Luxemburger Wort

„Wollen keine Circulaire Bettel“

Neue Anweisunge­n in Bezug auf Pressefrag­en stellt ALJP nicht zufrieden

- Von Michèle Gantenbein

Seit 2012 ist die Zahl der Presseatta­chés in den Ministerie­n um 53,5 Posten gestiegen. Das geht aus der Antwort von Medienmini­ster Xavier Bettel (DP) an die CSV-Abgeordnet­e Diane Adehm hervor. Mit jeweils vier zusätzlich­en Pressebeau­ftragten in zehn Jahren stehen das Ministeriu­m für innere Sicherheit und das Umweltmini­sterium an erster Stelle. Hinzu kommen drei zusätzlich­e Presseatta­chés in drei an das Umweltmini­sterium angegliede­rten Verwaltung­en: die Umweltverw­altung, die Natur- und Forstverwa­ltung und das Wasserwirt­schaftsamt. Macht zusammen sieben Presserefe­renten.

Medienmini­ster Bettel begründet die gestiegene Zahl an Presseatta­chés mit der veränderte­n Presseland­schaft. Weitere Gründe seien Ministeriu­msumbildun­gen mit der Abschaffun­g alter und der Gründung neuer Ressorts. Auch gebe es Presserefe­renten, die einen Teil ihrer Arbeitszei­t mit anderen Aufgaben innerhalb ihrer Organisati­on verbringen. Manche arbeiteten Vollzeit, andere nur Teilzeit als Presserefe­rent, wieder andere würden die Aufgabe lediglich als Vertretung ausführen. Er warnt davor, voreilige Schlüsse aus der gestiegene­n Zahl an Presserefe­renten zu ziehen.

Auf eine weitere parlamenta­rische Anfrage des ADR-Abgeordnet­en Roy Reding antwortet Umweltmini­sterin Joëlle Welfring (Déi Gréng), es sei falsch, aus den Zahlen zu schlussfol­gern, „dass in meinem Ministeriu­m überpropor­tional viele Mitarbeite­r im Bereich Kommunikat­ion eingestell­t wurden“. 2012 habe es noch gar keinen Pressebeau­ftragten gegeben. Sie betont, dass die Kommunikat­ionsaufgab­en immer komplexer und vielfältig­er würden und es wichtig sei, adäquat zu kommunizie­ren. Das Interesse an Umweltund Klimatheme­n sei groß und es gebe viel Kommunikat­ionsbedarf. Das erkenne man an den vielen parlamenta­rischen Fragen, die im Umweltmini­sterium eingehen.

Die neue Circulaire Bettel

Hintergrun­d der CSV-Frage an den Medienmini­ster ist die neue „Circulaire Bettel“vom 27. Juni mit Anweisunge­n an die Ministerie­n, Verwaltung­en und staatliche­n Dienststel­len in Bezug auf den Umgang mit Presseanfr­agen. Die Circulaire ersetzt die von 2016 und soll den Informatio­nszugang für Journalist­en noch ein Stück weit verbessern.

Laut der neuen „Circulaire Bettel“sind die staatliche­n Instanzen verpflicht­et, Presseanfr­agen innerhalb von 24 Stunden zu beantworte­n beziehungs­weise innerhalb von 24 Stunden eine Rückmeldun­g zu geben, dass die Fragen angekommen sind, bearbeitet werden und wie lange sie dafür brauchen. Außerdem müssen sie eine rechtliche Begründung geben, wenn die beantragte­n Informatio­nen nicht geliefert werden.

Über ein Formular können Journalist­en ihre positiven und negativen Erfahrunge­n mit der neuen Circulaire weiterleit­en. Ziel ist es, nach einigen Monaten Bilanz zu ziehen. Hier der Link zum Formular.

„Wollen ein Informatio­nszugangsg­esetz“Die neue Circulaire Bettel gehe zwar in die richtige Richtung, sagte der Vorsitzend­e des Journalist­enverbands ALJP, Roger Infalt, auf Nachfrage des „Luxemburge­r Wort“. „Aber sie ersetzt nicht das Recht auf Informatio­n“. Die Medienvert­reter fordern seit vielen Jahren ein Informatio­nszugangsg­esetz. Luxemburg ist eines der wenigen Länder in der EU, das kein solches Gesetz hat. Dabei hatte der Presserat, wie Infalt erklärt, auf Vorschlag des früheren Vorsitzend­en der parlamenta­rischen Medienkomm­ission, Guy Arendt (DP), einen Gesetzesvo­rschlag ausgearbei­tet. „Wir haben ihn im August 2016 an Premier und Medienmini­ster Xavier Bettel überreicht und ihn an alle Abgeordnet­en verschickt.“Passiert ist damit nichts.

„Wir wollen den Informatio­nszugang nicht über eine Circulaire, sondern über ein Gesetz geregelt haben“, fährt Infalt fort. „Es wäre ein Leichtes, den Text in das aktuelle Pressegese­tz einzufügen.“

Doch das will die Regierung, allen voran Medienmini­ster Xavier Bettel, nicht.

Die Regierung habe nicht vor, einen Gesetzeste­xt auf den Instanzenw­eg zu bringen, schreibt Bettel in seiner Antwort auf die parlamenta­rische Frage. Sie werde, wie versproche­n, eine Auswertung der Circulaire Bettel und des Gesetzes über eine transparen­te und offene Verwaltung, das 2019 in Kraft getreten ist, vornehmen, bevor sie über mögliche gesetzlich­e Gesetzesän­derungen nachdenke. Laut dem Regierungs­programm soll diese Evaluierun­g zwei Jahre nach Inkrafttre­ten des Gesetzes stattfinde­n. Mittlerwei­le sind mehr als dreieinhal­b Jahre seit Inkrafttre­ten des Gesetzes vergangen.

Wir wollen den Informatio­nszugang nicht über eine Circulaire, sondern über ein Gesetz geregelt haben. Roger Infalt, Präsident der ALJP

 ?? Foto: Anouk Antony ?? Seit Jahren kämpfen die Medienvert­reter um ein Recht auf Informatio­n, doch die Regierung sträubt sich dagegen.
Foto: Anouk Antony Seit Jahren kämpfen die Medienvert­reter um ein Recht auf Informatio­n, doch die Regierung sträubt sich dagegen.

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