„Fast schon unterirdisch“
Strassens Trainer Christian Lutz nimmt nach der Niederlage gegen Fola kein Blatt vor den Mund
Vor dem Duell Fola gegen Strassen schienen die Rollen klar verteilt. Hier die mit vielen Vorschusslorbeeren in die Saison gehenden Gäste, deren Kader über den Sommer scheinbar gezielt verstärkt wurde – dort die jüngst in San Marino blamabel aus dem Europapokal ausgeschiedene Lokalformation, die im selben Zeitraum einen großen personellen Aderlass und damit einhergehenden Qualitätsverlust zu verzeichnen hatte.
Nach Spieltag eins ist all dies Makulatur, das Stimmungsbarometer bei beiden Teams vorerst um 180 Grad gedreht. Die ersten 90 Minuten der BGL-Ligue-Saison reichten, um die Gemütslage in beiden Lagern grundlegend zu ändern. Die Escher gewannen am Sonntag vor 250 Zuschauern im Stade Emile Mayrisch mit 2:1.
„In den vergangenen Wochen mussten wir viel Kritik einstecken. Insofern tut der Erfolg über einen hoch eingeschätzten Gegner zu Saisonbeginn unheimlich gut. Vor allem spielerisch, sprich in eigenen Ballbesitzphasen, haben wir uns seit der Blamage gegen Tre Fiori deutlich weiterentwickelt und uns gegen Strassen viele Chancen
herausgespielt“, zeigt sich Miguel Correia nach seinem Erfolg im ersten BGL-Ligue-Spiel als Cheftrainer gelöst.
Bei seinem Gegenüber Christian Lutz könnte die Stimmungslage dagegen konträrer kaum sein. Saisonspiel eins reichte, um seinem Team ein altbekanntes Mentalitätsproblem zu attestieren. „Das war fast schon unterirdisch. Wir halten uns nicht an die Vorgaben. Jeder macht, was er will“, verspricht Lutz in der Konsequenz, „dass den Jungs eine ungemütliche Trainingswoche bevorstehen wird“.
Mental nicht auf der Höhe
Strassens Trainer war umso verärgerter, „da wir in Führung gehend das Schwierigste eigentlich erledigt hatten, ehe wir dem Gegner die Tore praktisch schenkten“. Angesprochen von diesem Vorwurf dürfen sich im Besonderen Neuzugang Brian Moding sowie Kapitän Gautier Bernardelli fühlen. Der Ex-Rosporter Moding durchlebte bei seiner Pflichtspielpremiere im UNA-Trikot die ganze Palette eines Wechselbades an Gefühlen.
Erst bracht der 29-Jährige Strassen spektakulär in Führung (32.'), ehe er mental nicht auf der Höhe war und den gedankenschnelleren Diogo Pimentel völlig unnötig im Strafraum fällte (37.'). Stefano Bensi ließ sich die Einladung nicht nehmen und erzielte exakt 360 Tage nach seinem Kreuzbandriss gegen Linfield FC seinen ersten Pflichtspieltreffer.
Hatte Modings Unachtsamkeit Fola wieder ins Spiel gebracht, so
Wir halten uns nicht an die Vorgaben. Jeder macht, was er will. Christian Lutz
toppte Bernardelli die UNA-Unzulänglichkeiten mit einem katastrophalen Fehlpass im Spielaufbau, den Fola über Tiago Semedo und Bruno Correia in Form des Siegtreffers bestrafte (71.'). „Für solche Dummheiten bekommst du im Fußball zurecht die Quittung“, war Lutz' vernichtendem Verdikt nichts hinzuzufügen.
Enttäuscht von seinen Akteuren legt der Coach nach: „Bereits im Vorfeld sagte ich den Spielern, dass nicht relevant ist, wie hoch wir medial gejubelt werden. Die
Wahrheit liegt auf dem Platz. Und da haben wir gesehen, dass dort von uns nicht viel kam. Wir tun gut daran, normale, kleinere Brötchen zu backen.“
Lutz gesteht, dass das Mentalitätsproblem kein neues ist, sondern bereits in der enttäuschenden Rückrunde der Vorsaison Einzug erhielt. „Wir hatten eigentlich einen klaren Matchplan. Es war aber bereits letzte Saison ein Problem, dass die Jungs sich einfach an nichts halten – und denken, sie wüssten alles besser. Die Positionen
waren nicht besetzt. Statt unser Kurzpassspiel aufzuziehen, agierten wir mit langen Bällen.“
Derartige Mentalitätsprobleme sind Miguel Correia bei Fola fremd: „Das Team zieht unheimlich gut mit. Nach der Europapokal-Blamage war es wichtig, gut in die Meisterschaft zu starten, damit wir in Ruhe weiterarbeiten können.“In Strassen dagegen dürfte die kommenden Tage auf dem Trainingsplatz trotz sommerlicher Temperaturen bereits ein rauer Wind wehen.
Strassens Trainer Christian Lutz ist richtig sauer. Den Saisonauftakt hat sich der 46-Jährige anders vorgestellt.