Abschied nach 35 Jahren
Ein glühender Verfechter der Nordstad-Fusion verlässt den Ettelbrücker Gemeinderat
Ettelbrück. Nach 35 Jahren zog sich LSAP-Politiker Claude Halsdorf zum 15. Juli aus der Ettelbrücker Gemeindepolitik zurück. Die Stadt verliert einen Politiker, der die Entwicklung der Stadt maßgeblich und nachhaltig mitprägte. Dreieinhalb Jahrzehnte diente der im Oktober 77 Jahre alt werdende frühere Französisch-Lehrer im Ettelbrücker Lycée technique den Bürgern aus der Pattonstadt und Warken, aber nicht nur. Auch auf Nordstad-Ebene setzte er sich stets für ein besseres Zusammenleben ein und wurde bis zuletzt auch nicht müde, Werbung zu machen für eine Fusion der fünf Gemeinden.
Bestes Wahlresultat 1999
Claude Halsdorf verfolgte schon in seiner Jugendzeit sowohl die kommunale als auch die nationale Politik sehr intensiv. Es war für ihn also nur eine Frage der Zeit, wann er sich Wahlen stellen würde. Diese Zeit sah er gekommen, als seine beiden Kinder das Jugendalter erreicht hatten. Auf der LSAP-Liste wurde er 1987 direkt gewählt und bekleidete in der Folge den Posten eines Ratsmitglieds bis 1999, als er 1. Schöffe wurde. In dieser Funktion blieb er bis 2017, um sich dann bis Mitte 2022 weiter als Gemeinderat für die Belange seiner Mitbürger einzusetzen. Von 1994 bis 1999 war Claude Halsdorf auch als Abgeordneter am Krautmarkt tätig.
Sein bestes kommunales Wahlresultat erzielte der LSAP-Politiker 1999, als er mehr Stimmen auf sich vereinigen konnte als alle anderen Kandidaten, die sich der Wahl gestellt hatten. Selbst der amtierende Bürgermeister Pierre Kraus (CSV) konnte da nicht mithalten.
Obwohl Claude Halsdorf die meisten Stimmen auf sich vereinigt hatte, bekleidete Pierre Kraus weiter das Bürgermeisteramt. Dass er damals vielleicht zu brav gewesen sei, um nach dem Bürgermeisteramt zu greifen, lässt er nicht gelten. Er sei damals genau wie heute auch noch der Meinung gewesen, dass jener Partei, welche die meisten Sitze erreicht hat, das Recht zusteht, die Initiative zu Koalitionsverhandlungen zu ergreifen. Und das sei nun mal die CSV gewesen.
Manchmal sei er auch dargestellt worden als „Poupou“alias Raymond Poulidor der Ettelbrücker Kommunalpolitik. Dieser sehr beliebte französische Radrennfahrer wurde gleich dreimal nur Zweiter bei der Tour de France. Doch das habe er nur amüsiert zur Kenntnis genommen. Ihm sei es in der Politik nicht um Posten, sondern hauptsächlich um den Dienst am Bürger gegangen. Und das habe er als Schöffe genauso gut bewerkstelligen können wie als Bürgermeister. An Rücktritt dachte Claude
Halsdorf während seiner 35 Jahre im Gemeinderat, von denen er 18 als erster Schöffe tätig war, trotz des hohen Zeitaufwands nie. „Ich wurde von den Bürgern gewählt, damit ich mich für sie einsetze. Das war mir immer sehr bewusst, und ich habe das auch konsequent durchgeführt“, so Halsdorf. Der direkte Kontakt mit den Bürgern und die Genugtuung, relativ schnell Resultate seines Einsatzes zu sehen, bei kommunalen Projekten wie bei Sorgen der Bürger, seien Hauptantriebsfeder seiner Tätigkeit im Gemeinderat gewesen.
Stets kollegiale Atmosphäre
Des Weiteren habe in all den Jahren stets eine sehr kollegiale Atmosphäre unter allen Räten – Majorität und Opposition – geherrscht. Man habe immer eine gesunde Streitkultur gehabt und kontrovers diskutieren können. Aber nie sei jene rote Linie überschritten worden, bei der der Mann und nicht der Ball gespielt wird. Er selbst habe denn auch nie mit irgendeinem Ratskollegen unüberbrückbare Probleme gekannt. „Ich habe immer jeden respektiert in seinen Handlungen und Sichtweisen, aber auch ich wurde respektiert. Das alles hat die Arbeit im Gemeinderat zu einer letztlich doch angenehmen Tätigkeit gemacht“, so Claude Halsdorf.
Genugtuung und Enttäuschung
Nun aber zog sich der LSAP-Politiker ganz aus der Politik zurück. Dies aus alters- und familiären Gründen, aber auch weil er einem jungen Nachfolger die Chance geben wollte, sich im Hinblick auf die Gemeindewahlen
im kommenden Jahr einzuarbeiten und zu positionieren. Claude Halsdorf blickt mit Zufriedenheit und auch etwas Stolz zurück auf das Geleistete. Besondere Genugtuung bereiten ihm die Schaffung der Ettelbrücker Fußgängerzone, der Bau der Sporthalle, der neuen Deichhalle, des Kulturzentrums Cape und der neuen Maison relais Kannerbuerg sowie die Entscheidung, eine neue Grundschule in Warken zu bauen. Bei all diesen Projekten sei er einer derjenigen gewesen, die sich stark für eine Realisierung eingesetzt hätten.
Enttäuscht ist Claude Halsdorf andererseits aber über den schleppenden Fusionsprozess auf Nordstadebene. Teilweise sei dies sicherlich auf die zögerliche Haltung einiger lokaler Politiker zurückzuführen, vor allem aber seien die Nordstadgemeinden allzu lange im Dunkeln darüber gelassen worden, wie hoch die staatliche finanzielle Unterstützung im Falle einer Fusion ausfallen würde. Vor Jahren sei er jedenfalls noch davon ausgegangen, den Zusammenschluss noch während seiner Amtszeit zu erleben.
Nichtsdestotrotz ist er immer noch fest davon überzeugt, dass dieser irgendwann kommen wird. Denn nur so könne man den Ballungszentren Luxemburg-Stadt und Esch/Alzette auf Augenhöhe begegnen und Ansprüche stellen, damit diverse nationale Dienstleistungen oder Einrichtungen in die Nordstad und nicht anderswohin kommen. Eine Fusion sei auf jeden Fall nur von Vorteil für alle Bürger, man könne ihnen mehr Lebensqualität bieten.
Ganz untätig wird Halsdorf in Zukunft aber nicht sein. So wird er auch weiterhin seine Tätigkeiten in der Schulkommission, im Gemeindeverband Conservatoire de musique du Nord sowie als Koordinator des Redaktionskomitees der Gemeinde-Informationsbroschüre Reider wahrnehmen. Vor allem aber kann Bopa Claude nun viel mehr Zeit mit seinen vier Enkelkindern verbringen.