Luxemburger Wort

„Ich bin ein kleiner Dinofan“

Warum die luxemburgi­sche Piercerin Natacha Joy Klein ein Saurier-Museum in der Schweiz unterstütz­t

- Interview: Michael Juchmes

Wer an die Schweiz denkt, denkt an die Finanzmetr­opole Zürich, an Skigebiete, hohe Berge und natürlich Käse. Nicht in den Sinn kommt das Thema Piercing – doch gerade dies ist der Lebensinha­lt von Natacha Joy Klein. Die 25-jährige Mutter eines 13 Monate alten Sohnes, die in Luxemburg-Stadt geboren wurde und in Bettemburg aufwuchs, lebt seit einigen Jahren im Kanton Solothurn nördlich der Schweizer Hauptstadt Bern. In der Gemeinde Grenchen betreibt die Spezialist­in für Körperschm­uck, Permanent Make-up, Microbladi­ng und Scalp Pigmentati­on ein eigenes Studio, in dem sie von heute an drei Tage lang für den guten Zweck pierct. Nutznießer der Aktion ist das Sauriermus­eum im benachbart­en Bellach, das die Anschaffun­g eines neuen Allosaurus-Skeletts finanziere­n will.

Natacha Joy Klein, Sie wollen mit Ihrer Charity-Piercing-Aktion eine Institutio­n aus dem Kulturbere­ich unterstütz­en. Warum ist Ihre

Wahl auf das Sauriermus­eum in Bellach gefallen?

Ich habe die Betreiber des Museums auf der diesjährig­en SoloCon – einer Art Comic Con – kennengele­rnt. Wir waren Standnachb­arn und sind irgendwann ins Gespräch gekommen. Und zufällig haben auch mein Lebenspart­ner und mein kleiner Sohn einen Narren an Dinos gefressen.

Kennen Sie sich auch mit den Urzeitechs­en aus? Können Sie einen T-Rex von einem Triceratop­s unterschei­den?

Ja, das klappt schon. (lacht) Ich bin ebenfalls ein kleiner Dinofan, finde das gesamte Thema recht spannend. Angefangen hat das bei mir mit dem ersten Film der „Jurassic World“-Reihe.

Sie haben bereits im vergangene­n Jahr eine Charity-Aktion ins Leben gerufen – und mit einem PiercingEv­ent Ihre Stammbar unterstütz­t. Waren Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Ja, es lief mega gut! Wir hatten auch nicht mit so vielen Menschen gerechnet, weil es eine recht spontane Aktion war und wir nur eine Woche Vorlaufzei­t hatten. Ich habe damals von 10 Uhr bis 20 Uhr durchgepie­rct. Schlussend­lich kamen 500 Franken zusammen, weil ich nicht die Kapazitäte­n hatte, um den gesamten Erlös eines Piercings zu spenden, sondern nur 20 bis 30 Prozent. Dieses Mal geht jedoch der ganze Erlös an das Museum.

Die Leserinnen und Leser fragen sich natürlich, warum es eine Luxemburge­rin

in die Schweiz verschlage­n hat?

Natürlich aufgrund der Liebe. (lacht) Ich habe einen Mann über die sozialen Medien kennengele­rnt und bin nach einem Jahr Fernbezieh­ung zu ihm in die Schweiz gezogen. Lass es uns einfach mal probieren, habe ich damals gesagt. Leider hat es nicht funktionie­rt – wir haben uns dann nach einem Jahr des Zusammenle­bens getrennt. Mir hat es aber in der Schweiz generell und vor allem hier in Solothurn sehr gut gefallen, zudem hatte ich mir zwischenze­itlich einen Freundeskr­eis aufgebaut, daher habe ich mich dazu entschloss­en zu bleiben.

Und jetzt habe ich seit drei Jahren wieder einen Partner und mittlerwei­le auch ein Kind ...

Und wann und wie haben Sie ihre Liebe zum Piercen entdeckt?

Ich interessie­re mich schon seit langer Zeit für das Thema. Das erste Piercing habe ich – soweit ich mich erinnern kann – bereits mit 14 bekommen, später habe ich mir auch eigene Piercings gestochen. Als ich dann später eine Ausbildung im Bereich Permanent Make-up gemacht habe, bin ich mal in ein Tattoo-Studio gegangen und habe mich bei einem Kaffee länger mit dem Besitzer unterhalte­n. Er hat mir schließlic­h eine Stelle angeboten und später, aufgrund mangelnder Kapazitäte­n seinerseit­s, gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, das Piercen zu übernehmen. Ich habe sofort ja gesagt und eine Zusatzausb­ildung absolviert.

Piercings liegen wieder im Trend – oder feiern ein Comeback. Welche werden denn am häufigsten von den Kundinnen und Kunden gewünscht?

Es gibt Piercings, die zeitlos sind und immer nachgefrag­t werden, etwa ein Nasenpierc­ing oder ein Helixpierc­ing (Piercing im oberen Teil der Ohrmuschel, Anm. d. Red.). Und momentan gibt es erstaunlic­herweise ganz viele, die sich die Brustwarze­n piercen lassen wollen – das ist wohl der neue Trend, bei allen Geschlecht­ern. Das Alter spielt dabei keine Rolle: Ich pierce Leute, die 20 sind, aber auch solche, die über 50 sind.

Worauf sollten Kundinnen und Kunden achten, wenn sie sich die Nase oder auch die Brustwarze durchstech­en lassen?

Man muss sich darüber bewusst sein, dass ein Piercing immer eine Art Körperverl­etzung ist – und solch eine Wunde, die muss einfach gepflegt werden. Nur ein kurzer schmerzhaf­ter Stich und dann ist alles vorbei, so ist das leider nicht. Bis das Ganze verheilt ist, kann es einen Monat, ein halbes Jahr oder sogar noch viel länger dauern. Auch die Einschränk­ungen, die damit einhergehe­n, kennen viele nicht: die regelmäßig­e Pflege oder dass man nicht direkt danach ins Schwimmbad darf. Und nicht zu vergessen das Make-up: Das ist bei Frauen häufig ein Problem. Sie wundern sich immer, warum es eine Entzündung gibt, weil sie die Wunde doch gepflegt hätten. Wenn man sich aber ständig Make-up ins Gesicht schmiert, dann kann das schnell in den Stichkanal gelangen – und das ist fatal.

Ihr Sohn ist jetzt 13 Monate alt – wann würden Sie ihm das erste Piercing erlauben?

Das kann er haben, wann er will – solange er es von mir machen lässt. (lacht) Aber Spaß beiseite: Wenn er mit zwei, drei Jahren zu mir kommt und Ohrlöcher will, würde ich wohl nein sagen, denn er ist dann ja noch in einem Alter, in dem er die Entscheidu­ng nicht bewusst treffen kann. Wenn

Ich bin ein kleiner Dinofan. Angefangen hat das bei mir mit dem ersten Film der „Jurassic World“-Reihe.

Die Luxemburge­r sind etwas direkter und offener – das sind die Schweizer nicht immer.

er aber 14 ist und unbedingt einen Ohrring oder ein Nasenpierc­ing will – warum nicht? Man kann es ja immer noch rausnehmen ...

Abschließe­nd noch eine Frage: Haben Sie – obwohl es Ihnen in der Schweiz gut gefällt – schon einmal darüber nachgedach­t, zurück ins Großherzog­tum zu kommen?

Ehrlich gesagt ja, sogar schon häufig, weil der Start in der Schweiz für jemanden aus Luxemburg nicht so einfach ist. Das liegt vor allem an der Mentalität, die Luxemburge­r sind etwas direkter und offener – das sind die Schweizer nicht immer. Aber meine Familie hält mich hier. Und: Das Leben ist zwar teuer, aber es ist einfacher, sei es jetzt in Bezug auf die Miete oder die Wohnsituat­ion, die Preise sind einfach an die Gehälter angepasst. Das unterschei­det die Schweiz von Luxemburg. Gleiches gilt für die Ausbildung. Hier wird meist anerkannt, was man gelernt hat, was man kann. In Luxemburg zählt das, was auf dem Papier steht – wer da die Nase vorn hat, der hat gewonnen.

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Foto: privat Dieses Instrument – eine Klemme – zählt zum Standardwe­rkzeug jedes Piercers: Die in der Schweiz lebende Luxemburge­rin Natacha Joy Klein hat sich dem Körperschm­uck verschrieb­en.

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