Tornado jährt sich zum dritten Mal
Am 9. August 2019 fegte ein Wirbelsturm über den Süden des Landes
Petingen/Niederkerschen. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau. Wer aktuell in Petingen oder Niederkerschen unterwegs ist, wird mit hohen Temperaturen und strahlendem Sommerwetter verwöhnt.
Vor drei Jahren sah die meteorologische Lage in den beiden Südgemeinden jedoch gänzlich anders aus. Am frühen Freitagabend des 9. August 2019 fegte ein Tornado über die Region im äußersten Südwesten des Landes hinweg und hinterließ in nur wenigen Minuten eine kilometerlange Schneise der Verwüstung und Zerstörung.
Superzelle als Auslöser
Als Ursache für die Entstehung des Tornados gilt laut Meteolux eine Superzelle. Dies ist ein spezieller Gewittertyp, in welchem der Aufwind rotiert, also eine sogenannte Mesozyklone entsteht. Dies kann zum Entstehen eines Tornados führen: rund 20 Prozent aller Superzellen bringen einen entsprechenden Wirbelsturm hervor.
Am 9. August 2019 lagen gleich zwei solcher Superzellen über Frankreich. Über dem Norden des Landes befanden sich zu diesem Zeitpunkt feuchtwarme Luftmassen. Zudem gab es ausgeprägte Unterschiede in Bezug auf die Windstärke sowie die Windintensität zwischen den bodennahen und den oberen Luftschichten, was das Entstehen von Superzellen begünstigte, so die Erklärung von Meteolux.
Eine erste Superzelle entstand gegen 14 Uhr südöstlich von Paris und bewegte sich mit zahlreichen Blitzen und Hagel in Richtung Saarland. Am späteren Nachmittag entstand in der Nähe von Reims dann ein weiteres Superzellengewitter.
Bild der Zerstörung
Von Reims aus verlagerte sich diese Superzelle in Richtung des Dreiländerecks zwischen Luxemburg, Belgien und Frankreich. Nahe der französischen Ortschaft Longwy entstand dann der eigentliche Tornado, mit Windgeschwindigkeiten von zunächst bis zu 180 km/h, was der ersten von insgesamt fünf Stufen auf der Fujita-Skala zur Messung von Tornados entspricht.
Gegen 17.40 Uhr zog der Wirbelsturm schließlich über die Ortschaften Rodange, Lamadeleine, Linger, Petingen und Niederkerschen hinweg. Dabei legte der Tornado an Stärke zu, erreichte Windgeschwindigkeiten von bis zu 241 km/h und somit die zweite Stufe auf der Fujita-Skala. Insgesamt legte der Sturm innerhalb von knapp 15 Minuten eine Distanz von 2o Kilometern zurück, ehe er sich abschwächte und schließlich auflöste. Nach Abzug des Wirbelsturms wurden die verheerenden Folgen deutlich. Der Tornado richtete eine kilometerlange Spur der Verwüstung an. Abgetragene Dächer, Trümmer in den Straßen, zerstörte Autos und entwurzelte Bäume sowie ein umgestürzter Strommast prägten das Ortsbild der beiden Gemeinden im Südwesten des Landes.
Mehrere Hundert Häuser wurden beschädigt, einige davon waren anschließend unbewohnbar. Allein in Niederkerschen verloren 50 Häuser ihr Dach, viele Fassaden wurden von umher fliegenden Trümmern getroffen und beschädigt, teilweise wurden Türen und Fenster aus den Angeln gerissen.
Hoher Schaden, keine Tote
Trotz des hohen materiellen Schadens, der auf insgesamt rund 100 Millionen Euro geschätzt wird, mussten keine Todesopfer beklagt werden. Ein Umstand, den der Petinger Bürgermeister Pierre Mellina (CSV) vorwiegend auf den Zeitpunkt des Sturms am frühen Abend zurückführte. „Wäre der Tornado nachts gekommen, hätte es Tote gegeben“, sagte Mellina damals dem „Luxemburger Wort“.
Doch auch wenn es keine Todesopfer gab, wurden insgesamt 19 Menschen verletzt, zwei davon schwer. Über 80 Einwohner mussten ihr Zuhause vorübergehend verlassen und anderweitig untergebracht werden. In nur vier Stunden gingen mehr als 1 000 Anrufe bei der Notrufnummer 112 ein. In der Nacht von Freitag auf Samstag waren 200 Feuerwehrleute im Einsatz. Die Armee sowie das Technische Hilfswerk aus Deutschland beteiligten sich an den Aufräumarbeiten, die sich schlussendlich über mehrere Wochen hinzogen.
Der Tornado löste zudem eine große Welle an Solidarität aus. So fanden sich am Tag nach dem Sturm mehr als 600 Freiwillige ein, um bei der Beseitigung der Trümmer zu helfen. Ferner wurden unzählige Spendenaktionen eingeleitet, an denen sich zahlreiche Privatpersonen, Unternehmen und Vereinigungen beteiligten.
Schäden wurden behoben
Es dauerte etliche Monate, bis die meisten Materialschäden behoben werden konnten. In Zwischenzeit erinnert in den betroffenen Ortschaften jedoch kaum mehr etwas an den verheerenden Abend des 9. August 2019. Die Hoffnungen liegen darin, dass sich die Geschehnisse nicht wiederholen.