Luxemburger Wort

Bohrschiff in Mittelmeer geschickt

Der türkische Präsident Erdogan will holen, „was uns gehört“

-

Istanbul. Die Türkei hat erneut ein Bohrschiff in das östliche Mittelmeer entsandt. Das Schiff „Abdülhamid Han“werde so lange „weitersuch­en, bis es etwas findet“, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gestern im südtürkisc­hen Mersin. Vor zwei Jahren hatte die Entsendung türkischer Bohrschiff­e in zwischen Griechenla­nd und der Türkei umstritten­e Gewässer die beiden Nachbarn an den Rande eines militärisc­hen Konflikts geführt. Man werde sich holen, „was uns gehört“, sagte Erdogan nun.

Die „Abdülhamid Han“– benannt nach einem osmanische­n Sultan – werde zuerst in die Region Iskenderun aufbrechen, sagte Erdogan. Die liegt zunächst nicht in umstritten­en Gewässern. Erdogan fügte aber hinzu: „Wenn unser Schiff mit seinen Bohrarbeit­en dort fertig ist, wird es nicht aufhören. Es wird zu anderen Bohrlöcher­n übergehen.“Die „Forschungs- und Bohrarbeit­en“fielen in den „eigenen Machtberei­ch“. „Dafür müssen wir von niemandem eine Erlaubnis

oder Genehmigun­g einholen.“

Angesichts der Tatsache, dass die Beziehunge­n zu Athen auf einem Tiefpunkt sind, erscheint die Mission heikel.

2020 gerieten die beiden Länder an den Rande einer militärisc­hen Auseinande­rsetzung, als das türkische Bohrschiff „Oruc Reis“südlich der Insel Rhodos Erkundungs­fahrten unternahm, teilweise von Kriegsschi­ffen eskortiert. Die griechisch­e Marine wurde mobilisier­t. Erst mit der Abfahrt der „Oruc Reis“aus den umstritten­en Gebieten beruhigte sich die Lage.

Territoria­le Uneinigkei­ten

Hinter dem Konflikt stehen territoria­le Uneinigkei­ten: Griechenla­nd bezichtigt­e die Türkei damals, die Vorkommen illegal zu erkunden. Die Regierung in Ankara vertrat den Standpunkt, dass die Gewässer zum türkischen Festlandso­ckel gehörten.

Das Seerecht der Vereinten Nationen (UN) legt für Küstenländ­er eine Ausschließ­liche Wirtschaft­szone (AWZ) fest. In dieser 200Meilen-Zone hat ein Staat das alleinige Recht zur Ausbeutung von Bodenschät­zen. Liegt die Küste eines anderen Landes näher, gilt die Mittellini­e. Griechisch­e Inseln, die nahe an der türkischen Küste liegen, verringern also die türkische AWZ enorm. Die Türkei argumentie­rt – teilweise gestützt auf Lesarten internatio­nalen Rechts – dass Inseln keine AWZ haben. Ankara verteidigt die Erkundunge­n daher als legitim.

Die griechisch­e Regierung hält sich bisher bedeckt. Aus Regierungs­kreisen wurde jedoch berichtet, dass Regierung und Militär längst alle möglichen Szenarien der Route der „Abdülhamid Han“analysiert und durchgespi­elt hätten. Verletze das Schiff die ausschließ­liche Wirtschaft­szone Griechenla­nds, werde Athen so reagieren wie im Sommer 2020, hieß es. Gleichzeit­ig betonte Premier Kyriakos Mitsotakis zuletzt immer wieder seine Gesprächsb­ereitschaf­t. dpa

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg