Luxemburger Wort

Wo kleine Ukrainer einfach Kind sein können

145 Flüchtling­skinder können Ferien im Sommercamp Leudelinge­n genießen

- Von Franziska Jäger

Auf den ersten Blick scheint es wie ein ganz normales Ferienlage­r, in dem sich vergnügung­shungrige Kinder nach einem anstrengen­den Schuljahr austoben. Basketbäll­e fliegen in Körbe, Plastikfis­che werden aus einem Wasserbeck­en geangelt, ein Büchsentur­m wird zielsicher oder unsicher beschossen und schließlic­h der Eierlauf, bei dem keine richtigen Eier, sondern Federbälle auf einem Tennisschl­äger balanciert werden müssen, ohne herunterzu­fallen.

Aber hier, vor der Pfadfinder­hütte Schwengswe­ed in Leudelinge­n, ist in dem mit Kreide gemalten Raster auf dem Bürgerstei­g das Alphabet eingezeich­net – in kyrillisch­er Schrift. „Katia, dawai!“und schon hüpft ein Mädchen mit blondem Pferdeschw­anz über die Buchstaben. Sie muss alle Buchstaben eines Wortes, das ihr zugerufen wird, finden und in das entspreche­nde Feld springen. Das erste Wort ist noch einfach, „Kaba (Kawa)“. Das nächste ist länger: „Biblioteka“.

Die Eltern entlasten

42 ukrainisch­e Kinder sausen in dieser zweiten Augustwoch­e über das Areal am Waldrand, das in einen Abenteuers­pielplatz verwandelt wurde. Der Verein LUkraine asbl hat ein Sommercamp für Flüchtling­skinder in Leudelinge­n ins Leben gerufen. Rund 145 Kinder sind für das Tagescamp, das am 18. Juli startete und noch bis zum 26. August geht, eingeschri­eben. Jeden Tag, von 9.30 bis 17 Uhr, ist hier Programm und die Kinder werden mit zwei Snacks und einem warmen Mittagesse­n versorgt.

Im Zwei-Wochen-Rhythmus kommen neue Kinder ins Camp, etwa 45 sind es pro „Schicht“. „Viele Kinder wollen nach den zwei Wochen wiederkomm­en, weil sie hier so froh waren, aber wir müssen ja auch an die anderen Kindern denken“, sagt Elena Berkovitch. Sie leitet das Camp und lebt schon seit acht Jahren in Luxemburg. Die gelernte Managerin ist momentan auf Arbeitssuc­he, aber in diesen Sommerwoch­en kann sie sich bei der Asbl einbringen.

„Ich glaube, es gibt für die Kinder nichts Schöneres, als den Sommer zusammen mit Gleichaltr­igen zu verbringen“, sagt sie. „Anderersei­ts werden auch die Eltern entlastet“, ergänzt Berkovitch. „Die Mütter, die größtentei­ls allein mit ihren Kindern nach Luxemburg geflohen sind, haben tagsüber Zeit, auf Jobsuche zu gehen oder Sprachkurs­e zu besuchen,

„Die beliebtest­en Farben auf den Zeichnunge­n der Kinder sind blau und gelb“, stellt Campleiter­in Elena Berkovitch fest.

während wir ihre Kinder betreuen.“

Die fünfjährig­e Mia hat in den wenigen Monaten, die sie in Luxemburg lebt, schon ein gutes Englisch-Niveau. Um den Hals hängt eine Goldmedail­le, die jedes Kind bekommt, wenn das Stempelhef­t voll ist. Stolz, alle Spielstati­onen erfolgreic­h gemeistert zu haben, tanzt sie zu ukrainisch­er Musik, die aus dem Lautsprech­er dröhnt. „Ich finde es toll, hier mit anderen ukrainisch­en Kindern spielen zu können und Ukrainisch zu sprechen“, sagt sie. Ganz besonders aber schmecke ihr hier das Essen. Heute stehen Bulgur, Karotten und Rinderstre­ifen auf der Speisekart­e.

Die älteste Campteilne­hmerin heißt Lera und ist bei einer luxemburgi­schen Gastfamili­e in Ettelbrück untergekom­men. Die 13Jährige ist fast jeden Tag hier, gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester und ihrem Bruder. Heute ist das andere gleichaltr­ige Mädchen nicht im Camp, also muss sie sich unter die Jüngeren mischen. „Das ist nicht schlimm“, sagt sie, „es ist schön, Landsleute um mich zu haben.“

Im Keller hat die Französisc­hstunde begonnen. Auf einem Arbeitsbla­tt sind Aktivitäte­n aufgemalt, daneben steht die französisc­he Bedeutung. Jedes Kind kommt nacheinand­er in die Raummitte und stellt etwas pantomimis­ch dar, während die anderen erraten müssen, welche Aktivität ge

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Beim Sommercamp sind Spiel und Spaß angesagt. Bei bestandene­n Prüfungen gibt es Stempel in ein Heftchen.
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