Luxemburger Wort

Niederland­e sollen Gasförderu­ng hochfahren

USA und Deutschlan­d üben Druck aus: Viele europäisch­e Länder könnten mit Gas aus Groningen versorgt werden

- Von Helmut Hetzel (Den Haag)

Europa braucht Gas. Die Niederland­e haben es, wollen den Energieträ­ger aber nicht mehr im großen Stil fördern. Zumindest jetzt noch nicht. Der Grund: Durch die Gasförderu­ng in der nördlichen Provinz Groningen ereigneten sich in den letzten Jahren immer häufiger kleinere und mittelgroß­e Erdbeben. Sie haben Tausende von Häusern beschädigt. Für manche besteht Einsturzge­fahr.

Folge: So mancher Kirchturm in Groningen ist schon so schief wie der berühmte Turm von Pisa. In den Mauern vieler Häuser sind Risse, in die man zwei, drei Finger stecken kann. Schulen drohen geschlosse­n zu werden: Vorsicht Einsturzge­fahr. Viele Türen in der Provinz sind schief, viele Fenster lassen sich nicht mehr öffnen. Häuser werden unverkäufl­ich, weil niemand mehr in der Provinz Groningen wohnen will.

Kurz: Die rund 800 000 Einwohner der direkt an Deutschlan­d grenzenden Provinz im hohen Norden der Niederland­e leiden. Sie leiden unter den ständigen Erdbeben. Sie leiden unter den Schäden, die sie anrichten. Deshalb wollte die Haager Regierung die Erdgasförd­erung in Groningen im kommenden Jahr eigentlich beenden. Doch der von Russland am 24. Februar gegen die Ukraine begonnene Angriffskr­ieg mit dem Ziel, die Ukraine zu vernichten und sie Russland anzugliede­rn, hat alles verändert.

Putin hat den Niederland­en beispielsw­eise den Gashahn schon völlig abgedreht. Deutschlan­d bekommt von Russland über die Nordstream-Eins-Pipeline nur noch 20 Prozent der vereinbart­en Gasmenge.

Hinter den Kulissen wächst daher der Druck auf die Niederland­e, die Gasförderu­ng in Groningen wieder hochzufahr­en. Denn dort unter der Erde in Groningen liegt noch immer eines der größten Gasfelder Europas. Dort schlummern noch etwa 500 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Das riesige Erdgasfeld in Groningen, das sich bis in die Nordsee erstreckt, wurde 1959 entdeckt. Es ist 900 Quadratkil­ometer groß. Es hatte bei seiner Entdeckung Erdgasvorr­äte von schätzungs­weise 2 800 Milliarden Kubikmeter Gas.

Sinnvoll, aber gefährlich

Viele europäisch­e Länder, die Niederland­e selbst und insbesonde­re das Nachbarlan­d Deutschlan­d, könnten mit Gas aus Groningen versorgt werden, wenn die Haager Regierung sich zu der Entscheidu­ng durchringe­n könnte, die Gasförderu­ng in Groningen wieder hochzufahr­en.

Die USA waren die ersten, die in Den Haag bei Ministerpr­äsident Mark Rutte vorstellig wurden mit der Ansage: Mehr Erdgas fördern bitte. Schon am 19. Januar, also rund einen Monat bevor Russland die Ukraine angegriffe­n hat, schickte die US-Botschaft in Den Haag Rutte und dem Haager Kabinett eine E-Mail mit der Bitte, die Erdgasförd­erung in Groningen wieder zu erhöhen.

Außerdem wollte Washington von Den Haag wissen: Wieviel Gas wollt ihr in diesem Jahr fördern? Der Antwort war wahrschein­lich: Etwa 3,5 Milliarden Kubikmeter. So stand es zumindest in der „Energienot­a“des Haager Kabinetts für 2022. Nun will die Haager Regierung dieser Fördermeng­e auf etwa 7,4 Milliarden Kubikmeter für dieses Jahr erhöhen.

Denn damals, im Januar dieses Jahres, gaben sich nicht nur die Niederländ­er, sondern auch viele andere Europäer noch der Illusion hin, Putin werde die Ukraine nicht angreifen. Das war ein Trugschlus­s, wie wir nun wissen. Aber nicht nur die USA, sondern auch Deutschlan­d und die niederländ­ische Industrie üben inzwischen mächtig Druck auf Den Haag aus, die Erdgasförd­erung in Groningen nicht einzustell­en, sondern sie wieder voll anlaufen zu lassen. Das wäre sinnvoll, meinen viele Energieexp­erten.

