Trumps Anwälte sollen gelogen haben
Der Fund streng geheimer Dokumente in seinem Anwesen in Mar-a-Lago bringt den Ex-US-Präsidenten in Erklärungsnot
Der Hausherr gab sich jovial, als er am 3. Juni den Leiter der für Spionageabwehr und nationale Sicherheit zuständigen Abteilung im Justizministerium, Jay Bratt, kurz begrüßte. Er gehe davon aus, dass seine Anwälte voll mit Bratt und dessen Team kooperierten, umschmeichelte Donald Trump die Besucher. Kurz darauf inspizierten diese Kartons mit Dokumenten, die zwischen Golfkleidung, Strandpritschen und anderem Krempel lagerten. Ungesichert, direkt unter einem Bereich in Mar-a-Lago, der für Mitglieder des Privatclubs und deren Gäste offen zugänglich war.
Wie die „New York Times“exklusiv unter Berufung auf Zeugen berichtet, nahm Bratt eine Reihe von als „geheim“eingestuften Dokumente an sich. Dann ließ er sich von einem Mitglied des Anwaltsteams des Ex-Präsidenten schriftlich versichern, dass es keine weiteren geschützten Unterlagen mehr in dem Wohnsitz Trumps gebe. Wie die veröffentlichte Inventarliste der FBI-Razzia von vor einer Woche nun belegt, entspricht das nicht der Wahrheit.
Die Beamten stellten unter anderem vier Sätze an Unterlagen sicher, die in die Kategorie „Top Secret“fallen. Darunter solche, die so vertraulich sind, dass sie nur in Spezialräumen eingesehen werden dürfen. Diese Dokumente sind unter allen Umständen von einer
Freigabe ausgeschlossen, weil sie laut Definition „eine außerordentlich gravierende Gefahr“für die nationale Sicherheit darstellen.
Diese Beschreibung träfe auf Atomwaffen-Geheimnisse zu, die Trump laut einer explosiven Enthüllung der „Washington Post“in
Mar-a-Lago aufbewahrt haben soll. Warum er diese Unterlagen nicht herausrücken wollte, bleibt Gegenstand von Spekulationen.
Die Liste der bei der ganztägigen Razzia entnommenen Gegenstände in den 20 abtransportierten Kisten enthält jeweils drei weitere
Sätze an Akten mit dem Vermerk „geheim“beziehungsweise „vertraulich“. Außerdem entfernte das FBI ein als „Präsident von Frankreich“gekennzeichnetes Dokument, eine Kopie der Begnadigung von Trumps politischem Weggefährten Roger Stone, Fotos und handgeschriebene Notizen.
Trump drohen mehrere Jahre Gefängnis
Laut richterlicher Anweisung ermittelt das Justizministerium zu drei Straftatbeständen, die mit Verstößen gegen das Spionage-Gesetz, Behinderung der Justiz und Zerstörung von Dokumenten zu tun haben. Falls es zu einer Anklage und Verurteilung kommt, drohen Trump dafür mehrere Jahre Gefängnis.
Trump verteidigt sich mit der Behauptung, er habe das Recht gehabt, alle Dokumente freizugeben. Laut Auskunft von Experten trifft dies nicht auf Atomgeheimnisse zu, die durch den „Atomic Energy Act“besonders geschützt sind. Auch für die von Trump behauptete Freigabe durch ihn gibt es keinen Beleg. Diese hätte er formal den zuständigen Stellen in der Regierung mitteilen müssen.