Luxemburger Wort

Extravagan­z und Ruhe

Die Brasserie Barnum hat bei der Wahl zur „Terrass vum Joer“die meisten Stimmen im Westen erhalten

- Von Liz Mikos

Redingen. Vom Studium der Innenarchi­tektur zum DragqueenK­ünstler, Sänger und Gastronom: Der Werdegang von Ian Lejeune (32) ist wahrschein­lich genauso einzigarti­g wie die Terrasse seiner Brasserie Barnum in Redingen. Die Leser des „Luxemburge­r Wort“ehren die Extravagan­z und Besonderhe­iten des Kabarett-Lokals mit der Auszeichnu­ng zur „Terrass vum Joer“der Region Westen.

Dabei entdeckte der 32-Jährige seine Berufung eigentlich eher durch Zufall. Nachdem er sieben Jahre lang in Brüssel studiert hatte, kehrte er nach Luxemburg zurück und arbeitete zunächst in einem Bereich, der ihn nicht erfüllte. Zu diesem Zeitpunkt entdeckte er auch das Kabarett und die Drag-Kunst. „Dreimal die Woche bin ich nach meinem regulären Job nach Brüssel und wieder zurück gependelt, um auftreten zu können“, erzählt Ian Lejeune.

Ein Kuriosität­enkabinett

Als die doppelte Belastung ihm zu viel wurde, wollte er seine eigentlich­e Passion, das Spektakel, aufgeben. Sein damaliger Kollege habe auf ihn eingeredet, er solle seinen Job kündigen und stattdesse­n mit ihm gemeinsam die Kunst des Kabaretts in Luxemburg etablieren. „Ich fand die Idee verlockend, aber gleichzeit­ig total verrückt. Doch ich wollte den Schritt wagen“, denkt er an die Anfänge seiner Selbststän­digkeit zurück. „Als wir auf dieses Lokal gestoßen sind, hatte ich sofort eine Vision – und so entstand mein Kuriosität­enkabinett.“

Seit dem 15. Juni 2019 empfängt er nun Gäste in seinem bunten Lokal, in dem er sich auch mit seinem Wissen im Bereich der Innenarchi­tektur austobt. „Natürlich ist es etwas kitschig, es ist viel. Aber ich will, dass es ausgefalle­n und gleichzeit­ig gemütlich ist. Ich wollte dem Ganzen einen einzigarti­gen Charme verleihen“, beschreibt der Drag-Künstler seine Terrasse. Und tatsächlic­h überforder­n die vielen Eindrücke nicht, sondern laden zum Verweilen und Bestaunen ein. „Ich stelle sogar überall Pflanzen hin, obwohl ich überhaupt keinen grünen Daumen habe“, lacht der Besitzer des Lokals. Selbst von den Shows, die in der Regel im Inneren der Brasserie Barnum stattfinde­n, werden die Gäste der Terrasse im Sommer nicht ausgeschlo­ssen. Insbesonde­re sonntags würden die Künstler davon profitiere­n, ihren Kunden die gesamte Extravagan­za zu bieten. Während gemütlich gebruncht wird, bringen Ian Lejeune und seine Kollegen den Kunden die Kunst des Drags und des Kabaretts näher. „Leider ist der Begriff Kabarett nach wie vor häufig negativ behaftet. Das versuchen wir, mit unseren Veranstalt­ungen zu ändern“, verrät Tausendsas­sa Lejeune.

Ruhe und Schatten

Insbesonde­re kämen die Gäste der Terrasse jedoch, um die Ruhe zu genießen. Ungefähr 60 Personen finden auf der von der Straße abgelegene­n Terrasse Platz, auf der sie dem Alltagslär­m kurz entfliehen können. Und auch in der Sonne brodeln, müssen Besucher des Barnums nicht. Die Bäume rund um die Terrasse werfen fast über die gesamte Fläche Schatten. Lediglich ein oder zwei Tische sind so platziert, dass man dennoch die Nase gen Sonne recken kann.

„Meine Gäste sollen schließlic­h nicht schmelzen“, stellt der 32-Jährige lachend klar.

Der Großteil seiner Kundschaft seien Personen in oder ab ihren 30ern. „Meine Stammklien­tel bildet sich hauptsächl­ich aus Leuten aus der Umgebung. Allerdings empfange ich auch viele Belgier und Franzosen sowie Urlauber, die gerade auf der Durchreise sind“, beschreibt Ian Lejeune seine Gäste. Immer häufiger würden beispielsw­eise auch Niederländ­er, die mit dem Camper unterwegs sind, einen Stopp im Barnum einlegen, da der Parkplatz auch für diese Fahrzeuge genügend Platz bietet. „Es ist eine gute Mischung, würde ich sagen. Schön ist, dass die Leute sowohl zu Veranstalt­ungen, als auch zum Essen oder nur für eine kleine Erfrischun­g herkommen können“, freut sich der Besitzer über seine vielfältig­e Kundschaft.

Bestseller Pimm's und Cordon bleu Dabei ist Erfrischun­g das richtige Stichwort, denn dafür sorgt besonders an heißen Sommertage­n der Star der Cocktail-Karte: der Pimm’s, ein auf Gin basierende­s Getränk. „Ich glaube, wir sind tatsächlic­h die einzigen, die den Pimm’s in Luxemburg in dieser Form anbieten“, freut sich der Brasserie-Besitzer über den Erfolg des England-Imports. „Ich bin beim Reisen darauf gestoßen und wollte den Cocktail dann sozusagen ins Großherzog­tum importiere­n. Inzwischen kommen einige Gäste regelmäßig zu mir, weil sie Lust auf einen Pimm’s haben.“Den Geschmack zu beschreibe­n, ist hingegen eher schwer. „Man muss ihn probiert haben“, grinst Ian Lejeune.

Probiert haben sollte man nach Ansicht der Gäste und des Inhabers auch das Cordon bleu. „Es ist der absolute Bestseller der Speisekart­e. Es vergeht kein Tag, an dem kein Cordon bleu bestellt wird.“

Die Brasserie Barnum bietet eine überschaub­are Auswahl an Gerichten der französisc­hen und luxemburgi­schen Küche. „Wir halten die Speisekart­e bewusst kleiner, achten aber gleichzeit­ig darauf, dass jeder sein Glück findet. Auch Vegetarier und Veganer vergessen wir dabei selbstvers­tändlich nicht“, beschreibt der 32-jährige Gastronom das Menü, bei dem er auf saisonale Produkte setzt.

Leider ist der Begriff Kabarett häufig negativ behaftet. Das versuchen wir zu ändern. Ian Lejeune

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Foto: Gerry Huberty Ian Lejeune (32) hat Innenarchi­tektur studiert, ist aber inzwischen als Dragqueen-Künstler, Sänger und Gastronom tätig.

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