„Wir denken darüber nach“

Es ist aber für die in Groningen lebenden Menschen auch gefährlich. Sie müssten dann in Zukunft wieder mit Erdbeben rechnen und in Angst leben. „Ich kann gut verstehen, dass sie USA möchten, dass die Niederland­e wieder mehr Gas fördert. Das würde die jetzige akute Energie- und Gaskrise entspannen“, stellt Lucia van Geuns, Energieexp­ertin beim Haager Institut für strategisc­he Studien, in der Wirtschaft­szeitung „Het Financieel­e Dagblad“fest. „Die USA haben sich sicher auch bei anderen europäisch­en Staaten erkundigt und gefragt, wie viele Gas- und Energievor­räte sie noch haben.“

Außerdem drängten die USA bei den europäisch­en Staaten darauf, mehr Flüssiggas-Terminals anzulegen, damit das Flüssiggas LNG (Liquid Natural Gas) beispielsw­eise von den USA per Schiff nach Europa transporti­ert, an diesen Terminals entladen und verteilt werden kann. Deutschlan­d beispielsw­eise hatte und bis zum Ausbruch des Ukraine-Krieges kein einziges funktionie­rendes LNGTermina­l, weil die Berliner Regierunge­n voll und ganz auf Nordstream I und II gesetzt haben. Im Rotterdame­r Hafen gibt es diese LNG-Terminals bereits.

Wichtig zu wissen: Bevor die Niederland­e wegen der Erdbebenge­fahr die Erdgasförd­erung in Groningen zu drosseln begannen, wurde zehn Prozent des gesamten Gasbedarfs in Europa mit niederländ­ischem Gas aus Groningen abgedeckt. Die Haager Regierung muss daher ernsthaft darüber nachdenken, ob sie in dieser Notsituati­on nicht doch die Entscheidu­ng treffen sollte, in Groningen wieder im großen Stil Gas zu fördern. „Wir denken darüber nach“, verlautet aus dem Haager Wirtschaft­sministeri­um. „Es ist die letzte Option, die wir haben.“

Es ist die letzte Option, die wir haben. Haager Wirtschaft­sministeri­um

30,52 24,00 105,80 0,51* 3,00*

72,50 17,60 38,94 57,50* 280,00*

7,49 13,80 16,40 22,00*

1 497,8 2 755,1 775,96 2 137,3 101,44 84,63 104,64 118,32 97,03 30,76 24,44 108,20 0,50* 2,80*

73,00 17,40 39,46 52,50* 280,00*

7,53 13,80 16,40 22,60*

1 509,6 2 776,8 785,59 2 122,7 + 2,00 + 7,14

+ 1,15

+ 9,52 0

0 0 + 0,69

Electrocom­p.

London St. Exchange AstraZenec­a

Admiral Group

Int. Cons. Air.

GSK PLC

Rio Tinto

Anglo American Mondi PLC Haleon Plc

Angaben in Pence

3i Group

Admiral Group

Anglo American Antofagast­a

Ashtead Group

Ass. Brit. Foods AstraZenec­a

Aviva PLC

BAE Systems Barclays

Barratt Develop. BPPLC

Brit. Am. Tobacco British Land Co. BT Group

Bunzl

Burberry Group Coca-Cola HBC

CRH

DCC

Dechra Pharmac. Diageo

DS Smith Electrocom­p.

Entain PLC

Experian Group Fresnillo PLC Glencore

GSK PLC

Halma

Hargreaves Lans. Hikma Pharmac. Howden Joinery Gr. HSBC Hold.

Imperial Brands

Int. Cons. Air. Intertek Group

ITV

Kingfisher

Legal & General Lloyds Bank.Gr. London St. Exchange Meggitt

Mondi PLC

NatWest Group

Next

Ocado Group Pearson

Persimmon Prudential

Reckitt Benckiser Relx

Rentokil Initial

Rio Tinto

Rolls-Royce Group Sainsbury PLC Schroders

Segro PLC

Severn Trent

Smith & Nephew Smiths Group Smurfit Kappa

SSE

St James Place

St. Chartered

Taylor Wimpey

Un. Utilities Gr. Unilever plc. Whitbread

WPP 1 143,00 8 440,00 10 962,00 2 310,00 120,58

1406,00 4 735,50 2901,00 1674,00 266,70 + 55,00 + 256,00 + 250,00 + 52,00 +2,48

–44,00 – 108,50 –62,00 –31,00 –4,90 + 5,06 + 3,13 + 2,33 + 2,30 +2,10

–3,03 – 2,24 –2,09 –1,82 –1,80

Kurs +/–% 52-Wochen 15.08. V.tag Hoch Tief 0,27 1252 1507 1 042 1,18 2310 3706 1 692 1,68 2901 4293 2350 1,19 1 131 1800 971,20

