte der 1980er-Jahre war die Unzufriedenheit unter den Vereinen groß. So wurde ich damals gefragt, ob ich nicht bereit wäre, mich für die Wahlen aufstellen zu lassen, um dem entgegenzuwirken. Meine Bedingung damals war, dass ich mich nur zusammen mit meinem Jugendfreund Georges Herr aufstellen würde. Obschon ich bei den Wahlen 1987 als Zweitgewählter meinen Anspruch auf einen Schöffenposten geltend machte, wurde dies abgelehnt.
Beim zweiten Anlauf hat es dann aber geklappt?
Ja, bei den Wahlen von 1993 wurde ich zum Bürgermeister und wurde anschließend viermal wiedergewählt. Somit werde ich insgesamt 36 Jahre im Gemeinderat gewesen sein, davon deren 30 als Bürgermeister.
In das Parlament hat es Sie nicht gezogen?
Nein, obschon ich dreimal gefragt wurde, war das für mich keine Option. Ich war ja berufstätig und mit meinem Amt hier hatte ich genug zu tun. Dazu kommt, dass man bei der CSV im Wahlbezirk Zentrum keine Chance auf Erfolg hat, wenn man nicht aus der Stadt ist. Und um meine Energie zu vergeuden, obwohl ich von vorneherein wusste, dass ich keinen Erfolg haben würde, dazu hatte ich keine Lust. Daneben bin ich ja auch noch Sekretär bei der Vereinigung der Privatwaldbesitzer.
Der Wald ist Ihr großes Steckenpferd?
Der Wald und die Natur im Allgemeinen. Ich besitze zahlreiche Wälder und in meinem Bongert stehen 50 Obstbäume. Zusammen mit meinem Freund Georges Herr pflanzen wir jedes Jahr auf zehn Ar Kartoffeln an, die wir dann im Herbst ernten. In meiner Laufbahn habe ich schätzungsweise 10 000 Bäume gepflanzt.
Auf welche Errungenschaften blicken Sie mit Genugtuung zurück?
Als Erstes fällt mir dazu ein, dass es mir gelungen ist, auf dem Gebiet der Gemeinde rund 25 Kilometer Waldwege anlegen zu lassen. Heute dienen sie sowohl der Waldbewirtschaftung als auch den Spaziergängern oder Radfahrern. Dann haben wir eine Sporthalle und das Vereinshaus „A Mouschelt“erhalten, die alle beide 2011 eingeweiht wurden.
Dann hatten Sie anschließend sicherlich einen Haufen Schulden?
Wenn Sie sich erinnern, hatten wir 2008 die Finanzkrise. Ich habe damals gesagt, wir müssen jetzt bauen, da wir jetzt gute Preise erzielen können. Spaßeshalber habe ich davon gesprochen, wie toll es ist, mit dem Geld der anderen eigene Ideen zu realisieren. Aber nun hat jeder Verein sein eigenes Lokal. Ich bin davon überzeugt, dass ein Dorf nur dann gut funktioniert, wenn seine Vereine gut funktionieren.
Nun ziehen Sie einen Schlussstrich. Warum?
Nach 36 Jahren ist ein Punkt gekommen, an dem es genügt. Ab den kommenden Wahlen haben wir das Proporzsystem, in dem nach Listen gewählt wird. Das ist ein guter Moment aufzuhören, auch wenn man bedenkt, dass ich nach einer zusätzlichen Periode 79 Jahre alt wäre. Und dann muss ich zugeben, dass sich vieles geändert hat. Vonseiten der Landespolitik wird es immer schwieriger, auf Gemeindeebene voranzukommen. Ich sage immer: „Der Fisch stinkt vom Kopf her.“Das eine Ministerium sagt hü, das andere sagt, hott. Wenn wir früher mit den Staatsbeamten gesprochen haben, gaben sie uns Hilfestellung. Heute heißt es, wir sollen unsere Dossiers einschicken und dann weiß man von vorneherein, dass eine Ablehnung kommt. Hier muss eine zusätzliche Studie gemacht werden, dort muss eine Fledermaus untersucht werden, mal ist es eine Maus, dann ein Rotschwänzchen. Man kann mir sicher nicht vorwerfen, kein Naturfreund zu sein, aber was da alles läuft, geht auf keine Kuhhaut. Dazu kommen auch die Bürger, die seit meinen Anfängen viel weniger tolerant geworden sind und von Egoismus geprägt sind.
Bis zu Ihrem Abschied haben Sie bestimmt noch einiges vor?
In Gosseldingen wollen wir das Tricentenaire-Projekt so weit bringen, dass es auch umgesetzt werden kann und die alte Schule wollen wir so umgestalten, dass dort acht Wohnungen entstehen. Und jetzt, wo die Schule in Lintgen fertig ist, kommt die Vergrößerung für den Cycle 1 dran. Wobei das hauptsächlich die Vorbereitungen sind, damit der nächste Gemeinderat sie realisieren kann. „Mir kappen et lass, mee di aner musse schëppen.“
Wenn wir früher mit den Staatsbeamten gesprochen haben, gaben sie uns Hilfestellung.
Und womit wird der Politikrentner Henri Würth seine Zeit verbringen?
(schmunzelt) Wald, Bongert und meine vier Enkelkinder.