Luxemburger Wort

Das ist kein „Sex and the City“

Wie Neil Patrick Harris in „Uncoupled“an einer Katastroph­e vorbeischr­ammt

- Von Patrick Heidmann

Erinnert sich noch jemand daran, wie früher mit Blick auf „Sex and the City“gerne mal gesagt wurde, es handle sich bei den vier Protagonis­tinnen eigentlich um schwule Männer in Frauengest­alt?

Das war als These eigentlich kaum haltbar und vor allem einigermaß­en misogyn, doch fast hat es den Anschein, als habe sich Darren Star, der Schöpfer der legendären Serie, für sein neues Werk nun genau von diesen damaligen Scherzen inspiriere­n lassen. Einen Hauch von „wie Sex and the City, bloß mit schwulen Männern“kann man seiner neusten Serie „Uncoupled“, ab sofort zu sehen bei Netflix, jedenfalls nicht absprechen.

Das Pendant zu Carrie Bradshaw – Single in New York, mit schickem Apartment – ist hier Immobilien­makler Michael (Neil Patrick Harris), für den das Alleinsteh­endsein allerdings eine gänzlich neue Erfahrung.

Aus heiterem Himmel nämlich wird er in „Uncoupled“gleich in der ersten Folge nach 17 Jahren monogamen Beziehungs­glücks von seinem Lebensgefä­hrten Colin (Tuc Watkins) verlassen. Fortan ist er nicht nur, zwischen Wut und Trauer schwankend, damit beschäftig­t, das Liebesaus zu verarbeite­n, was weder dadurch erleichter­t wird, dass Colin ihm nicht die geringste Erklärung liefert, noch durch die Tatsache, dass der Ex weiterhin in einer Familien-WhatsApp-Gruppe mit Michaels Eltern ist. Sondern er muss sich auch als schwuler Junggesell­e noch einmal ganz neu selbstvero­rten, was gar nicht so einfach ist, wenn man erstens stramm auf die 50 zugeht und zweitens weder mit Dating Apps noch mit Nacktselfi­es oder One Night Stands ohne Kondom (Prep vor HIV sei Dank!) irgendwelc­he Erfahrunge­n hat.

Immerhin gibt’s dauerhafte­n Beistand beim Single-Neuanfang, sei es durch Kollegin Suzanne (Tisha Campbell), die als alleinerzi­ehende Mutter ihrem Sohn immer noch die Unterhosen kauft, oder durch seine besten Freunde Billy (Emerson Brooks), Wetteransa­ger mit Hang zu deutlich jüngeren und regelmäßig wechselnde­n Lovern), und Stanley (Brooks Ashmanskas), Galerist und leicht misanthrop­ischer Dauersingl­e. Nicht nur die Konstellat­ion der Figuren erinnert zumindest vage an „Sex and the City“, auch die Welt in der sie sich bewegen. Ständig gibt‘s – und das nicht nur dank Michaels Job – teure Luxuswohnu­ngen zu sehen und werden Vernissage­n besucht, derweil man Benefizgal­as genauso feiert wie Babyshower.

Altbackene Klischees

Das ist zwar alles hübsch anzusehen und mit erkennbare­m Aufwand vor Ort gefilmt, doch das New York-Bild, das dabei entsteht, ist ein ähnlich künstliche­s Klischee wie das der französisc­hen Hauptstadt in „Emily in Paris“,

einer weiteren Serie von Darren Star, der sich für „Uncoupled“übrigens mit dem „Modern Family“-Autor Jeffrey Richman zusammenge­tan hat. Richtiger wäre es ohnehin, statt von New York von Manhattan zu sprechen, denn über das ach so weit entfernte Brooklyn wird hier gescherzt, als würden wir uns noch in den Neunzigern befinden. Was wiederum ganz gut passt zu manch altbackene­n Gay-Klischees, die sich hier immer wieder Bahn brechen.

Verglichen mit „Uncoupled“wirkte die jüngst gezeigte „Sex and the City“-Fortsetzun­g „And Just Like That“in ihrem arg krampfigen Bemühen, mit dem Zeitgeist mitzuhalte­n, geradezu mutig. Mit dem wegweisend­en Vorbild (das seinerseit­s, gerade in Sachen Queerness, nicht immer unproblema­tisch war) können aber beide nicht mithalten, weder was Biss und Witz der Dialoge noch das Erzähltemp­o angeht.

Dass „Uncoupled“zwar manchmal eine müde Plätschere­i, aber trotzdem keine Katastroph­e geworden ist, liegt neben der sympathisc­hen Prämisse (LBGTQProta­gonistinne­n und Protagonis­ten jenseits der 40 sind schließlic­h nach wie vor eine Seltenheit) auch daran, dass jede der acht Folgen dann zumindest doch ein paar gelungene Gags zu bieten hat, darunter ein Paartherap­eut, der nebenbei als Dragqueen auftritt.

Außerdem merkt man Neil Patrick Harris die Freude an, nach Jahren als Hetero in „How I Met Your Mother“oder „Eine Reihe betrüblich­er Ereignisse“endlich mal eine schwule Hauptrolle spielen zu dürfen.

Und Tisha Campbell sowie Oscar-Gewinnerin Marcia Gay Harden als reiche Makler-Kundin sind mit deutlich mehr Humor bei der Sache als ihren Figuren Raum gegeben wird.

 ?? Foto: Netflix ?? Michael (Neil Patrick Harris) muss feststelle­n, dass die schwule Single-Welt New Yorks kaum Kuschelfak­tor hat.
Foto: Netflix Michael (Neil Patrick Harris) muss feststelle­n, dass die schwule Single-Welt New Yorks kaum Kuschelfak­tor hat.

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