- 4620 6572 3 269 0,14 1658 2181 1 510 0,76 10 962 11 288 8 029 1,34 467,70 606,58 382,30 0,15 781,80 847,20 517,40 0,02 171,56 219,60 140,06 0,11 486,90 0 765,00 441,70 0,06 425,50 456,00 286,10 0,54 3361 + 1,11 3645 2 508 0,12 480,00 +0,36 563,80 440,20 0,05 157,60 201,40 134,85 0,41 3150 3180 2 363 0,35 1805 2082 1 474 0,71 2043 2727 1404 0,91 3260 4023 2 737 1,20 5 324 6 520 4 881 0,12 3630 5525 3 066 0,29 3866 4110 3 283 0,05 292,20 465,70 263,70 0,12 1143 1276 790,00 0,18 1420 2 500 994,60 0,36 2939 3689 2 242 0,34 738,40 997,60 610,60 0,13 464,50 548,30 302,55 0,14 1406 1837 1 371 0,12 2298 3270 1856 0,12 983,00 1603 759,00 0,36 1 555 2625 1460 0,15 666,80 985,40 572,00 0,18 547,00 567,20 358,45 0,21 1885 1918 1435

- 120,58 193,70 102,14 0,72 4235 5 824 4 085 0,03 71,40 127,00 62,06 0,09 250,60 375,20 231,90 0,13 284,30 309,90 225,60 0,01 45,87 55,96 38,10 0,70 8440 8546 6230 0,06 794,00 845,40 721,80 0,45 1 674 2068 1 234 0,08 260,70 262,50 182,85 1,27 6406 8 482 5586

- 944,80 2105 691,60 0,07 880,40 901,00 571,00 1,10 1856 2974 1 718 0,09 990,80 1566 881,00 0,73 6 550 6 824 5 367 0,16 2393 2474 2 056 0,02 541,20 662,00 441,20 2,22 4 736 6343 4357

- 85,75 150,48 77,89 0,10 221,30 342,00 200,90 0,37 2 992 3913 2 578 0,08 1083 1508 946,80 0,61 2979 3228 2 561 0,23 1 065 1441 1 002 0,12 1568 1642 1 323 0,96 3180 4334 2 623 0,60 1807 1936 1 510 0,40 1258 1743 1 054 0,04 597,60 641,00 406,20 0,04 124,35 185,00 110,30 0,29 1127 1186 961,80 0,36 3933 4169 3 268 0,35 2687 3465 2 382 0,19 824,60 1232 753,60 + 2,30 + 0,90 + 2,33 + 0,49 +1,03 + 0,50 +1,04 + 0,73 + 0,30

+ 1,74 + 0,85

+5,06 + 0,46

+ 0,69 +1,01

+ 0,37 + 1,44

+ 0,27

+ 2,10 + 0,12

+ 0,68 +0,57

+ 0,46 + 3,13 + 0,25

+0,03 + 1,77

+ 0,46

+ 0,65 + 0,63 + 1,12

+ 0,87 + 0,55

+ 0,65 + 0,20 + 1,00

+ 0,67

+1,03 + 0,32

+ 0,61 +0,54 + 0,69 + 0,41 +1,58

Givaudan NA Sika N

Nestlé NA Roche Hold. GS Geberit NA

Zurich Insur. Grp Credit Suisse NA Swiss Life NA Logitech NA

UBS Group N

Angaben in CHF

ABB NA

Adecco Group NA 0,82 2,50 3435,00 247,60 115,64 317,90 508,60

432,50 5,42 522,40 54,96 16,03 +67,00 + 4,20 +1,06 +2,90 + 3,00

– 8,20 – 0,06 – 4,80 –0,32 –0,06 +1,99 + 1,73 +0,93 +0,92 + 0,59

– 1,86 – 1,13 – 0,91 –0,58 – 0,34

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Foto: Shuttersto­ck Gasfeld in Groningen. Die EU will sich von Gaslieferu­ngen aus Russland befreien.

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