„Wollen keine Circulaire Bettel“
Neue Anweisungen in Bezug auf Pressefragen stellt ALJP nicht zufrieden
Seit 2012 ist die Zahl der Presseattachés in den Ministerien um 53,5 Posten gestiegen. Das geht aus der Antwort von Medienminister Xavier Bettel (DP) an die CSV-Abgeordnete Diane Adehm hervor. Mit jeweils vier zusätzlichen Pressebeauftragten in zehn Jahren stehen das Ministerium für innere Sicherheit und das Umweltministerium an erster Stelle. Hinzu kommen drei zusätzliche Presseattachés in drei an das Umweltministerium angegliederten Verwaltungen: die Umweltverwaltung, die Natur- und Forstverwaltung und das Wasserwirtschaftsamt. Macht zusammen sieben Pressereferenten.
Medienminister Bettel begründet die gestiegene Zahl an Presseattachés mit der veränderten Presselandschaft. Weitere Gründe seien Ministeriumsumbildungen mit der Abschaffung alter und der Gründung neuer Ressorts. Auch gebe es Pressereferenten, die einen Teil ihrer Arbeitszeit mit anderen Aufgaben innerhalb ihrer Organisation verbringen. Manche arbeiteten Vollzeit, andere nur Teilzeit als Pressereferent, wieder andere würden die Aufgabe lediglich als Vertretung ausführen. Er warnt davor, voreilige Schlüsse aus der gestiegenen Zahl an Pressereferenten zu ziehen.
Auf eine weitere parlamentarische Anfrage des ADR-Abgeordneten Roy Reding antwortet Umweltministerin Joëlle Welfring (Déi Gréng), es sei falsch, aus den Zahlen zu schlussfolgern, „dass in meinem Ministerium überproportional viele Mitarbeiter im Bereich Kommunikation eingestellt wurden“. 2012 habe es noch gar keinen Pressebeauftragten gegeben. Sie betont, dass die Kommunikationsaufgaben immer komplexer und vielfältiger würden und es wichtig sei, adäquat zu kommunizieren. Das Interesse an Umweltund Klimathemen sei groß und es gebe viel Kommunikationsbedarf. Das erkenne man an den vielen parlamentarischen Fragen, die im Umweltministerium eingehen.
Die neue Circulaire Bettel
Hintergrund der CSV-Frage an den Medienminister ist die neue „Circulaire Bettel“vom 27. Juni mit Anweisungen an die Ministerien, Verwaltungen und staatlichen Dienststellen in Bezug auf den Umgang mit Presseanfragen. Die Circulaire ersetzt die von 2016 und soll den Informationszugang für Journalisten noch ein Stück weit verbessern.
Laut der neuen „Circulaire Bettel“sind die staatlichen Instanzen verpflichtet, Presseanfragen innerhalb von 24 Stunden zu beantworten beziehungsweise innerhalb von 24 Stunden eine Rückmeldung zu geben, dass die Fragen angekommen sind, bearbeitet werden und wie lange sie dafür brauchen. Außerdem müssen sie eine rechtliche Begründung geben, wenn die beantragten Informationen nicht geliefert werden.
Über ein Formular können Journalisten ihre positiven und negativen Erfahrungen mit der neuen Circulaire weiterleiten. Ziel ist es, nach einigen Monaten Bilanz zu ziehen. Hier der Link zum Formular.
„Wollen ein Informationszugangsgesetz“Die neue Circulaire Bettel gehe zwar in die richtige Richtung, sagte der Vorsitzende des Journalistenverbands ALJP, Roger Infalt, auf Nachfrage des „Luxemburger Wort“. „Aber sie ersetzt nicht das Recht auf Information“. Die Medienvertreter fordern seit vielen Jahren ein Informationszugangsgesetz. Luxemburg ist eines der wenigen Länder in der EU, das kein solches Gesetz hat. Dabei hatte der Presserat, wie Infalt erklärt, auf Vorschlag des früheren Vorsitzenden der parlamentarischen Medienkommission, Guy Arendt (DP), einen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet. „Wir haben ihn im August 2016 an Premier und Medienminister Xavier Bettel überreicht und ihn an alle Abgeordneten verschickt.“Passiert ist damit nichts.
„Wir wollen den Informationszugang nicht über eine Circulaire, sondern über ein Gesetz geregelt haben“, fährt Infalt fort. „Es wäre ein Leichtes, den Text in das aktuelle Pressegesetz einzufügen.“
Doch das will die Regierung, allen voran Medienminister Xavier Bettel, nicht.
Die Regierung habe nicht vor, einen Gesetzestext auf den Instanzenweg zu bringen, schreibt Bettel in seiner Antwort auf die parlamentarische Frage. Sie werde, wie versprochen, eine Auswertung der Circulaire Bettel und des Gesetzes über eine transparente und offene Verwaltung, das 2019 in Kraft getreten ist, vornehmen, bevor sie über mögliche gesetzliche Gesetzesänderungen nachdenke. Laut dem Regierungsprogramm soll diese Evaluierung zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes stattfinden. Mittlerweile sind mehr als dreieinhalb Jahre seit Inkrafttreten des Gesetzes vergangen.
Wir wollen den Informationszugang nicht über eine Circulaire, sondern über ein Gesetz geregelt haben. Roger Infalt, Präsident der ALJP