„Die Waldruhe gehört abgeschafft“
Die Jägerföderation FSHCL will Wildschweinproblematik mit Forderungskatalog angehen
Luxemburg. „Die Wildschweine vermehren sich explosiv“, sagt die Natur- und Forstverwaltung (ANF). Um der Entwicklung Einhalt zu gebieten, rief das Umweltministerium eine „Groupe de pilotage Sanglier“ins Leben. Diese soll die Ursachen der Entwicklung untersuchen und Lösungsvorschläge ausarbeiten.
„Der Jagdverband begrüßt diese längst überfällige Initiative“, sagt Jo Studer, der Präsident der Fédération St-Hubert des Chasseurs du Grand-Duché de Luxembourg (FSHCL). „Wir fordern schon seit Jahren einen solchen Plan.“
Das Erste, was getan werden müsste, sei herauszufinden, wie viele Wildschweine es in Luxemburg überhaupt gibt. „Wir wollen, dass die Populationsgröße wissenschaftlich untersucht wird“, pflichtet Richard Frank, Generalsekretär der FSHCL, bei.
Aktuell wird diese nur anhand der Abschusszahlen geschätzt. „Wenn in einem Jahr in einem Jagdlos viele Wildschweine entnommen wurden, geht man davon aus, dass die Population in der Gegend hoch sein muss“, erklärt Jo Studer. Im folgenden Jahr seien die geschätzten Zahlen für das Gebiet höher. „Dabei müssten es eigentlich weniger sein.“
Oft wird den Jägern vorgeworfen, dass sie selbst Schuld an der Überpopulation seien. Sie würden an den Kirrungen zu viel Mais verfüttern, um die Wildschweine anzulocken und so vor die Flinte zu bekommen. Das führe dazu, dass die Wildsauen unnatürlich früh und häufig Frischlinge bekommen würden. Diesen Vorwurf lassen die Jäger nicht gelten.
Überangebot an Energiemais
Dass die Wildschweine sich stärker fortpflanzen als in der Vergangenheit, liege neben den vielen Maisfeldern auch am Klimawandel. In normalen Zeiten würden Buchen und Eichen nur alle vier bis fünf Jahre Früchte tragen. Durch die Erderwärmung habe sich dies geändert und die Mastjahre würden immer häufiger. „Da die Buchecker und Eicheln die größten Energielieferanten beim Wild sind, treiben sie die Geburtenrate in die Höhe“, so die Jäger.
Zudem gibt es, seit dem neuen Jagdgesetz aus dem Jahr 2011, ein Fütterungsverbot. Seither gelte nur noch ein Liter Mais pro Kirrplatz als Fütterungsobergrenze, denn ganz auf diese „Lockfütterung“könnten die Jäger nicht verzichten. „Angeln ohne Köder am Haken funktioniert ja auch nicht“, kommentiert Studer. „In der Regel müssen wir zehnmal ansetzen, um ein Stück Wild zu erlegen“, erklärt Marc Reiter, Vizepräsident des Jägerverbandes. Im Wald sei einfach zu viel los.
„Die Waldruhe gehört abgeschafft“Bei der Ansitzjagd wird der Wald nicht abgesperrt. „Im Wald darf jeder alles tun“, beschweren sich die Jäger. Das gelte jedoch nicht für die Jäger. In der Zeit vom 1. März bis zum 15. April ist es verboten, im Wald zu jagen. „Diese Waldruhe wird mit dem Schutz von nistenden Vögeln gerechtfertigt“, so Studer. Gleichzeitig gehe die Bevölkerung
während dieser Zeit im Wald ihren Hobbys nach und sogar die Armee dürfe während der Waldruhe Manöver abhalten. „Und auch scharf schießen“, sagen die Jäger. In ihren Augen sollte die Waldruhe abgeschafft werden.
Die FSHCL betont, dass „jeder vom Wald profitieren können soll“, so Jo Studer. Der Zivilisationsdruck, der auf dem Wald laste, könne ganz einfach behoben werden, indem lediglich Waldruhezonen eingerichtet werden. „Dann dürfen bestimmte Wälder nur von den Förstern und Jägern betreten werden“, erklärt Studer. Im Ausland sei dies geläufig. Und auch die Wildtiere würden davon profitieren. „Denn eigentlich sind die Wildschweine tagaktiv“, erklärt Studer. Wenn aber tagsüber zu viel los ist im Wald, verlegen sie ihre Aktivitäten in die Nacht.
Technische Hilfsmittel erwünscht Da die Jagd aber bei Dunkelheit verboten ist, erschwert dies die Arbeit der Jäger. „Die Wildschweinjagd sollte zwei Stunden vor Sonnenuntergang und auch zwei Stunden nach Sonnenuntergang erlaubt sein“, fordern sie. Ferner sind sie der Meinung, dass auch moderne Hilfsmittel zugelassen werden sollten, sie denken dabei an Wärmebildkameras oder Nachtsichtgeräte.
„Zur modernen Jagd gehören nun mal auch moderne Jagdhilfsmittel dazu.“
Da die Jagd auf die Wildschweine das ganze Jahr über erlaubt ist, bleibt die Möglichkeit, während der Waldruhe im offenen Gelände zur Jagd zu gehen. „Das ist aber genau die Zeit, während die die Landwirte ihre Felder bestellen“, betont Studer. Nach der Waldruhe seien die Feldfrüchte dann so hochgewachsen, dass die Jagd auf dem Feld fast unmöglich sei.
Schussschneisen in Maisfeldern
Auch hier haben die Jäger eine Lösung. „Wir versuchen, die Bauern aufzumuntern, Schussschneisen in den Maisäckern anzulegen und den Mais nicht bis an den Waldrand zu säen“, so Studer. Der Jäger würde so die Möglichkeit bekommen, das Schwarzwild zu erlegen, wenn es aus dem Wald in die Felder geht.
Allergisch reagieren die Jäger auf den Vorschlag, mithilfe von Fallen zu jagen. „Es gibt die Möglichkeit, ganze Wildschweinrotten in großen Fallen einzufangen“, erklärt Studer. Wenn die Tiere bis in die Falle gegangen sind, müssten sie abgeschossen werden. „Wenn das erste Tier geschossen wird, geraten die anderen in Panik“, so Studer. Das beschere den Tieren enormen Stress.
Die FSHCL hofft nun, dass einige ihrer Vorschläge auch umgesetzt werden. Das erste Treffen der „Groupe de pilotage sanglier“habe gezeigt, dass sich alle anwesenden Gruppierungen der Probleme bewusst seien und sich bereit erklärten, konstruktiv zusammenzuarbeiten.
Sobald das Tier geschossen wurde, gilt es als Lebensmittel. Jo Studer